Das Wichtigste in Kürze
Die Ampel-Koalition in Deutschland ist am Ende.
Nach einem Richtungsstreit kündigte Kanzler Olaf Scholz (SPD) an, Finanzminister Christian Lindner (FDP) aus dem Kabinett zu schmeissen.
Die FDP zog daraufhin alle ihre Minister aus dem Dreier-Regierungsbündnis ab - und beendet somit effektiv die Regierungskoalition.
Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD haben sich auf einen Vorschlag für eine vorgezogene Bundestagswahl in Deutschland am 23. Februar geeinigt.
Olaf Scholz wird am 11. Dezember die Vertrauensfrage beantragen, damit der Bundestag am 16. Dezember darüber entscheiden könne. Bis zur Wahl sei die Bundesregierung im Amt.
13:51 Uhr
Mittwoch, 13. November
Scholz nennt Entlassung Lindners unvermeidbar
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Entlassung von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verteidigt. «Diese Entscheidung war richtig und sie war unvermeidbar», sagte der SPD-Politiker in einer Regierungserklärung im Bundestag in Berlin.
Scholz begrüsste die Einigung auf den 23. Februar kommenden Jahres für die Neuwahl des nationalen Parlaments. «Der Termin Ende Februar steht nun und ich bin sehr dankbar dafür.»
Er werde am 11. Dezember die Vertrauensfrage beantragen, damit der Bundestag am 16. Dezember darüber entscheiden könne. Bis zur Wahl sei die Bundesregierung im Amt. «Und selbstverständlich ist auch das Parlament in dieser Zeit handlungsfähig», sagte Scholz. Die Zeit solle genutzt werden, um ganz wichtige Gesetze zu beschliessen, die keinen Aufschub duldeten. (dpa)
10:47 Uhr
Dienstag, 12. November
Einigung auf deutschen Wahltermin am 23. Februar
Die Fraktionsspitzen von Christdemokraten und Sozialdemokraten haben sich auf einen Vorschlag für eine vorgezogene Bundestagswahl am 23. Februar geeinigt. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur von beiden Seiten. Der Termin ist auch mit den Grünen abgestimmt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wird voraussichtlich am 16. Dezember die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Die endgültige Entscheidung über den Wahltermin muss danach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier treffen.
Scholz wollte die Vertrauensfrage ursprünglich am 15. Januar stellen, um eine Neuwahl Ende März herbeizuführen. Nach öffentlichem Druck hatte er sich am Sonntag kompromissbereit gezeigt. «Dass ich noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, wenn das alle gemeinsam so sehen, ist für mich überhaupt kein Problem», sagte der Kanzler in der ARD-Sendung «Caren Miosga». Wenn es eine Übereinkunft der Fraktionschefs von SPD und CDU/CSU - Rolf Mützenich und Friedrich Merz - dazu gebe, werde er diese beachten.
CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hatte am Montag deutlich gemacht, dass er nach dem Scheitern der Ampel-Regierung nun eine vorgezogene Bundestagswahl im Februar anstrebt. In der Sitzung des Fraktionsvorstands von CDU/CSU nannte der CDU-Parteichef den 16. oder 23. Februar als gut zu erreichen, wie die Deutsche Presse-Agentur in Berlin aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Die Union wollte ursprünglich den 19. Januar als Wahltermin. Am Montag und Dienstag führten Merz und Mützenich Gespräche darüber.
Die bisher regierenden «Ampel»-Koalition (SPD, FDP, Grüne) war am Mittwoch voriger Woche zerbrochen, als Kanzler Scholz im Streit um den Haushalt Finanzminister Christian Lindner (FDP) entliess. Der Bundestag kann sich in Deutschland nicht selbst auflösen. Dies kann der Bundespräsident erst nach einer verlorenen Vertrauensfrage veranlassen.
Der Bundestag könnte auch über ein konstruktives Misstrauensvotum direkt einen anderen Kanzler wählen. Dazu wären aber die Stimmen der rechtspopulistischen AfD nötig, mit der keine andere Partei zusammenarbeiten will. (dpa)
06:17 Uhr
Dienstag, 12. November
Union erwartet schnelle Einigung auf Neuwahltermin
Im Streit um einen Termin für die vorgezogene Bundestagswahl ist eine Einigung nach Einschätzung der Union in Sichtweite. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt rechnet damit, dass sich Union und SPD jetzt schnell verständigen. Die Gespräche liefen, man sei auf einem guten Weg, sagte Dobrindt am Abend in den ARD-«Tagesthemen». «Ich glaube, dass wir das jetzt zügig klären können und dann einen Wahltermin vielleicht auch schon in dieser Woche verkünden können.»
Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) strebt nach dem Scheitern der Ampel-Regierung eine Neuwahl im Februar an. In einer Sitzung des Fraktionsvorstands von CDU/CSU hatte er am Montag den 16. oder 23. Februar als gut erreichbaren Wahltermin genannt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gibt am Mittwoch eine Regierungserklärung im Bundestag ab. Bis dahin müsste es eigentlich eine Einigung geben.
Zunächst hatte Merz den 19. Januar als Wahltermin ins Gespräch gebracht. Scholz wollte die Vertrauensfrage ursprünglich am 15. Januar stellen, um eine Neuwahl Ende März herbeizuführen. Nach starkem öffentlichen Druck zeigte er sich am Sonntag in der ARD-Sendung «Caren Miosga» aber bereit, die Vertrauensfrage noch vor Weihnachten zu stellen - wenn die Fraktionschefs von SPD und CDU/CSU, Rolf Mützenich und Friedrich Merz, dazu eine Übereinkunft erzielen.
Stärkung des Verfassungsgerichts soll umgesetzt werden
Dobrindt versicherte, sobald der Fahrplan geklärt sei, könne das Parlament sehr schnell wieder in einen Arbeitsmodus kommen. Es gebe überhaupt keinen Zweifel daran, dass die Union die Vereinbarungen, die sie in der Vergangenheit mit der Ampel getroffen habe, auch einhalten werde.
Als Beispiel nannte Dobrindt die geplante Stärkung des Bundesverfassungsgerichts. Die Verlängerung des Deutschlandtickets sei hingegen nicht mit der Union vereinbart. Da müsse man die Reihenfolge einhalten: Erst brauche man den Wahltermin, dann werde man sich über die weiteren Themen verständigen. Klar sei aber auch, dass die Union nicht «die herabfallenden Trümmer» der Ampel-Koalition auffangen werde.
SPD fordert Einstellung der Angriffe auf Bundeswahlleiterin
Der Wahlprüfungsausschuss des Bundestags kommt heute zu einer Sondersitzung zusammen, um über einen Neuwahltermin zu beraten. Nach Angaben der Parlamentsverwaltung wird dazu Bundeswahlleiterin Ruth Brand erwartet. Mit ihr sei zu diskutieren, «wann die Neuwahl aus ihrer Sicht mit ihrer praktischen Erfahrung frühestens stattfinden kann», heisst es in einem Antragsschreiben an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Brand sorgte Ende vergangener Woche für Aufsehen, als sie - mit Blick auf die notwendige Vorbereitung - vor einem Wahltermin schon im Januar oder Februar warnte. Die Union wirft ihr seitdem vor, sich von Scholz politisch instrumentalisieren zu lassen.
