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Solothurn

Schwieriger Ausstieg aus dem Schuldenloch

Gut 5000 Solothurner und über 20 000 Berner Haushalte haben Schulden. Gleichzeitig nehmen immer weniger Menschen eine Sanierung in Angriff.

Von Patrick Furrer

«Der Anteil der Klientinnen und Klienten, deren Schulden nicht sanierbar, sondern nur stabilisierbar sind, hat zugenommen», weiss Mario Roncoroni vom Verein Schuldensanierung Bern. Die Beratungsstellen in Burgdorf, Bern und Thun haben festgestellt, dass die Sanierungen mit dem krisenbedingten Stellenabbau nicht Schritt halten.

Das hat zwei Gründe: Erstens nimmt man laut Roncoroni eine Sanierung eher dann in Angriff, wenn man optimistisch ist und darauf vertraut, aus den Schulden herauszukommen. Zweitens führen die Arbeitsplatzver-luste und Kurzarbeiten zu finanziell unsicheren Voraussetzungen bei den Schuldnern, mit der Folge, dass Gläubiger auf Sanierungspläne nicht mehr eingehen wollen. «Das merken wir so, dass Lösungen, die schon auf dem Schlitten waren, unmöglich werden», sagt Roncoroni.

Verlustscheine oder eine Lohnpfändung seien für Gläubiger zur attraktiveren Lösung geworden, erklärt Liliane Moser, Schuldenberaterin bei der Sozialregion Oberer Leberberg (Srol). Es sei heute bereits bei der Erstbefragung vielfach absehbar, dass die Grundlagen für eine Sanierung wie ein regelmässiges Einkommen nicht gegeben sind. «Anstatt die Schulden zu tilgen, bleibt sie ein ständiger Begleiter», sagt Moser. «Das tägliche Leben mit Schulden hat zugenommen.»

Gut 25 000 Haushalte in den Kantonen Bern und Solothurn kämpfen mit Schuldenproblemen, angelehnt an eine Schätzung der Fachstelle für Schuldenfragen Aargau, die ihre Leistungen im Rahmen einer Leistungsvereinbarung auch für grosse Teile des Kantons Solothurn anbietet. Demnach hätten allein in den Städten Langenthal und Solothurn je zirka 700 Personen Geldprobleme. Zudem hat laut einer Repräsentativumfrage aus dem Jahre 2007 jeder dritte Schweizer Jugendliche Schulden.

Ausserdem bezahlen die Leute oftmals zuerst Rechnungen, die «aus neutraler Sicht unsinnig erscheinen», erklärt Jürg Gschwend, Stellenleiter der Aargauer Fachstelle. Wichtige Posten wie Steuern oder Krankenkassenprämien bleiben offen - aktuell kann zum Beispiel davon ausgegangen werden, dass gegen 18 000 Solothurner und Berner von einem Leistungsstopp ihrer Krankenkassen betroffen sind. Andererseits werden Ausstände wie das Leasing fürs neue Auto fristgerecht beglichen. Grund für die paradoxe Situation ist die unterschiedlich strenge Mahnpraxis der Gläubiger. Besonders Inkassobüros «drohen sehr schnell mit Betreibungen. Und dort, wo Druck gemacht wird, wird oftmals eher bezahlt», sagt Gschwend.

«Mehr Sanierungen werden wir wohl dann haben, wenn die Leute davon überzeugt sind, dass die Krise hinter uns liegt», blickt der Berner Schuldenexperte Roncoroni voraus. So lange wird eine Grosszahl der Krisenopfer auf ihren Schulden sitzen bleiben. Umso wichtiger sei es, den Leuten aufzuzeigen, dass es trotzdem Perspektiven für die Zukunft gibt. Wichtig bleibt auch für Nichtverschuldete der Grundsatz, vernünftig mit dem Geld umzugehen. Besonders in unsicheren Zeiten. Denn «es ist ein grosses Problem, wenn man plötzlich den Job verliert», sagt der Aargauer Fachstellenleiter Jürg Gschwend. «Dann kann die ganze bisherige Budgetplanung wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen.»

Internet: www.schulden.ch