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Sehnsucht und Leistung: Die Schweiz gerät auf die schiefe Bahn, wenn Wohneigentum unerreichbar wird

Die Schweizer Gesellschaft wird tiefgreifend verändert, wenn junge, leistungsbereite Familien keine Chance auf Wohneigentum mehr haben – nicht zum Guten. Ein Kommentar.
«Post-Ownership Society»: Viele junge Familien wünschen sich Wohneigentum, halten dieses aber für kaum erreichbar.
Bild: Bild: Adobe Stock

«Das kleine Haus am Sonnenhang», so heisst das Buch von Schriftsteller Alex Capus, das seit Wochen auf den Bestsellerlisten steht. Capus erzählt, wie er in jungen Jahren im Piemont ein Häuschen kaufte, mit seiner Freundin unbeschwerte Zeiten erlebte, sich als Handwerker betätigte und nächtelang über Gott und die Welt philosophierte. Romantik und Nostalgie schwingen mit.

Schöner als Capus kann man die Sehnsucht kaum beschreiben, die junge Menschen seit Generationen verspüren. Der Traum vom eigenen Häuschen, in dem dann vielleicht mal Kinder aufwachsen, wurde zwar oft als konservativ belächelt – etwa in den progressiven 1990er-Jahren. Die regelmässigen Rekrutenbefragungen zeigten aber, wie ausgeprägt und stabil dieser Wunsch ist. Auch aktuelle Befragungen belegen: Wohneigentum zu haben, wünscht sich die grosse Mehrheit. Nur 13 Prozent der Mieter sind Mieter aus Überzeugung. Die anderen wären lieber Eigentümer.

Es gehört zu den weitreichendsten Veränderungen in unserer Gesellschaft, dass dieser Wunsch nur noch für die wenigsten erfüllbar ist. In manchen Kantonen können sich bloss noch 5 Prozent Wohneigentum leisten. Und das im Land mit den höchsten Löhnen der Welt! Weitreichend ist diese Entwicklung, weil sie die Lebensentwürfe einer ganzen Generation berührt: Was will ich erreichen, mit wem und wo will ich leben?

Diese Entwicklung gibt es auch anderswo, aber nirgendwo sonst so ausgeprägt wie bei uns. Die «New York Times» hat die Schweiz bereits als «post-ownership society» bezeichnet, als Gesellschaft, in der Wohneigentum der Vergangenheit angehöre.

Ist das ein Problem? Nun, man kann als Eigentümer oder als Mieter glücklich werden (unglücklich auch). Aber: Sich Träume zu erfüllen, ist etwas Urmenschliches. Und welches Land, wenn nicht die Schweiz, ist prädestiniert, die besten Voraussetzungen dafür zu bieten? Es läuft etwas schief, wenn Eigentum aus eigener Kraft kaum mehr erreichbar, sondern nur noch durch Erben möglich ist. Das vergrössert Ungleichheiten und untergräbt den Leistungswillen. Ohne Fleiss kein Preis, hiess es einst. Mit Fleiss auch nicht? Das verheisst nichts Gutes.