Die Chefin des CDU-Wirtschaftsflügels, Gitta Connemann, fordert sogar die Ablösung Brands, sobald der Bundestag neu gewählt ist. «Meiner Ansicht nach hat die Bundeswahlleiterin in den vergangenen Tagen bewiesen, dass sie der Aufgabe nicht gewachsen ist», sagte die Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsunion dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). «Dieses Amt muss über jeden Verdacht erhaben sein. Ihr Ruf ist schon jetzt beschädigt, so dass sie für mich persönlich nach der Wahl nicht mehr haltbar ist.»
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch forderte die Union auf, ihre Angriffe auf Brand sofort einzustellen. «Das ist Wasser auf die Mühlen der Extremisten», sagte Miersch am Abend in der ARD-Sendung «hart aber fair». Wenn der weisungsunabhängigen Wahlleiterin unterstellt werde, dass sie manipuliere, sei das hochproblematisch. Man habe bei Donald Trump in den USA gesehen, was es bedeute, wenn Institutionen, die für Rechtsstaatlichkeit und die Einhaltung von Gesetzen stünden, angegriffen würden. (dpa)
14:52 Uhr
Montag, 11. November
Olaf Scholz äussert sich zum Tweet von Elon Musk
Der Regierungschef stellt sich nach dem Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition im deutschen Fernsehen der Öffentlichkeit. Seine betonte Lockerheit nehmen ihm nicht alle ab.
06:21 Uhr
Montag, 11. November
Scholz: Vertrauensfrage auch vor Weihnachten möglich
Bei einer Einigung mit der Opposition ist Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nun auch zu einer schnelleren Vertrauensfrage im Bundestag bereit. Diese ist die Voraussetzung für eine Neuwahl des Parlaments. «Dass ich noch vor Weihnachten die Vertrauensfrage stelle, wenn das alle gemeinsam so sehen, ist für mich überhaupt kein Problem», sagte Scholz in der ARD-Sendung «Caren Miosga». Formal müsse zwar er als Kanzler diesen Schritt auslösen. Doch wenn es eine Übereinkunft von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und dem Unionsfraktionschef Friedrich Merz gebe, werde er diese beachten.
Scholz will es bei einer Einigung möglich machen
«Aber ich sage ausdrücklich, darauf, wo sich das Parlament verständigt, die Abgeordneten von Regierungen und Oppositionen, insbesondere die demokratischen Parteien: Davon werde ich ausgehen und das möglich machen», sagte der Kanzler dazu.
Zu beachten seien aber stets die nötigen demokratischen Schritte und technischen Vorbereitungen für eine ordnungsgemässe Neuwahl. Scholz sagte in der Sendung: «Niemand von uns, Sie nicht, ich nicht, sonst auch niemand, möchte, dass irgendwas passiert wie in Berlin, dass wir Wahlen wiederholen müssen.»
Scholz hatte sich nach dem Bruch seiner Ampel-Koalition gesprächsbereit über den Zeitpunkt einer Vertrauensfrage und der folgenden Neuwahl gezeigt, nachdem er zunächst den 15. Januar für die Vertrauensfrage und dann eine vorgezogene Wahl Ende März genannt hatte. Noch am Freitag mahnte er eine Einigung im Bundestag darüber an, welche Gesetze noch beschlossen werden sollen.
Mützenich macht sich Verknüpfung von Inhalten und Terminfrage zu eigen
Mützenich hatte zuvor der Opposition ein Entgegenkommen beim Wahltermin signalisiert, aber Vereinbarungen gefordert, welche Projekte noch gemeinsam umgesetzt werden. «Beide Herausforderungen kann man zusammen und gemeinsam angehen», sagte er der «Süddeutschen Zeitung». Als konkrete Beispiele nannte er die Erhöhung des Kindergelds, die Sicherung des Deutschlandtickets, Entlastungen der Industrie sowie den Schutz des Verfassungsgerichts. Wenn eine solche Agenda vereinbart würde, dürfte es «leicht gelingen, einen sinnvollen Termin für die Wahl zu finden», hatte er gesagt.
Merz will von Scholz Vertrauensfrage schon an diesem Mittwoch
Zu Angeboten der SPD, die einen früheren Termin an Verhandlungen über Gesetzesvorhaben geknüpft hatte, sagte CDU-Chef Friedrich Merz, der auch Kanzlerkandidat der Union ist, dem Magazin «Stern»: «Darüber können wir sprechen, sobald Olaf Scholz im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage gestellt hat. Seine Regierungserklärung am Mittwoch wäre dafür eine gute Gelegenheit.»
Am Dienstag soll das Thema im Bundestag besprochen werden
In der Diskussion um den Weg zur Neuwahl wollen die Fraktionen von SPD und Grünen eine öffentliche Sondersitzung des Wahlprüfungsausschusses schon am Dienstag. Ziel müsse sein, dort «mit der Bundeswahlleiterin zu diskutieren, wann die Neuwahl aus ihrer Sicht mit ihrer praktischen Erfahrung frühestens stattfinden kann», heisst es in einem Antragsschreiben an Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD), das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. Die Sitzung müsse zum beantragten Zeitpunkt stattfinden, um «die Belange der ordnungsgemässen Vorbereitung und Durchführung der Wahl in der laufenden öffentlichen Debatte berücksichtigen zu können».
Warnung vor einer Pannen-Wahl wie in Berlin
Der Parlamentsgeschäftsführer der SPD-Fraktion, Johannes Fechner, sagte der dpa: «Auch wir wollen, dass die Bürger bald über eine neue Regierung abstimmen können. Eine Bundestagswahl muss aber gut vorbereitet sein, denn Pannen und Chaos wie bei der Bundestagswahl 2021 in Berlin dürfen wir nicht riskieren.» Und: «Bei der Bestimmung des Wahltermins müssen wir deshalb Bedenken und Hinweise aus der Praxis der Wahlorganisation ernst nehmen.»
Scholz widersprach dem Vorwurf, den Bruch seiner Ampel-Koalition kalkuliert herbeigeführt zu haben. «Ich habe ihn nicht provoziert», sagte der SPD-Politiker in der ARD-Sendung. Er habe bis zuletzt dafür gekämpft, dass die Dreierkonstellation aus SPD, Grünen und FDP zusammenbleibe, das sei aber letztlich nicht möglich gewesen. «Ich habe es ertragen, dass ich für den Kompromiss und die Kooperation immer wieder, manchmal auch gute Miene zu einem ziemlich bösen Spiel gemacht habe. Aber wenn es zu Ende ist, dann muss es auch zu Ende sein.»
Am Montag wollen die Wahlleitungen von Bund und Ländern über die Vorbereitung zur vorgezogenen Wahl des Bundestages beraten. Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnte in einem Brief an Scholz vor «unabwägbaren Risiken» durch kürzere Fristen. Gemäss Artikel 39 muss der Bundestag nach Auflösung des Parlaments durch den Bundespräsidenten innerhalb von 60 Tagen neu gewählt werden. Brand will die Frist voll ausschöpfen, «um alle erforderlichen Massnahmen rechtssicher und fristgemäss treffen zu können.»
Kritik nach Äusserungen zu Papiermangel
In dem Schreiben wies Brand auf logistische Herausforderungen wie die Berufung von Wahlausschüssen, die Werbung und Schulung von Wahlhelfern, die Organisation von Wahllokalen und schliesslich mögliche Probleme bei der Papierbeschaffung hin.
