Wenn in der EU auf Bedrohungen mit Nationalismus, mehr Eigenstaatlichkeit und Abschottung reagiert worden sei, "dann ist es immer zu einer Katastrophe gekommen", sagte Tusk am Mittwoch vor dem EU-Parlament in Strassburg.
Den Herausforderungen der Schuldenkrise und dem Druck durch Flüchtlingsströme müsse durch einer Stärkung der europäischen Institutionen und Solidarität unter den Ländern begegnet werden. "Je mehr Europa, desto weniger Krise", sagte er in seiner mehrfach von Applaus der Abgeordneten unterbrochenen Rede.
"Offenes Europa"
Damit spielte er auch auf den Streit über die künftige EU-Finanzplanung an. Die Forderungen der EU-Kommission gehen vielen Nettozahlern, allen voran Deutschland und Grossbritannien, zu weit. Tusk mahnte, die Debatte müsse "ohne Heuchelei" geführt werden.
Indirekt kritisierte er die Wiedereinführung von Grenzkontrollen in Dänemark. Er könne diejenigen verstehen, die angesichts des Migrationsdrucks beunruhigt seien, "aber sie haben die falschen Antworten gefunden". Polen werde sich in seiner sechsmonatigen Ratspräsidentschaft für den Erhalt der Schengen-Freiheit und zugleich für eine Stärkung der Aussengrenzen einsetzen.
Ein "offenes Europa" erklärte Tusk zu einer seiner drei Prioritäten als Ratschef. Ein geschütztes Europa ohne interne Barrieren müsse keine Angst haben, sich für andere zu öffnen. Konkret will er den Vertrag für den Beitritt Kroatiens unterzeichnen und mit der Ukraine den Assoziierungsvertrag.
Als weitere Priorität nannte er die Sicherheit der EU. Sicherheit im militärischen Sinn, aber auch bei der Energiepolitik und den Lebensmitteln. Dritter Schwerpunkt sollen Fortschritte beim Binnenmarkt werden. "Wenn wir Wohlstand wollen, müssen wir Barrieren abbauen und gleiche Regeln schaffen", sagte Tusk.