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Schweizer Medien zu G-20-Gipfel - "Entscheide ohne Verantwortung"

Die Schweizer Medien nehmen die Beschlüsse der G-20-Staaten in London kritisch auf. In der von Englands Premier Gordon Brown angekündigten neuen Weltordnung bleibe noch vieles vage. Dass die Schweiz nun auf der "Grauen Liste" steht, sei nur ein halber Erfolg.
Gordon Brown am G20-Gipfel in London
Bild: Keystone

"Keine vertrauensbildende Medizin", urteilt "NZZ online". Der Gipfel von London zeige, dass man beim Kampf gegen die Krise zunehmend vergesse, dass "Umwälzungen, Strukturwandel und schöpferische Zerstörung" zu einer offenen Wirtschaft gehörten.

Für den "Tages-Anzeiger" ist der Kapitalismus der vergangenen Jahrzehnte tot, weil er nicht rentiert habe. Nun beginne ein neues Spiel mit neuen Regeln, Risiken und Gewinnern. Bisherige Profiteure wie die Schweiz hätten fürs Erste schlechte Karten.

Die G-20-Staaten hätten in London neue, wenn auch noch vage Regeln für den Kapitalismus skizziert. Die Beschlüsse wären noch vor kurzem undenkbar gewesen.

Für die "Zürichsee-Zeitung" bleibt nach dem Gipfel vieles "nebulös". Niemand werde nach den Gemeinschaftsbeschlüssen in London die Verantwortung tragen. "Entscheide ohne Verantwortung: Das lieben die Politiker".

Nach der Ankündigung, Hedge-Funds und Ratingagenturen besser zu kontrollieren, bleibe die Frage, was konkret übrig bleibe. Und niemand werde kontrollieren, ob vom Internationalen Währungsfonds vergebene Kredite nachhaltig verwendet oder verprasst würden.

Die Kommentatoren äusserten sich auch zur "Grauen Liste", auf die die G-20 die Schweiz gesetzt haben. Ein Erfolg sei das nicht, findet die "Südostschweiz". In wenigen Wochen habe die Schweiz verloren, was sie während Jahrzehnten mit Zähnen und Klauen verteidigt habe.

Auch die "Basler Zeitung" beurteilt den Befreiungsschlag der Schweiz als nur halb gelungen.

Einzig das Westschweizer Blatt "Le Temps" kann der "Grauen Liste" etwas Positives abgewinnen. Die kürzlichen Bemühungen der Schweiz hätten sich ausgezahlt.

Das Ziel müsse jetzt sein, möglichst schnell auf die "Weisse Liste" zu kommen, stellt die "Berner Zeitung" fest. "Denn Unsicherheit ist Gift für den Finanzplatz Schweiz."

Anders als in der Schweiz kommentieren belgische, österreichische und luxemburgische Zeitungen die "Graue Liste" kaum. Dass die drei Länder nicht auf einer "Schwarzen Liste" erscheinen, aber dennoch überwacht würden, war nach dem letzten EU-Gipfel erwartet worden.