Die Papierindustrie hält dagegen. «Klare Antwort: Ja. Bei rechtzeitiger Bestellung können wir das benötigte Papier für eine vorgezogene Bundestagswahl liefern», sagte Alexander von Reibnitz, Hauptgeschäftsführer des Verbands Die Papierindustrie, «ZDFheute.de».
Auch die Union widersprach Brand. «Ich kann der Bundeswahlleiterin daher nur raten, sich von niemandem instrumentalisieren zu lassen», sagt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei, der «Bild am Sonntag». (dpa)
15:21 Uhr
Samstag, 9. November
Opposition lehnt von Scholz geforderte Zusammenarbeit ab
Christdemokraten und Liberale lehnen nach dem Aus der «Ampel»-Koalition die vom deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angebotene Zusammenarbeit im Bundestag ab.
«Es ist höchste Zeit, dass der Kanzler angesichts seiner zerbrochenen Koalition die Vertrauensfrage stellt. Das ist eine Selbstverständlichkeit und wird von den Bürgern auch so erwartet», sagte der Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, der «Welt am Sonntag». Anschliessend könnten die anstehenden Gesetzesvorhaben unverzüglich weiter beraten und beschlossen werden.
Scholz hatte sich nach dem Bruch seiner Ampel-Koalition gesprächsbereit über den Zeitpunkt einer Vertrauensfrage und der folgenden Neuwahl gezeigt, nachdem er zunächst den 15. Januar für die Vertrauensfrage genannt hatte. Am Rande des informellen EU-Gipfels in Budapest mahnte er aber eine Einigung im Bundestag darüber an, welche Gesetze noch beschlossen werden sollen. (dpa)
10:18 Uhr
Samstag, 9. November
Trumps Pläne könnten für Deutschland katastrophal sein
Die Londoner «Times» beschäftigt sich Samstag mit potenziellen Folgen des Wahlsiegs von Donald Trump für die deutsche Wirtschaft:
«Während der angeschlagene deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz über seine zerfallende Regierung nachdenkt, bringt die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten eine Reihe von Problemen mit sich, auf die er gut verzichten könnte. Nicht genug damit, dass die problematische Drei-Parteien-Koalition unter der Führung von Scholz aufgrund von Streitigkeiten über die öffentlichen Ausgaben auseinandergebrochen ist, könnten auch noch Trumps Pläne für weitere Zölle auf europäische Importe für Deutschland, das die USA als seinen grössten Handelspartner betrachtet, besonders katastrophal sein.
Die Höhe der anvisierten Zölle ist bisher nicht bekannt. Trump hat angedeutet, dass sie zwischen 10 und 20 Prozent liegen könnten. Die EU könnte dann durchaus ähnlich mit Importen aus den USA umgehen. Das Institut der deutschen Wirtschaft schätzt, dass ein solcher Handelskrieg Deutschland während der vierjährigen Amtszeit von Trump zwischen 120 und 180 Milliarden Euro kosten könnte. Vor dem Hintergrund der kurzfristigen politischen Turbulenzen und des langfristigen wirtschaftlichen Niedergangs in Deutschland ist das alarmierend.» (dpa)
06:28 Uhr
Samstag, 9. November
Scholz zum Mauerfall: «Müssen zusammenstehen»
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat den Mauerfall zum 35. Jahrestag als Beispiel für den europäischen Zusammenhalt gewürdigt. Der Fall der Berliner Mauer sei der «glückliche Höhepunkt einer gesamteuropäischen Entwicklung» gewesen, betont Scholz laut vorab veröffentlichtem Redetext in seiner Videobotschaft zum 9. November.
Der Kanzler ruft angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage erneut zum Zusammenhalt auf: «Unsere gemeinsame Geschichte im Herbst 1989 zeigt uns doch, wie wir unsere Ziele erreichen: Indem wir zusammenstehen – für Frieden und Freiheit, für Sicherheit und Wohlstand, für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.»
Scholz zufolge wurde auch das Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft und der EU-Regierungschefs in Budapest, an dem der Kanzler am Freitag teilgenommen hatte, genutzt um diese Einheit zu festigen. Angesichts seines Aufenthalts in Ungarn würdigt der Bundeskanzler die Rolle des Landes, das bereits im Sommer 1989 mit dem «paneuropäischen Picknick» seine Grenze nach Österreich geöffnet hatte. Hunderte von DDR-Bürgern waren so in den Westen geflohen.
Insgesamt haben laut Scholz auch die mittel- und osteuropäischen Nachbarn Deutschlands zum Mauerfall beigetragen. «Da waren die mutigen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter der Solidarność in Polen. Die singenden Revolutionäre in Estland, Lettland und Litauen. Die beherzten Frauen und Männer in Ungarn, in der Tschechoslowakei und in anderen Ländern. Und natürlich die Montagsdemonstranten – in Leipzig und in vielen weiteren Orten der DDR, die sich unterhakten», sagte der Kanzler. «Der Sieg der Freiheit im Herbst 1989 war ein gesamteuropäischer Sieg.» (dpa)
16:25 Uhr
Freitag, 8. November
Offiziell: Robert Habeck will Bundeskanzler werden
Mit einem Youtube Video kündigt der deutsche Vize-Kanzler Robert Habeck an, dass er bei den Neuwahlen als Kanzlerkandidat antreten will. Deutsche Medien haben bereits zuvor über die Kandidatur von Robert Habeck berichtet. Sie beriefen sich dabei auch auf ein Video, das Habeck gestern auf der Plattform X gepostet hat.
Die offizielle Kanzlerkandidatur dürfte nächste Woche am geplanten Bundesparteitag von Bündnis90/Die Grünen beschlossen werden. (zen)
15:56 Uhr
Freitag, 8 November
Scholz bereit über Zeitpunkt der Neuwahlen zu verhandeln
Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zeigt sich verhandlungsbereit beim Zeitplan für die Neuwahl des Bundestags. «Über den Termin sollten wir möglichst unaufgeregt diskutieren», sagte er nach dem EU-Gipfel in Budapest.
Die deutsche «Ampel»-Koalition aus SPD, FDP und Grünen war am Mittwoch zerbrochen, als Scholz Finanzminister Christian Lindner (FDP) im Streit um die Haushaltspolitik entliess. Scholz kündigte eine Vertrauensfrage für den 15. Januar an, was auf eine Bundestagswahl im März hinauslaufen würde. Im Falle einer verlorenen Vertrauensfrage kann der Bundestag aufgelöst werden. (dpa)
12:39 Uhr
Freitag, 8. November
Schlagabtausch im Bundestag über Zeitplan für Neuwahl
In Deutschland ist es nach dem Scheitern der «Ampel»-Koalition zu einem Schlagabtausch im Bundestag darüber gekommen, wann es die Neuwahl geben soll.
Redner von SPD und Grünen verteidigten in einer Aktuellen Stunde den Zeitplan von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), am 15. Januar im Parlament die Vertrauensfrage zu stellen. Die Neuwahl könnte dann im März stattfinden. Die Opposition erneuerte eindringlich ihre Forderungen, den Termin deutlich vorzuziehen.
