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Sonntagspresse

Tiefere Zollgrenze gefordert und neue Bestattungsform in der Schweiz

Der Detailhandelsverband fordert eine weitere Senkung der Zollfreigrenze auf 50 Franken, mit fragwürdigen Zahlen und eine Deutsche Firma will eine neue Bestattungsform in  der Schweiz einführen – die News der Sonntagspresse.
Bild: Bildcollage: CH-Media

Deutschland weist 88 Asylsuchende in die Schweiz zurück

Die deutsche Regierung von Kanzler Friedrich Merz (CDU) hat direkt nach ihrem Amtsantritt im Mai die Kontrollen an den Grenzen intensiviert. Seit dem 8. Mai 2025 weist die deutsche Bundespolizei auch Asylsuchende zurück, die in Deutschland ein Asylgesuch stellen möchten. Nun zeigt sich, dass die umstrittene Massnahme bislang eine geringe Wirkung entfaltet.

Zwischen dem 8. Mai und dem 31. Juli 2025 wies die deutsche Bundespolizei an der Schweizer Grenze 1760 Personen zurück. Nur 88 davon waren Asylsuchende, die in Deutschland ein Asylgesuch stellen wollten. Das geht aus Zahlen der Bundespolizeidirektion Stuttgart hervor. Die Schweiz hat keine Kenntnis von den 88 zurückgewiesenen Asylsuchenden.

Die Zollbehörden hätten «keine Hinweise darauf», dass sich unter den Zurückgewiesenen auch Personen befänden, die in Deutschland ein Asylgesuch stellen wollten, schreibt das Staatssekretariat für Migration (SEM) auf Anfrage der «NZZ am Sonntag». Der Bundesrat würde Rückweisungen von Menschen, die um Asyl nachsuchen, allerdings nicht akzeptieren.

Streit um US-Strafzölle: Parmelin muss zu Kommissions-Sondersitzung antraben

Am Donnerstag trifft sich die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK-N) zu einer ausserordentlichen Sitzung. Thema: der US-Zollhammer für die Schweiz. Wirtschaftsminister Guy Parmelin (65) muss laut dem Sonntagsblick antraben, um zu den Fragen und Antworten der Aussenpolitikerinnen und Aussenpolitiker Stellung zu nehmen – und die sind dem Vernehmen nach zahlreich.

Bereits im Juli vorgeprescht ist der Zürcher FDP-Nationalrat Hans-Peter Portmann (62). Als erster bürgerlicher Politiker stellte er den F-35-Kampfjet infrage. Jetzt ist klar: Portmann geht mit seinen Forderungen bedeutend weiter. Der Bundesrat solle auf diplomatischen Wegen sofort mit europäischen Partnern Beschaffungen zur Schliessung der Verteidigungslücken prüfen – damit ein Rücktritt von allen Rüstungsverträgen möglich wäre, bei denen es zu untragbaren Mehrkosten oder Terminverzögerungen kommt. Das würde neben der F-35 auch den Kauf des Patriot-Luftabwehrsystems in den USA oder die Drohnenbeschaffung in Israel betreffen.

Für eine zeitnahe Sicherung des Luftraums bringt Portmann sogar die Beschaffung von Occasion-Kampfjets ins Spiel. Andererseits fordert der Freisinnige die Landesregierung auf, bis Ende September mögliche Gegenmassnahmen auf die 39 Prozent Strafzölle der USA auszuarbeiten – neben der Rüstungsindustrie insbesondere im Goldhandel. «Eine Verteuerung von Goldimporten aus der Schweiz würde den Amerikanern sehr wehtun, das wäre für sie eine Katastrophe», sagt Portmann. Dies, weil die USA die erforderliche Menge gar nicht ohne Bezüge in der Schweiz beschaffen könnten.

Teure Klimaprojekte, fragwürdige Wirkung

Geld für Klimaschutzprojekte ins Ausland überweisen, um die eigene Emissionsbilanz zu stärken: Solche Kompensations-Deals sind ein zentraler Bestandteil der Schweizer Klimapolitik. Ausgerechnet zwei Prestigeprojekte zur CO₂-Reduktion in Ghana und Thailand geraten nun zunehmend in die Kritik. Wie die Sonntagszeitung schreibt, stellen neue Berichte in Frage, ob diese Vorhaben überhaupt auf wirkungsvolle Art und Weise Emissionen ausgleichen können.

