Buchs im Kanton Aargau. Rund 8 Prozent aller Wohnungen stehen leer, dennoch sind viele neue Projekte in der Pipeline. Damit ist Buchs ein typischer Schauplatz für die aktuelle Phase im Immobilienmarkt-Boom. Schweizweit stehen über 15 Prozent aller neugebauten Wohnungen leer. Doch das Geld fliesst weiter ungebremst in Liegenschaften, die als Renditeobjekte vermietet werden sollen.
Das zeigen die entsprechenden Preisindizes. Jener des Immobilienberaters Iazi liegt heute rund 45 Prozent höher als 2008. Eine Zunahme von 63 Prozent zeigt für die gleiche Zeit der Preisindex von Wüest Partner. Beide Indizes erreichten jüngst neue Rekordwerte. Iazi-Chef Donato Scognamiglio sagt: «Es werden mittlerweile Preise bezahlt, die sich nur mit dem Prinzip Hoffnung erklären lassen.» Die Rechnung gehe nur auf, wenn die Preise weiter steigen.
Galoppierende Preise
Der Boom ist übergeschwappt. Vom Markt für selbst genutztes Wohneigentum auf den für Renditeliegenschaften. Iazi-Chef Scognamiglio sagt: «Jahrelang haben die Behörden die Hypothekarvergabe bei Eigenheimen schärfer reguliert. Nun stellen sie fest, dass die Preise in einem anderen Markt davongaloppieren.» Insbesondere Pensionskassen würden oft überhöhte Preise zahlen. «Keine Bank würde das finanzieren bei den heutigen Regeln, in der Altersvorsorge wird es durchgewunken.»
Die Behörden sind alarmiert. Ein Finma- Sprecher sagt, die Finanzaufsichtsbehörde sehe nach einer Phase einer gewissen Beruhigung «jüngst Anzeichen für ein mögliches Wiederanziehen der Dynamik am Schweizer Immobilienmarkt». Im Bereich der selbst genutzten Wohnliegenschaften lasse sich dies nur in geringem Ausmass beobachten. «Dagegen ist die Dynamik deutlicher im Bereich der Renditeliegenschaften, in dem Private und Unternehmen als Investoren auftreten. Hier steigen die Risiken im Markt merklich.»
In dieser neuen Boomphase scheint jedoch weniger klar, welche Behörde auf die Bremse treten könnte, wenn es notwendig wird. Im Markt für Renditeobjekte tummelt sich eine grosse Vielfalt an Investoren: unter anderem Pensionskassen, Versicherungen als Direktinvestoren, Immobilienfonds oder vermögende Privatpersonen, die Wohnungen weitervermieten wollen.
Die Oberaufsicht über die Pensionskassen kann nicht eingreifen. Die Nationalbank ist nicht verantwortlich und kann keine eigenen Massnahmen in eigener Regie treffen. Die Finma ist ausschliesslich für den Hypothekarmarkt zuständig. Scognamiglio sagt: «Der Boom scheint sich dorthin auszubreiten, wo es im Management von Risiken noch Nachholbedarf gibt.» Konkret nennt er die Pensionskassen.
Bei der Aufsichtsbehörde über die Pensionskassen, der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV), sagt Direktor Manfred Hüsler, es sei nicht festzustellen, dass sich der Anteil der Immobilien-Investitionen am gesamten Anlagevermögen deutlich erhöht habe. Grundsätzlich sei es so, dass die obersten Organe der Vorsorgeeinrichtungen selber für die Anlagestrategie und das Risikomanagement verantwortlich seien. «Die OAK BV hat keine Instrumente, hier einzugreifen.»
Diese Antwort findet Scognamiglio wenig beruhigend. «Wie sich der Anteil der Immobilien-Investitionen entwickelt hat, ist nahezu irrelevant.» Entscheidend sei vielmehr, zu welchen Preisen die Pensionskassen ihre Immobilien kaufen würden. «Und da sind Investitionen zu beobachten, bei denen es nicht viel verträgt, bis es zu einem Verlust kommt.» Die Rechnung würden später einmal die Versicherten präsentiert bekommen.
Die Finma betont, dass sie die bisherigen Massnahmen für den Hypothekarmarkt nicht nur die selbstbewohnten Liegenschaften betreffen würden, sondern auch die Renditeliegenschaften. «Die bisherigen Massnahmen – wie der antizyklische Kapitalpuffer, die angepasste Selbstregulierung – wirken bei den Beaufsichtigten in allen Immobiliensegmenten», sagt ein Sprecher.
Notfalls nachlegen
Daher könne man nicht beobachten, dass die bisher ergriffenen Massnahmen zu einer Verschiebung der Probleme führen würden. «Treiber für die starke Nachfrage nach Hypothekarkrediten sind vor allem steuerliche Anreize, extrem tiefe Zinsen in den letzten Jahren, der resultierende Anlagenotstand sowie der Glaube, Immobilien seien praktisch risikoarme Anlagen.»
Die Finma würde auch nachlegen können, falls es notwendig wird. «Nationalbank und Finma werden beurteilen, ob sich die bisherigen Massnahmen auch im aktuellen Kontext als genügend erweisen.» Es bleibe das Ziel der Behörden zu reagieren, wenn die getroffenen Massnahmen nicht den gewünschten Effekt hätten.
Die Schweiz wäre indessen nicht das erste Land, das feststellen muss: Bremst man einen Boom am einen Ort, beschleunigt er sich oftmals anderen Ortes. Grossbritannien beispielsweise legte seinen nationalen Banken höhere Eigenkapitalanforderungen auf, um damit deren Kreditvergabe zu bremsen. Daraufhin erhöhten jedoch ausländische Banken ihre Kreditvergabe merklich. Sie waren von den schärferen Regeln ausgenommen.