Christdemokraten: Nicht an Amt kleben
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Thorsten Frei, verwies auf die wirtschaftlich schlechte Lage und die internationalen Krisen. In einer solchen Situation brauche es einen handlungsfähigen Bundestag und einen handlungsfähigen Bundeskanzler. «Wenn Sie Verantwortung für unser Land übernehmen wollen, dann darf man nicht auf diesen Plätzen kleben, da muss man den Weg frei machen für Neuwahlen. Wir brauchen schnell eine neue stabile Mehrheit und einen neuen Bundeskanzler für dieses Land», sagte er.
Er warf Scholz einen «durchsichtigen Versuch» vor, die FDP zum Alleinverantwortlichen und Sündenbock für den «Ampel»-Bruch gemacht zu haben. «Der Bankrott der Ampel ist der Bankrott von Olaf Scholz.»
Scholz hatte nach einem heftigen Streit über den Haushalt Finanzminister Christian Lindner (FDP) entlassen. Die CDU/CSU geht davon aus, dass die Bundestagswahl etwa bereits am 19. Januar stattfinden könnte, sollte Scholz die Vertrauensfrage schon kommende Woche stellen. Dies wäre einen Tag vor der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump.
Auch FDP für schnelle Neuwahl
FDP-Fraktionschef Christian Dürr appellierte an seine ehemaligen Koalitionspartner, eine schnellere Vertrauensfrage herbeizuführen. Die Rumpfkoalition habe keine Mehrheiten mehr, etwa für Steuerentlastungen bei der sogenannten kalten Progression. «Machen Sie den Weg frei für diese Entscheidung, in dem der Bundeskanzler die Vertrauensfrage im Deutschen Bundestag stellt», sagte Dürr.
SPD gegen Wahlkampf über Weihnachten
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese warnte vor einer überstürzten Neuwahl mit einem Wahlkampf an Weihnachten. Es sei ein geordneter und verantwortungsvoller Weg zur Neuwahl notwendig. Wiese sagte weiter, es stünden dringende Entscheidungen für Deutschland an. Er nannte Entscheidungen etwa für den Wirtschaftsstandort oder eine sichere Rente.
Scholz hatte angekündigt, er wolle bis Weihnachten im Bundestag alle Gesetzentwürfe zur Abstimmung stellen, die aus seiner Sicht keinerlei Aufschub duldeten. Rot-Grün hat allerdings ohne die FDP keine Mehrheit mehr im Bundestag.
Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, sagte, es müsse einen geordneten Übergang zu Neuwahlen geben.
AfD: Weg freimachen
Der Wähler müsse jetzt sehr schnell sein Machtwort sprechen, forderte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion Bernd Baumann. Scholz müsse den Weg für sofortige Neuwahlen freimachen.
Bundestagswahlen finden in Deutschland in der Regel im Spätsommer oder Herbst statt. (dpa)
06:32 Uhr
Freitag, 8. November
Experten: Eine Hängepartie kann der deutschen Wirtschaft schaden
«Das Ende der Ampel-Regierung wird die Unsicherheit und die politische Lähmung in den kommenden Monaten erhöhen», erwartet Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. «Dies dürfte weiteren wirtschaftlichen Schaden anrichten und die deutsche Wirtschaft zu einem Zeitpunkt schwächen, an dem sie bereits sehr schwach und angeschlagen ist.»
Fratzscher ist Befürworter einer «expansiver Fiskalpolitik» - der Staat soll in Phasen der Krise oder Rezession mit zusätzlichen Investitionen die Konjunktur beleben. Was schwer wird, wenn vorerst kein Haushalt zustande kommt.
Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer verweist zugleich auf das Bedürfnis nach Planbarkeit. Geht es weiter in Richtung Klimaschutz oder bleibt man länger bei Kohle? Setzt man weiter auf E-Autos oder fahren auf deutschen Strassen länger Diesel? «Die Ampel hatte eine grosse Transformation begonnen, nur passten die unterschiedlichen konzeptionellen Ansätze eben nicht zusammen», sagt der Dresdner Wissenschaftler. «Aber die Politik hatte eine Richtung vorgegeben, und das ist es, was jetzt fehlt. Für Branchen wie die Automobilindustrie kann das existenziell sein.» (dpa)
19:23 Uhr
Donnerstag, 7. November
Moskau: Verzicht auf unser Gas stürzte Ampel in die Krise
Russland sieht das Scheitern der Ampel-Koalition in Deutschland als eine Folge von angeblicher US-Hörigkeit der Berliner Politik. «Berlin hat es versäumt, das für seine Bürger und seinen Industrie- und Wirtschaftskomplex lebenswichtige russische Gas zu behalten», sagte die Sprecherin des russischen Aussenministeriums, Maria Sacharowa. Die Wirtschaft wachse deshalb nicht mehr so stark. Sie bezeichnete Deutschland abwertend als «Bananenrepublik».
So sehe die Bundesregierung «gehorsam zu, wie seine Industrien und Unternehmen in die Vereinigten Staaten abwandern, nur weil es für Washington so angenehm ist». Im Zuge dieses «Masochismus» verzichte Deutschland auch auf den Anschein von Eigenständigkeit und gebe sich klar als Statthalter des amerikanischen Neoliberalismus in der EU. (dpa)
18:25 Uhr
Donnerstag, 7. November
Elon Musk gibt seinen Senf zum Ampel-Aus
Tech-Milliardär und Trump-Unterstützer Elon Musk gibt seinen Senf zur deutschen Regierungskrise dazu. «Olaf ist ein Narr», schrieb Musk auf Deutsch bei seiner Online-Plattform X. Er reagierte damit auf einen Beitrag, in dem es hiess, dass in Deutschland die «sozialistische Regierung» auseinandergebrochen sei. Musk bestätigte später, dass er durchaus Bundeskanzler Olaf Scholz meinte. Er äusserte sich aber nicht dazu, wieso er Scholz für einen Narren hält. (dpa)
17:44 Uhr
Donnerstag, 7. November
Scholz sagt Reise zur Weltklimakonferenz in Aserbaidschan ab
Nach dem Ampel-Aus hat Bundeskanzler Olaf Scholz seine für kommende Woche geplante Reise zur Klimakonferenz nach Aserbaidschan abgesagt. Grund dafür sei die «aktuelle politische Lage», sagte ein Regierungssprecher der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage. Die Reise war für den 11. und 12. November geplant.
Am Dienstag und Mittwoch reisen Staats- und Regierungschefs aus aller Welt nach Baku und sprechen vor dem Plenum. Wer Deutschland dort statt Scholz vertreten wird, war zunächst unklar.
Auf der zweiwöchigen Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen treffen sich ab kommenden Montag fast 200 Staaten, um über die Eindämmung der Klimakrise und den Umgang mit ihren Folgen zu beraten. Schwerpunkt in diesem Jahr sind Gelder zur Unterstützung ärmerer Länder bei der Transformation.
Deutschland verhandelt im Rahmen der EU. Dennoch erwarten etliche Staaten und Akteure eine Führungsrolle von der Bundesregierung. (dpa)
16:50 Uhr
Donnerstag, 7. November
Ein FDP-Mann wird zum Helden der Grünen
Der Chef der Christdemokraten fordert Neuwahlen im Januar, der Kanzler will erst im März wählen lassen. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht ein bislang eher unauffälliger FDP-Mann.