In der thailändischen Hauptstadt Bangkok wird mit Schweizer Geld im Namen des Klimaschutzes den Einsatz von Elektrobussen gefördert. Offiziell soll das Hunderttausende Tonnen CO₂ einsparen. Allerdings bezweifeln Gutachter diesen versprochenen Effekt. In Bangkok wären, so heisst es im Bericht, wohl auch ohne Schweizer Hilfe E-Busse eingeführt worden. Ausserdem sei die thailändische Stromproduktion höchst umweltschädlich und die zugrundeliegenden Berechnungen fragwürdig.

Ein ähnliches Bild zeigt sich in Ghana, wo ein Projekt zum klimaschonenden Reisanbau Mängel in der Messung und Transparenz aufweise. Die Klima-Expertin Delia Berner von Alliance Sud spricht in der Sonntagszeitung deshalb von einer «Illusion» und fordert, in Zukunft vermehrt in der Schweiz CO2 einzusparen. Ein Sprecher des Umweltdepartements UVEK sagt zur Kritik: «Für alle Kompensationsprojekte gelten hohe Standards, die regelmässig überprüft werden.» Dies helfe, die Projekte zu verbessern. «Sollten bei einzelnen Projekten die Vorgaben grob verletzt werden, behält sich das UVEK vor, diese zu sistieren.»

Trotz Zollstreit wollen die Firmen die Löhne deutlich erhöhen

Die Lohnrunde 2026 fällt erfreulich aus. Obwohl eine grosse Unsicherheit auf der Wirtschaft lastet, planen die Firmen, die Gehälter deutlich zu erhöhen. Das zeigt die neue Lohnumfrage der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich, welche die «NZZ am Sonntag» vorab veröffentlicht hat.

Demnach wollen die Unternehmen die nominalen Löhne in den nächsten zwölf Monaten um durchschnittlich 1,3 Prozent steigern. Real, unter Berücksichtigung der Inflation, dürfte die Zunahme immer noch erfreuliche 0,8 Prozent erreichen. «Für die Beschäftigten würde das die dritte beachtliche Reallohnsteigerung in Serie bedeuten», sagt Professor Michael Siegenthaler von der KOF. Von den Branchen schneidet das Baugewerbe am besten ab. Geringe Verbesserungen gibt es dagegen im Handel, im Gesundheitswesen und dem verarbeitenden Gewerbe.

Wirtschaftsvertreter fordern in offenem Brief das Ende des AKW-Neubau-Verbots

Ein Wirtschaftskomitee unterstützt die Pläne des Bundesrates, das Verbot neuer Kernkraftwerke zu streichen. Prominenteste Stimme ist die Sulzer-CEO Suzanne Thoma, die als Chefin des Stromkonzerns BKW einst das AKW Mühleberg stilllegte. Das vom Wirtschaftsdachverband Economiesuisse initiierte Komitee fordert in einem offenen Brief die Aufhebung des AKW-Verbots. «Die Energiepolitik sollte wieder technologieoffen ausgestaltet werden», heisst es darin.

Das Schreiben liegt der «NZZ am Sonntag» vor und soll noch im August veröffentlicht werden. Gemäss Thoma ist eine grundsätzliche Neubewertung der Kernkraft nötig. Inzwischen zeige sich, was mit erneuerbaren Energien möglich sei – und was nicht. Die von Politik und Stimmvolk beschlossenen Ausbauziele seien weit davon entfernt, erreicht zu werden, mahnt sie. Unter den bisher über 200 Unterzeichnenden des offenen Briefes finden sich viele Vertreter der klassischen Industrie – vom Maschinen- und Werkzeugbau bis zur Chemie.

Aus der Strombranche unterzeichneten François Gabella, Verwaltungsrat des Industrieunternehmens LEM und Vizepräsident von Alpiq, sowie Martin Schwab, Chef der Axpo-Tochter CKW. Unterschriften stammen auch aus der Finanzbranche, so vom UBS-Vizepräsidenten Lukas Gähwiler, vom Swiss-Re-Chef Andreas Berger und von Marcel Rohner, Präsident der Bankiervereinigung. Nicht vertreten ist etwa der Detailhandel.

