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Bargeld

Seit 2020 verschwanden über 1000 Bankomaten – jetzt legen auch die SBB Geräte in den Bahnhöfen still

Der Bezug von Bargeld wird immer schwieriger, nun auch für Pendler. In verschiedenen Bahnhöfen werden Bankomaten abgebaut. Ersatz gibt es nicht immer. Die SBB begründen den Schritt mit einem Überfall. Doch auch gesellschaftliche Trends haben ihren Anteil.
Der Bezug von Bargeld wird nicht nur in den Bahnhöfen immer schwieriger.
Bild: Corinne Glanzmann (18.1.2018)

Dass ein Mann im November das Reisezentrum der SBB in Martigny VS überfiel, das Personal bedrohte und Beute machte, hat ungeahnte Folgen für Pendlerinnen und Pendler. Zwar wurden der Täter sowie eine Komplizin und ein Komplize rasch verhaftet. Doch die Bahn reagierte, indem sie Bankomaten an mehreren Bahnhöfen stilllegte.

Als einer der ersten Bahnhöfe war Olten daran, wie CH Media berichtete . Die Bankomaten der Post, der Raiffeisenbank und anderer Institute wurden verbarrikadiert. Auch den Bankomat der Raiffeisenbank am Bahnhof Frick legten die SBB still – genauso wie jenen in Thun BE. Automaten in St.Gallen, Zürich-Altstetten oder Wädenswil ZH sind in jüngster Vergangenheit ebenfalls stillgelegt worden, wie CH Media weiss.

Wie viele Bankomaten bereits verschwunden sind und wie viele noch folgen, will SBB-Sprecherin Fabienne Thommen nicht verraten – aus Gründen der Sicherheit und Vertraulichkeit. Sie spricht von «einigen Automaten», die als Reaktion auf den Überfall im Wallis ausser Betrieb genommen worden seien, um die Sicherheit der Mitarbeitenden zu erhöhen.

Auch Banken bauen Automaten ab

Das sei keine grundsätzliche Abkehr von den Bankomaten: Diese sollen weiterhin ein wesentlicher Bestandteil des Angebots an den Bahnhöfen bleiben, verspricht Thommen. Wenn möglich würden die nun aufgehobenen Automaten an anderen Standorten am selben Bahnhof ersetzt. Allerdings könnte das Netz der Bargeld-Ausgabestellen durchaus kleiner werden. Die SBB-Sprecherin sagt dazu, dass die SBB mit den Banken und Postfinance «im Austausch» sei, auch über die «zukünftige Bewirtschaftung der Automaten».

Zwar gibt es zwischen dem Überfall auf ein bedientes Reisezentrum und der Sprengung von Bankomaten keinen direkten Zusammenhang. Doch die Gefahr ist real. Wie die NZZ diese Woche berichtete , stellt die Bundesanwaltschaft seit vier Jahren eine Zunahme von Angriffen auf Bankomaten mit Sprengstoff fest. Allein vergangenes Jahr waren es 25 Attacken. Je nach Lokalität können solche Angriffe enorm gefährlich sein – etwa weil bei einer Sprengung Teile durch die Luft fliegen, aber auch weil die Explosionen Auswirkungen auf die Statik der Gebäude haben können, in denen die Bankomaten zum Teil eingebaut sind.

Aus Sicherheitsgründen bauen deshalb auch die Banken selbst ab. Im Oktober gab etwa Raiffeisen bekannt, einen Automaten neben einer Spar-Filiale in Hünenberg ZG wegen der «Sprenggefahr» präventiv zu schliessen . Die Angriffe von Banden, die oft aus dem Ausland operieren und nach einer Tat über die Grenze fliehen, ereignen sich fast überall in der Schweiz. Allein dieses Jahr wurden Bankomaten etwa in Ruswil LU, Küssnacht SZ, Küttigen AG, Tübach SG oder Oey-Diemtigen BE gesprengt.

Das Bankomaten-Netz wird immer kleiner

Bei Bankomaten, die in einem speziellen Raum aufgestellt sind, schränken einige Banken als Reaktion auf die steigenden Gefahren den Zugang ein. So informiert etwa Postfinance derzeit die Kundschaft auf einem Aushang darüber, dass eine Postomaten-Zone an bester Passantenlage am Zürcher Rennweg neu werktags nur noch bis 22 Uhr zugänglich ist – «aus Sicherheitsgründen». Ein ähnlicher Fall ist CH Media von einer Filiale der Migros Bank in Zürich bekannt.

Aushang vor Postomaten-Zone in Zürich: Einschränkungen der Sicherheit wegen.
Bild: Stefan Ehrbar

Dass die Zahl der Bankomaten in der Schweiz sinkt, hat aber nicht nur mit Angriffen und der Sicherheitslage zu tun. Banken verdienen mit Automaten theoretisch Geld, indem sie jeden Bargeld-Bezug mit der Karte einer Fremdbank dieser in Rechnung stellen. Doch seit immer mehr Menschen ihre Einkäufe mit Debit- oder Kreditkarte, dem Handy oder der Smartwatch tätigen, sind sie längst keine Goldgruben mehr.

Der «Swiss Payment Monitor» der Universität St.Gallen und der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften zeigte im August 2024, dass mittlerweile mit 26,8 Prozent die meisten Zahlungen mit mobilen Geräten getätigt werden, gefolgt von Debitkarten mit 26,2 Prozent. Nur noch gut jeder vierte Kauf wird mit Bargeld beglichen. Dieser Trend schlägt sich in der Zahl der Bankomaten nieder: Waren es im Februar 2020 noch 7300, sinkt ihre Zahl seither rapide. Im Oktober 2024 waren laut der Schweizerischen Nationalbank nur noch 6300 Automaten in Betrieb. Innerhalb von knapp fünf Jahren sind also 1000 Geräte verschwunden.

Deshalb gibt es erste Überlegungen, ob sich Banken und die Post zusammenschliessen könnten, um ein abgespecktes, aber abgestimmtes Bankomaten-Netz betreiben zu können. So sagte Poststellennetz-Chef Thomas Baur im vergangenen Mai zu CH Media , dass die Post prädestiniert sei für eine solche Aufgabe: «So könnten wir ein optimales Geldautomatennetz planen und betreiben und die Schweiz mit Bargeld versorgen.»