15:31 Uhr
Donnerstag, 7. November
Bundespräsident entlässt drei FDP-Minister – Kukies neuer Finanzminister
Nach dem Scheitern der «Ampel»-Koalition hat der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier drei der vier FDP-Minister im Kabinett von Kanzler Olaf Scholz (SPD) entlassen. Er überreichte Finanzminister Christian Lindner, Justizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger im Schloss Bellevue die Entlassungsurkunden.
Zugleich erhielt der wirtschaftspolitische Berater von Scholz, Jörg Kukies, seine Ernennungsurkunde zum neuen Bundesfinanzminister. Als einziger bisheriger FDP-Politiker verbleibt Bundesverkehrsminister Volker Wissing im Kabinett. Er verliess die FDP. Steinmeier ernannte ihn zum neuen Bundesjustizminister. Sein Amt als Verkehrsminister behält Wissing. Das Bildungsministerium übernimmt Agrarminister Cem Özdemir (Grüne). (dpa)
13:17 Uhr
Donnerstag, 7. November
Merz bei Scholz: Wahltermin im Mittelpunkt
Im Bundeskanzleramt in Berlin hat ein Treffen von CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begonnen. Der Oppositionsführer traf gegen 12.30 Uhr zu Fuss im Kanzleramt ein.
Merz fordert von Scholz, eine Neuwahl deutlich schneller zu ermöglichen, als von dem Kanzler angestrebt wird. Der CDU-Chef hält einen Wahltermin in der zweiten Januar-Hälfte für möglich.
Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag forderte den Kanzler in einem einstimmigen Beschluss auf, die Vertrauensfrage sofort, spätestens aber Anfang nächster Woche zu stellen. Scholz hatte angekündigt, er wolle die Vertrauensfrage im Bundestag am 15. Januar stellen und dann eine vorgezogene Bundestagswahl Ende März herbeiführen.
Am Nachmittag will Merz auch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in dessen Amtssitz, dem Schloss Bellevue, zusammenkommen, um über das weitere Verfahren zu sprechen.
Auch FDP-Parteichef Christian Lindner forderte Scholz auf, umgehend politische Klarheit zu schaffen. «Unser Land braucht eine Regierung, die nicht nur amtiert, sondern die agieren kann. Das Richtige für unser Land wäre die sofortige Vertrauensfrage und Neuwahlen. Niemand darf in der Demokratie Angst vor den Wählerinnen und Wählern haben», sagte der bisherige Bundesfinanzminister in der Parteizentrale in Berlin. Scholz hatte ihn am Mittwochabend nach Differenzen in der Wirtschafts und Haushaltspolitik entlassen. (dpa)
12:55 Uhr
Donnerstag, 7. November
Lindner mit schweren Vorwürfen gegen Scholz
FDP-Chef Christian Lindner hat am Donnerstag Bundeskanzler Olaf Scholz erneut kritisiert. Er warf den SPD-Politiker vor, «vorsätzlich» den Bruch der Ampel-Koalition herbeigeführt zu haben. Er berichtete zudem, dass beim Koalitionsausschuss am Mittwochabend über die weitere Unterstützung der Ukraine gesprochen worden sei. Dabei sei es für die SPD aber nur um die Aufnahme weiterer Schulden gegangen. «Mit einem so fahrlässigen Umgang mit dem Grundgesetz hätte ich meinen Amtseid verletzt. Das wusste der noch amtierende Bundeskanzler», sagte Lindner. (dpa)
11:55 Uhr
Donnerstag, 7. NOvember
Steinmeier ruft politisch Handelnde zu Vernunft auf
Nach dem Zerbrechen der «Ampel»-Koalition in Deutschland hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier alle politisch Handelnden zu Vernunft aufgerufen.
«Es ist nicht die Zeit für Taktik und Scharmützel», sagte er auch mit Blick auf den Wahlausgang in den USA in Berlin. «Es ist die Zeit für Vernunft und Verantwortung. Ich erwarte von allen Verantwortlichen, dass sie der Grösse der Herausforderungen gerecht werden.»
Steinmeier betonte, die deutsche Demokratie sei stark. «Das Ende einer Koalition ist nicht das Ende der Welt. Es ist eine politische Krise, die wir hinter uns lassen müssen und werden.» Das Grundgesetz gebe klare Vorgaben für das weitere Verfahren.
Er als Bundespräsident werde über die Auflösung des Bundestages zu entscheiden haben. «Zu dieser Entscheidung stehe ich bereit.» Das Grundgesetz knüpfe diese Entscheidung an Voraussetzungen. «Aber unser Land braucht stabile Mehrheiten und eine handlungsfähige Regierung. Das wird mein Prüfungsmassstab sein», sagte Steinmeier. (dpa)
11:14 Uhr
Donnerstag, 7. NOvember
Nato-Generalsekretär sorgt sich nicht
Nato-Generalsekretär Mark Rutte sieht keine sicherheitspolitischen Risiken durch den Bruch der deutschen Regierungskoalition. Er sei sich sicher, dass Deutschland weiter in der Lage sein werde, seine Aussenpolitik zu gestalten und seine Verpflichtungen im Bereich der Verteidigung zu erfüllen, sagte der frühere niederländische Regierungschef am Rande eines Gipfeltreffens der Europäischen Politischen Gemeinschaft in der ungarischen Hauptstadt Budapest. Deshalb mache er sich keine Sorgen.
Mit Blick auf Bundeskanzler Olaf Scholz fügte er hinzu: «Olaf ist ein starker Chef. Ich kenne ihn sehr gut, daher denke ich, dass er in den kommenden Monaten sicherstellen wird, dass Deutschland weiter seine Rolle auf der weltpolitischen Bühne spielt.»
Kanzler Scholz wollte ursprünglich auch am Gipfel teilnehmen. Wegen der innenpolitischen Lage kündigte er allerdings kurzfristig an, erst am Abend nach Budapest zu reisen. Dann beginnt dort im direkten Anschluss an den EPG-Gipfel ein Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten. In der Europäischen Politischen Gemeinschaft sind auch Länder wie die Ukraine, Grossbritannien und die Türkei mit dabei. (dpa)
10:52 Uhr
Donnerstag, 7. November
Scholz bleibt hart: Vertrauensfrage erst im Januar
Olaf Scholz hält trotz Kritik an seinem Plan fest, die Vertrauensfrage erst im Januar zu stellen. Er werde nun das tun, was für das Land notwendig sei, sagte Scholz in Berlin. «Die Bürgerinnen und Bürger werden bald die Gelegenheit haben, neu zu entscheiden, wie es weitergehen soll. Das ist ihr gutes Recht. Ich werde deshalb Anfang des nächsten Jahres im Bundestag die Vertrauensfrage stellen», sagt Scholz.
Nach dem Bruch mit Finanzminister Christian Lindner hat Scholz dem FDP-Politiker indirekt vorgeworfen, gesellschaftliche Brandstiftung zu betreiben. Mit Blick auf die Finanzierung der Ukraine-Hilfe aus dem laufenden Haushalt sagte Scholz in Berlin: «Wenn man jetzt zu der Überzeugung kommt, das müssen wir einfach mal so nebenbei ausschwitzen, dann zündet man das Land an.»
Dies bedeute etwa, dass Strassen nicht ausgebaut und Schulen nicht weiterentwickelt werden könnten. Zudem könne man dann nichts für Wirtschaft und Arbeitsplätze tun.