Urteil im Fall Roshani: Verlagshaus Tamedia muss der Journalistin über 200’000 Franken bezahlen

Ein Urteil des Zürcher Obergerichts kommt das Verlagshaus Tamedia teuer zu stehen: Die Richter hoben die Kündigung der Journalistin auf – diese sei widerrechtlich gewesen, da diese sich aufgrund des Gleichstellungsgesetzes in der Phase des Kündigungsschutzes befunden habe. Die Kündigung sei als «Racheakt» erfolgt.

Wie der Sonntagsblick berichtet, bedeutet dies nun, dass Tamedia der «Magazin»-Reporterin bis Juli 2025 31 Monatslöhne beziehungsweise 200’000 Franken zahlen muss. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann vor Bundesgericht weitergezogen werden. Dazu hält sich die Tamedia auf Anfrage vom Sonntagsblick zurück – man prüfe derzeit das Urteil. Pikant: Gemäss Gleichstellungsgesetz gilt der Kündigungsschutz für Roshani, solange alle mit dem Fall zusammenhängenden Gerichtsverfahren laufen. Das kann noch dauern

Detailhandel fordert 50-Franken-Zollgrenze – mit umstrittenen Zahlen

Der Detailhandelsverband Swiss Retail Federation fordert eine Senkung der Zollfreigrenze auf 50 Franken, um den Einkaufstourismus einzudämmen. Die Behauptung: Der Einkaufstourismus sei trotz der neuen 150-Franken-Grenze um sechs Prozent gestiegen. Experten zweifeln diese Zahlen in der Sonntagszeitung an, zum Teil aufgrund fehlender Saisonbereinigung rund um Ostern.

Der Wechselkurs beeinflusse laut der SNB-Studie das Konsumverhalten stärker. Zudem würden Zahlungstrends bei Karteneinsätzen als unzuverlässig angesehen. Kritiker sehen die Forderung des Verbands als unbegründet. Dagmar Jenni, Geschäftsführerin der Swiss Retail Federation, verteidigt gegenüber der Sonntagszeitung jedoch die Daten.

Lavation: Deutsche Firma will neue Bestattungsform in der Schweiz einführen

Unter der sogenannten Lavation versteht man das Auflösen der Leiche in stark basischer Lauge. Übrig bleiben Knochen und Zähne. In manchen Ländern ist diese Praxis bereits erlaubt, in der Schweiz noch nicht. Die Befürworter rühmen die Methode als umweltfreundlich, da keine Emissionen wie bei der Kremation ausgestossen werden.

«Wir wollen die Bestattungswelt neu gestalten und Alternativen ermöglichen – in Deutschland und in der Schweiz», sagt Jochen Lutz gegenüber dem Sonntagsblick. Sein Familienunternehmen betreibt in Deutschland fünf Krematorien. Noch lässt die hiesige Rechtslage die Praxis nicht zu – aber das, so hofft Lutz, könnte sich dereinst ändern.

Grosi (80) bezahlt Ticket, wird im Zug aber dennoch gebüsst

ÖV-Frust statt Wander-Lust für Marianne Dollinger: Die 80-jährige Luzernerin wurde fürs Schwarzfahren gebüsst, obwohl sie Tickets für sich und ihre Enkel gekauft hatte. Nach einer Wanderung kehrte sie wegen der müden Kinder früher als erwartet zurück und stieg zwei Stunden vor der Gültigkeit ihres Anschlusstickets vom Bus in einen Zug um. Die BLS-Kontrolleurin kannte kein Pardon und bestand auf der Busse von 100 Franken.

Dollinger fühlte sich wie eine Kriminelle und verweigerte zunächst gar die Unterschrift. Eine Nachfrage der Sonntagszeitung bei der Ombudsstelle zeigt: Beschwerden nehmen stark zu. Dies liege unter anderem daran, dass viele Fahrgäste die komplizierten Ticketoptionen und die damit verbundenen Regeln nicht mehr verstünden. Der Ombudsmann fordert gegenüber der Sonntagszeitung Kulanz, die ÖV-Unternehmen lehnen dies aber ab. Dollinger zahlte die Busse schliesslich, um Mahngebühren zu vermeiden, bleibt aber empört über die strikte ­Linie der Bahn. ( chm )