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Affäre Ramadan

Ramadan gibt Liaison mit Beschuldigerin zu

Der von vier Frauen wegen Vergewaltigung beschuldigte Schweizer Islamforscher Tariq Ramadan hat erstmals eine "einvernehmliche" sexuelle Beziehung mit einem seiner mutmasslichen Opfer eingestanden. Die Richter verzichteten allerdings, eine Klage der Frau zuzulassen.
Sitzt seit Februar in Frankreich in Haft: der Schweizer Islamwissenschaftler Tariq Ramadan. (Archivbild)
Bild: KEYSTONE/SALVATORE DI NOLFI

Nach einer mehrstündigen Anhörung vor einem Pariser Gericht am Dienstag sagte Ramadans Anwalt, die Richter hätten nach den Erklärungen seines Mandanten und der Präsentation von Dokumenten keine Notwendigkeit für eine Anklage in dem einen Fall gesehen.

Die Frau beschuldigte den heute 55-jährigen muslimischen Intellektuellen seit März. Sie behauptet, 2013 und 2014 neunmal in Frankreich, London und Brüssel von ihm vergewaltigt worden zu sein. Um die sexuelle Beziehung zu beweisen, legte sie ein mit Sperma beflecktes Kleid vor. Das Ergebnis eines DNS-Tests wird in Kürze erwartet. Das ehemalige Escort-Girl war eine der Protagonistinnen im Prozess rund um Begünstigungsvorwürfe gegen den ehemaligen IWF-Direktor Dominique Strauss-Kahn.

Hunderte Videos und Fotos

Die Verteidigung hatte am Montag "mehr als 300 Videos und mehr als 1000 Fotos" hinterlegt, die eine Beziehung zwischen dem Intellektuellen und der Frau bezeugen sollen. Sie hoffte darauf, die Richter von der Beziehung überzeugen zu können, damit diese auf eine Anklage in dem Fall verzichten.

Ramadan wird insgesamt von vier Frauen der Vergewaltigung beschuldigt. Er bestreitet die Vorwürfe. Vor den Richtern behauptete er, dass er mit zwei weiteren Klägerinnen nie Geschlechtsverkehr hatte. In der Schweiz reichte zudem eine vierte Frau eine Beschwerde ein. Ihre Aussage wurde von der französischen Justiz noch nicht behandelt.

Im Spital

Ramadan, der zwischen 1984 und 2004 an mehreren Genfer Schulen unterrichtete, sitzt seit seiner Festnahme durch die französischen Strafverfolgungsbehörden Anfang Februar in Haft. Sein Gesundheitszustand soll sich laut seiner Familie seither massiv verschlechtert haben. Er leidet demnach an Multipler Sklerose. Ein Antrag auf Freilassung wurde abgelehnt. Der Beschuldigte ist in einem Gefängnisspital untergebracht.

Ramadan ist in der Schweiz geboren, seine Vorfahren stammen aus Ägypten. Sein Grossvater war Hassan al-Banna, der Gründer der konservativen Muslimbruderschaft.

Kritiker werfen Ramadan vor, für eine besonders konservative und politische Auslegung des Islam einzutreten. Er selbst weist aber jede Nähe zu extremistischen Strömungen im Islam zurück. Die USA hatten ihm zwischen 2004 und 2010 aus politischen Gründen ein Einreiseverbot erteilt. (sda/afp)