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Energiekrise

Sinkende Gaspreise: Preisüberwacher sieht Handlungsbedarf

Am Markt kostet das Erdgas noch einen Bruchteil der Summen, zu dem es im Sommer gehandelt wurde. Haushalte profitieren davon aber oft verzögert – wenn überhaupt. 

Sparen lohnt sich immer noch – auch wenn die Preise an den Märkten sinken.
Bild: Imago / Christian Ohde

Vor rund einer Woche steuerte ein etwa 300 Meter langes Schiff den Hafen von Brunsbüttel an und verschaffte damit Deutschland noch mehr Luft für zukünftige Energiekrisen. Die «Höegh Gannet» ist kein gewöhnliches Schiff: Es ist ein eigentlicher Energie-Hub. Dank ihm ist Brunsbüttel jetzt mit Katar und den USA verbunden: Tanker können andocken und verflüssigtes Erdgas abladen. Ein weiterer Schritt aus der Abhängigkeit von russischen Erdgasfeldern und Pipelines durch die Ostsee.

Es ist ein atemberaubendes Tempo, mit dem sich Europa derzeit aus der russischen Drohkulisse befreit, bald kein Gas mehr zu erhalten. Auch vor diesem Hintergrund ist zu erklären, dass die Gaspreise an den europäischen Märkten sich seit Monaten in einer Entspannungsphase befinden, nachdem sie noch im Spätsommer bisher ungekannte Höhen erklommen hatten.

Was für Europa gilt, gilt auch für die Schweiz. In seiner aktuellen Lagebeurteilung schreibt das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL): «Aktuell stehen alle inländischen Pipelinekapazitäten sowie die Import- und Exportkapazitäten uneingeschränkt zur Verfügung. Der Gastransport in Europa folgt den Nominierungen und das Gesamtsystem ist stabil.»

Die Kapriolen an den Märkten schlugen sich auch in den Gasrechnungen der Verbraucher nieder. Viele Haushalte erhielten im vergangenen Herbst Post, wonach sie mit höheren Kosten zu rechnen hatten.

Stefan Meierhans, Schweizer Preisüberwacher. 
Bild: Alessandro Della Valle / KEYSTONE

Das rief Preisüberwacher Stefan Meierhans auf den Plan: War es möglich, dass die Gasversorgungsunternehmen ihre Beschaffungskosten übermässig auf die Kundinnen und Kunden überwälzen? Schliesslich überschnitten sich die Meldungen von teureren Gasrechnungen mit Nachrichten von sinkenden Gaspreisen an der Börse.

Margen teilweise kleiner als im Vorjahr

Seit Freitag liegt die umfassende Analyse des Preisüberwachers vor. Er zieht ein positives Fazit. Zwar seien die Preise um durchschnittlich 7 Rappen pro Kilowattstunde gestiegen, was sich aber durch die höheren Beschaffungskosten der Gasversorgungsunternehmen erkläre. Konkret schreibt Meierhans in seinem Newsletter vom Freitag, dass die Margen der Gasversorger teilweise kleiner ausfielen als in der Vergleichsperiode. «Dies deutet darauf hin, dass die gestiegenen Beschaffungskosten in der Mehrzahl der Fälle nicht vollumfänglich beziehungsweise zeitlich verzögert an die Endkunden weitergegeben wurden.»

Gleichzeitig hält Meierhans fest, dass die Preiserhöhungen sehr unterschiedlich ausfallen. Mit ein Grund dafür sind die unterschiedlichen Beschaffungsstrategien der Gasversorgungsunternehmen.

Nicht alle geben Preissenkungen weiter

Anders als die Stromversorger haben sie die Möglichkeit, ihre Tarife auch unterjährig anzupassen. Meierhans' Analyse ergab, dass die Gasversorger von diesem Recht auch Gebrauch gemacht haben – und dies durchaus auch im Sinne der Konsumentinnen und Konsumenten: «Einzelne GVU, die ihre Preise in kurzen Abständen erhöht hatten, haben bereits Preissenkungen vorgenommen.»

Hier aber setzt Meierhans auch mit seiner Kritik an: «Der Preisüberwacher erwartet, dass die GVU ihre Preise nun ebenso rasch wieder senken, wie sie die Preise aufgrund der gestiegenen Beschaffungskosten in den vergangenen Monaten erhöht haben.» Ausserdem nimmt er die Gemeinden in die Pflicht. Viele von ihnen würden zusätzliche Abgaben auf den Erdgas-Verbrauch erheben. Darauf sei zu verzichten und stattdessen jene Reserven abzubauen, welche sich in den vergangenen Jahren bei tiefen Preisen angehäuft hatten.