Entscheidung zur Entlassung Lindners «richtig»
Es gebe kaum ein Land, das die Ukraine-Hilfe aus dem laufenden Haushalt finanziere, argumentierte Scholz. Deutschland habe das bislang so gemacht und «alles ausgekratzt (...), was man irgendwo finden konnte in den Ecken unseres Haushaltes». Irgendwann sei jedoch der Punkt, an dem man entscheiden müsse, entweder innere, äussere, soziale und wirtschaftliche Sicherheit gegeneinander auszuspielen.
«Oder wir sagen, das ist eine grosse zeitlich vorübergehende Herausforderung, vor der wir stehen, wo aber klar ist, das müssen wir ausserhalb des normalen Haushaltes finanzieren», sagte der Kanzler. Dies sei sein Stand. «Das ist auch der Grund, warum ich den Bundesminister der Finanzen entlassen werde.»
Diese Entscheidung habe er sich nicht leicht gemacht, sagte der Kanzler. In einer Demokratie sei es wichtig, dass es unterschiedliche Ansichten gebe und man Lösungen finde. «Aber es muss eben auch so sein, dass die Grundlagen stimmen für das, was wir tun. Und deshalb finde ich diese Entscheidung richtig.» (dpa/watson)
10:38 Uhr
Donnerstag, 7. November
Merz für Neuwahl in zweiter Januar-Hälfte
Nach dem Zerbrechen der «Ampel»-Koalition in Deutschland fordert die CDU/CSU-Opposition eine deutlich schnellere Neuwahl als von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angestrebt.
Die Wahl wäre in der zweiten Januar-Hälfte möglich, sagte der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz in Berlin. «Dafür reicht die Zeit, dafür reichen die Vorbereitungsarbeiten in allen Parteien, in allen Wahlkreisen. (...) Es gibt überhaupt keinen Grund, jetzt noch bis in das Frühjahr des nächsten Jahres hinein zu warten.»
Die CDU/CSU-Fraktion habe den Kanzler in einem einstimmigen Beschluss aufgefordert, «jetzt sofort die Vertrauensfrage zu stellen, spätestens Anfang nächster Woche», teilte Merz nach der Sitzung mit. Deutschland brauche jetzt eine handlungsfähige Bundesregierung.
Es gebe auch dann noch genügend Zeit, um Themen zu identifizieren, die möglicherweise noch in der zu Ende gehenden Wahlperiode beschlossen werden müssten. «Wir sind selbstverständlich bereit, Gespräche zu führen, selbstverständlich bereit, auch hier Verantwortung für unser Land zu übernehmen», sagte Merz zu.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, es wäre eine «Respektlosigkeit gegenüber den Bürgern», wenn die Bundesregierung weiter im Amt bliebe. Deutschland brauche einen Kurswechsel. «Wir können uns schlichtweg kein Kanzlerkoma leisten.». Es sei für die Union völlig untragbar, dass der Kanzler versuche, «politische Insolvenzverschleppung zu betreiben». (dpa)
09:35 Uhr
Donnerstag, 7. November
Justizminister erklärt Gründe für Rücktritt
Nach dem Ende der Ampel-Koalition hat Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) offiziell um seine Entlassung gebeten. In einer Erklärung, die der FDP-Politiker am Donnerstag veröffentlichte, schreibt er, der scheidende Bundesfinanzminister und FDP-Vorsitzende Christian Lindner habe innerhalb der Bundesregierung Vorschläge gemacht, um Deutschland aus einer schwierigen wirtschaftlichen Lage zu führen.
Der Kanzler habe stattdessen ein Papier mit Massnahmen vorgelegt, zu denen eine Aussetzung der Schuldenbremse zählten sowie «zusätzliche Massnahmen, die aber kaum geeignet erscheinen, eine substanzielle Wirtschaftswende zum Besseren herbeizuführen».
Lindner habe daraufhin vorgeschlagen, SPD, Grüne und FDP sollten gemeinsam den Weg zu einer vorgezogenen Bundestagswahl freimachen. Schliesslich habe der Kanzler erklärt, nicht mehr mit Lindner zusammenarbeiten zu wollen, und dadurch die Koalition aufgekündigt.
«Warum der Bundeskanzler den geordneten Weg zu Neuwahlen ausgeschlagen hat, um sodann selbst die Koalition aufzukündigen und in völlig unklaren Verhältnissen Neuwahlen anzustreben, erschliesst sich mir nicht», erklärte Buschmann. «Die Aufgabe als Bundesminister der Justiz hat mir viel Freude bereitet», schrieb der FDP-Politiker. (dpa)
09:16 Uhr
Donnerstag, 7. November
Scholz-Berater Kukies wird neuer deutscher Finanzminister
Der bisherige Wirtschaftsberater des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD), Jörg Kukies, wird Nachfolger des entlassenen Finanzministers Christian Lindner (FDP). Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen.
Der Sozialdemokrat Kukies ist derzeit Staatssekretär im Kanzleramt und gilt als einer der wichtigsten Berater von Kanzler Scholz. Er ist sein Mann für Wirtschaft und Finanzen und verhandelt für ihn die Abschlussdokumente der G7- und G20-Gipfel.
Scholz hatte am Mittwoch nach einem beispiellosen Zerwürfnis Lindner entlassen, der heute um 14.00 Uhr von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue seine Entlassungsurkunde erhalten soll. Kukies erhält dann seine Ernennungsurkunde. Scholz, der Lindner mehrfachen Vertrauensbruch und Kleinkariertheit vorgeworfen hat, wird wohl dabei sein - jedenfalls ist das so üblich. Lindner hatte anschliessend seinerseits Scholz einen «kalkulierten Bruch der Koalition» vorgeworfen.
Von den bisherigen vier FDP-Ministern will Bundesverkehrsminister Volker Wissing trotz des Bruchs der Ampel-Koalition bis zur geplanten Neuwahl im Amt bleiben, tritt aber aus der FDP aus. Die Posten von Justizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger werden nach dpa-Informationen voraussichtlich von Ministern übernommen, die bereits dem Kabinett angehören. (dpa)
08:43 Uhr
Donnerstag, 7. November
Deutscher Verkehrsminister verlässt seine Partei
Der liberale deutsche Verkehrsminister Volker Wissing will trotz des Bruchs der «Ampel»-Koalition im Amt bleiben und tritt aus der FDP aus. Er wolle nicht in eine andere Partei eintreten, sagte Wissing in Berlin.
Die Koalition aus Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen war am Mittwochabend unter anderem am Streit um den Haushalt zerbrochen. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte Finanzminister Christian Lindner, den FDP-Chef, entlassen. (dpa)
07:12 Uhr
Donnerstag, 7. November
Scholz geht auf Lindner los
Am Mittwochabend hatte Scholz vor der Presse eine regelrechte Philippika gegen Lindner gehalten: Er, Scholz, sei der FDP unter anderem durch ein Massnahmepaket zur Senkung der Energiepreise, für die Autoindustrie und steuerliche Abschreibungen für Unternehmen entgegengekommen. Darauf sei Lindner aber nicht eingegangen. Dieser handle verantwortungslos, habe Vertrauen gebrochen und agiere «kleinkariert parteipolitisch».
Den Artikel zum Streit finden Sie hier:
06:00 Uhr
Donnerstag, 7. November
Nach dem Ampel-Crash kommt Rot-Grün ohne Mehrheit
Nach dem dramatischen Platzen der Ampel-Koalition werden heute die Scherben zusammengekehrt. Der von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nach einem beispiellosen Zerwürfnis gefeuerte Finanzminister Christian Lindner (FDP) erhält am Nachmittag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Entlassungsurkunde. Scholz, der Lindner mehrfachen Vertrauensbruch und Kleinkariertheit vorgeworfen hat, wird wohl dabei sein - jedenfalls ist das so üblich.
Um einen fliessenden Übergang zu gewährleisten, soll sofort anschliessend Lindners Nachfolger oder Nachfolgerin die Ernennungsurkunde erhalten. Der Name soll schon feststehen, ist aber noch nicht öffentlich bekannt. Auch die Posten, die durch den angekündigten Rücktritt der anderen drei FDP-Minister frei werden, sollen möglicherweise schon heute neu besetzt werden - jeweils zwei von SPD und Grünen.
Rückkehr von Rot-Grün nach 19 Jahren
Damit gibt es dann zum ersten Mal seit 2005 wieder eine rot-grüne Regierung, die allerdings keine Mehrheit im Parlament hat. Sie soll auch nur für eine Übergangsphase bestehen, von der man noch nicht genau weiss, wie lange sie dauern wird. Am 15. Januar will Scholz die Vertrauensfrage im Bundestag stellen, um eine Neuwahl herbeizuführen. Die muss wegen zweier im Grundgesetz verankerter Fristen von insgesamt 81 Tagen spätestens Anfang April stattfinden. Als wahrscheinlichster Termin gilt derzeit der 30. März, weil dann in keinem Bundesland Ferien sind.
Der Bruch der ersten Koalition von SPD, Grünen und FDP auf Bundesebene war am Mittwochabend nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik erfolgt. Scholz hatte in den Verhandlungen unter anderem ein erneutes Aussetzen der Schuldenbremse gefordert. Angesichts der verfahrenen Lage hatte Lindner dann in der Sitzung des Koalitionsausschusses mit allen Partei- und Fraktionsspitzen am Mittwochabend vorgeschlagen, gemeinsam eine Neuwahl des Bundestags in die Wege zu leiten.
In einer anschliessenden Sitzungspause landete der Lindner-Vorschlag in der Öffentlichkeit, mehrere Medien berichteten darüber, woraufhin Scholz den Bundespräsidenten um die Entlassung seines Finanzministers bat. Als Reaktion zog die FDP alle ihre Minister aus dem schon seit vielen Monaten heillos zerstrittenen Dreier-Bündnis ab - und besiegelte somit das Ende der Ampel.
Scholz rechnet knallhart mit Lindner ab
Die offensichtlich schon länger vorbereitete Rede des Kanzlers, in der er den Rausschmiss Lindners ankündigte, wurde von vielen Parteifreunden später als der beste Auftritt seiner Amtszeit gelobt. Sie war vor allem eine knallharte Abrechnung mit dem Finanzminister.
Scholz warf Lindner vor, in der gemeinsamen Regierungszeit Kompromisse durch öffentlich inszenierten Streit übertönt und Gesetze sachfremd blockiert zu haben. «Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen.» Es gebe deswegen keine Basis für die weitere Zusammenarbeit. «So ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich.»
In einer SPD-Fraktionssitzung wurde Scholz dafür anschliessend mit stehendem Applaus und rhythmischem Klatschen gefeiert. Ein Moment, den der Kanzler in seiner Parteikarriere so wohl nur selten erlebt hat. Das Verhältnis des 66-Jährigen zu seiner Partei gilt als unterkühlt.
Lindner schlägt zurück: «Kalkulierter Bruch»
Der entlassene FDP-Chef gab die Vorwürfe an Scholz zurück. Der SPD-Politiker habe den Bruch der Ampel-Koalition gezielt herbeigeführt. «Sein genau vorbereitetes Statement vom heutigen Abend belegt, dass es Olaf Scholz längst nicht mehr um eine für alle tragfähige Einigung ging, sondern um einen kalkulierten Bruch dieser Koalition», sagte Lindner. Damit führe Scholz Deutschland in eine Phase der Unsicherheit.
Lindner warf SPD und Grünen vor, seine Vorschläge für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage nicht einmal als Beratungsgrundlage akzeptiert zu haben. Scholz habe die wirtschaftlichen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger lange verharmlost. «Seine Gegenvorschläge sind matt, unambitioniert und leisten keinen Beitrag, um die grundlegende Wachstumsschwäche unseres Landes zu überwinden, damit wir unseren Wohlstand, unsere soziale Sicherung und unsere ökologische Verantwortung erhalten können.»
Scholz habe ultimativ von ihm verlangt, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen, sagte Lindner. «Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich damit meinen Amtseid verletzt hätte. Deshalb hat der Bundeskanzler in der Sitzung des Koalitionsausschusses am heutigen Abend die Zusammenarbeit mit mir und der FDP aufgekündigt.»
Fraktionschef Christian Dürr kündigte an, alle FDP-Minister wollten ihren Rücktritt geschlossen beim Bundespräsidenten einreichen. Neben Lindner sind das Verkehrsminister Volker Wissing, Justizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger.
Neue Allianzen: Scholz will auf einmal auf Merz zugehen
SPD und Grüne werden ab heute ohne Mehrheit regieren und sind bei jeder Entscheidung im Parlament auf Unterstützung aus der Opposition angewiesen. Der Union kommt damit eine besondere Rolle zu.
Scholz will Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) in der Übergangsphase anbieten, rasch gemeinsam nach Lösungen zur Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung zu suchen. «Ich werde nun sehr schnell auch das Gespräch mit dem Oppositionsführer, mit Friedrich Merz suchen», sagte der Kanzler. Er wolle Merz anbieten, in zwei oder gerne auch noch mehr Fragen, «die entscheidend sind für unser Land, konstruktiv zusammenzuarbeiten: Bei der schnellen Stärkung unserer Wirtschaft und unserer Verteidigung.»
Die Wirtschaft könne nicht warten, bis Neuwahlen stattgefunden haben, ergänzte Scholz und fügte hinzu: «Und wir brauchen jetzt Klarheit, wie wir unsere Sicherheit und Verteidigung in den kommenden Jahren solide finanzieren, ohne dafür den Zusammenhalt im Land aufs Spiel zu setzen.» Auch mit dem Blick auf die Wahlen in Amerika sei das «vielleicht dringender denn je». Donald Trump hat die Präsidentschaftswahl in den USA kurz vor dem Ampel-Crash gewonnen.
Wie weit der Kanzler mit seinen Avancen an die Union kommt, wird man sehen. Scholz und Merz konkurrieren bei der nächsten Wahl um die Kanzlerschaft. Ihr persönliches Verhältnis gilt nach kernigen Auseinandersetzungen im Bundestag als ziemlich zerrüttet. Merz hat Scholz mal als «Klempner der Macht» bezeichnet. Und Scholz hat dem CDU-Chef erst im September in der Generaldebatte des Bundestags ins Gesicht gesagt: «Sie können es nicht, das ist die Wahrheit, mit der wir konfrontiert sind.»
Söder: «Jetzt darf keine Zeit mehr verloren werden»
Aus der Union kommen bereits Forderungen nach einer möglichst schnellen Bundestagswahl. «Die Ampel ist Geschichte. Jetzt darf keine Zeit mehr verloren werden», schrieb Söder beim Kurznachrichtendienst X. Deutschland brauche nun rasch Neuwahlen und eine neue Regierung. «Taktische Verzögerungen darf es nicht geben.»
00:19 Uhr
Donnerstag, 7. November
Aus für die Ampel: Scholz bricht mit Lindner
Die Ampel-Koalition ist am Ende. Nach einem erbitterten Richtungsstreit vor allem über den künftigen Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik kündigte Kanzler Olaf Scholz (SPD) an, Finanzminister Christian Lindner (FDP) aus dem Kabinett zu schmeissen. Die FDP zog daraufhin alle ihre Minister aus dem Dreier-Regierungsbündnis ab - und beendet somit effektiv die Ampel-Koalition.
Die Wählerinnen und Wähler können sich nun voraussichtlich im März auf vorgezogene Neuwahlen einstellen. Der Bruch der Koalition kommt kurz nach dem Sieg des republikanischen Kandidaten Donald Trump bei den US-Präsidentschaftswahlen.
Scholz will Vertrauensfrage stellen
Der Bundestag solle am 15. Januar über eine Vertrauensfrage abstimmen, sagte Scholz in Berlin. Erwartet wird, dass er diese verliert. In diesem Fall kann der Kanzler den Bundespräsidenten bitten, den Bundestag aufzulösen. Scholz sagte, der Bundestag könne den Weg für vorgezogene Neuwahlen freimachen. Diese könnten spätestens Ende März stattfinden.
Abrechnung mit Lindner
Scholz machte Lindner schwere Vorwürfe. Dem FDP-Politiker gehe es um die eigene Klientel und um das kurzfristige Überleben der eigenen Partei. Die Unternehmen im Land bräuchten Unterstützung, sagte er mit Blick auf die schwache Konjunktur und hohe Energiepreise. Er verwies zudem auf die internationale Lage mit den Kriegen in Nahost und der Ukraine. «Wer sich in einer solchen Lage, einer Lösung, einem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Als Bundeskanzler kann ich das nicht dulden.»
Scholz warf Lindner vor, in der gemeinsamen Regierungszeit Kompromisse durch öffentlich inszenierten Streit übertönt und Gesetze sachfremd blockiert zu haben. «Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen.» Es gebe keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit. «So ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich.» In einer SPD-Fraktionssitzung gab es lauten Applaus für Scholz.
Lindner schlägt zurück
Der entlassene FDP-Chef griff Scholz an. Der SPD-Politiker habe den Bruch der Ampel-Koalition gezielt herbeigeführt. «Sein genau vorbereitetes Statement vom heutigen Abend belegt, dass es Olaf Scholz längst nicht mehr um eine für alle tragfähige Einigung ging, sondern um einen kalkulierten Bruch dieser Koalition», sagte Lindner. Damit führe Scholz Deutschland in eine Phase der Unsicherheit.
Lindner warf SPD und Grünen vor, seine Vorschläge für eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage nicht einmal als Beratungsgrundlage akzeptiert zu haben. Scholz habe die wirtschaftlichen Sorgen der Bürgerinnen und Bürger lange verharmlost. «Seine Gegenvorschläge sind matt, unambitioniert und leisten keinen Beitrag, um die grundlegende Wachstumsschwäche unseres Landes zu überwinden, damit wir unseren Wohlstand, unsere soziale Sicherung und unsere ökologische Verantwortung erhalten können.»
Scholz habe ultimativ von ihm verlangt, die Schuldenbremse des Grundgesetzes auszusetzen, sagte Lindner. «Dem konnte ich nicht zustimmen, weil ich damit meinen Amtseid verletzt hätte. Deshalb hat der Bundeskanzler in der Sitzung des Koalitionsausschusses am heutigen Abend die Zusammenarbeit mit mir und der FDP aufgekündigt.» Fraktionschef Christian Dürr kündigte an, alle FDP-Minister wollten ihren Rücktritt geschlossen beim Bundespräsidenten einreichen. Neben Lindner sind das Verkehrsminister Volker Wissing, Justizminister Marco Buschmann und Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger.
Habeck: Ampel-Aus unnötig
Habeck bedauerte den Bruch der Koalition. Man habe sich häufig gestritten. «Dennoch will ich für uns sagen, dass sich das heute Abend falsch und nicht richtig anfühlt, geradezu tragisch an einem Tag wie diesem, wo Deutschland in Europa Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit zeigen muss», betonte er.
Obwohl Lösungsmöglichkeiten auf dem Tisch lagen, habe man die Haushaltslücke nicht schliessen können. «Die FDP war nicht bereit, diese Wege zu gehen.» Lindners Entlassung sei letztlich so folgerichtig wie unnötig gewesen. Bis zu möglichen Neuwahlen im Frühjahr sei die Regierung im Amt und «fest entschlossen, die Pflichten des Amtes vollumfänglich zu erfüllen», sagte Habeck. «Ab morgen geht die Arbeit weiter.»
Ringen um Lösungen scheitert
In mehreren Runden hatte Scholz in den vergangenen Tagen mit Lindner und Habeck nach Auswegen aus der Krise gesucht. Lindner hatte in einem Papier vor dem Hintergrund der Konjunkturflaute eine zum Teil völlige Neuausrichtung der Ampel-Politik gefordert. In dem Papier wird etwa als Sofortmassnahme die endgültige Abschaffung des Solidaritätszuschlags auch für Vielverdiener gefordert, ein sofortiger Stopp aller neuen Regulierungen sowie ein Kurswechsel in der Klimapolitik. Dagegen gab es grossen Widerstand bei SPD und Grünen. Weiter ging es darum, wie ein Milliardenloch im Haushalt 2025 gestopft werden kann.
Lindner hat schon vor einiger Zeit den «Herbst der Entscheidungen» für die Koalition ausgerufen, die seit Ende 2021 amtiert. Er meinte damit vor allem den Haushalt für das nächste Jahr, der eigentlich am 29. November im Bundestag verabschiedet werden sollte. Daneben ging es ihm um eine Strategie, wie Deutschland aus der Wirtschaftskrise geführt werden soll.
Scholz will auf Merz zugehen
Scholz will nun Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) anbieten, rasch gemeinsam nach Lösungen zur Stärkung der Wirtschaft und der Verteidigung zu suchen. «Ich werde nun sehr schnell auch das Gespräch mit dem Oppositionsführer, mit Friedrich Merz suchen», sagte der Kanzler. Er wolle Merz anbieten, in zwei oder gerne auch noch mehr Fragen, «die entscheidend sind für unser Land, konstruktiv zusammenzuarbeiten: Bei der schnellen Stärkung unserer Wirtschaft und unserer Verteidigung», sagte der Kanzler.
Die Wirtschaft könne nicht warten, bis Neuwahlen stattgefunden haben, ergänzte Scholz und fügte hinzu: «Und wir brauchen jetzt Klarheit, wie wir unsere Sicherheit und Verteidigung in den kommenden Jahren solide finanzieren, ohne dafür den Zusammenhalt im Land aufs Spiel zu setzen.» Auch mit dem Blick auf die Wahlen in Amerika sei das «vielleicht dringender denn je». (dpa)