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Wahlen 2011

Piraten-Präsident nach Wahldebakel: «Ich trete zurück»

Schlimmer hätte es nicht kommen können. Die Piratenpartei verpasst nicht nur den Einzug in den Nationalrat, sondern bringt es in den Kantonen nur gerade auf weniger als 2 Prozent Wähleranteil. Die Folge: Präsident Simonet muss seinen Stuhl räumen.

Die Schweiz hat gewählt. Während die «neuen Mitteparteien» BDP und Grünliberale aus den Parlamentswahlen als strahlende Sieger hervorgegangen sind, wurde der Wahlsonntag für die Piratenpartei zum Desaster. So verpasste die neue Schweizer Protestpartei den Einzug in den Nationalrat deutlich. Der Piratenpräsident Denis Simonet muss denn auch rückblickend eingestehen: «Unser Ziel, in die grosse Kammer einzuziehen, haben wir verpasst».

Mangelhaftes Parteiprogramm

Den Grund für die Wahlschlappe ortet Simonet im mangelhaft ausgearbeiteten Parteiprogramm. Dies habe aber nichts mit mangelnder Kompetenz innerhalb der Partei, sondern vielmehr mit der Zeitfrage zu tun. «Die Piratenpartei Deutschland hatte fünf Jahre lang Zeit, um ihr Parteiprogramm auf Papier zu bringen». Diese Zeitspanne beinhaltet sowohl den strukturellen, wie auch den inhaltlichen Aufbau der Partei. «Uns blieben lediglich 24 Monate», sagt Simonet.

Zudem sieht Simonet in Sachen Drogenpolitik einen weiteren Beweis für die gewissenhafte Arbeit seiner Partei. «In diesem Bereich haben wir ein Positionspapier erarbeitet», sagt Simonet. Deshalb lässt sich Simonet und seine Piratenpartei nicht nur als Protestpartei abstempeln. Ausserdem will Simonet festhalten, dass es am Wochenende neben den Niederlagen auch Erfolge gegeben habe. «Der Wähleranteil von 1,9 Prozent in Basel-Stadt und die 0.9 Prozent in Genf und Waadt freuen uns sehr und motivieren, weiterzumachen».

Simonet sonnte sich lieber mit Wikileaks

Simonet freut das Resultat in der Westschweiz auch deshalb, weil dort der eigene Wahlkampf kaum stattfand. «Wir haben 80 Prozent der finanziellen Ressourcen in den Kantonen Bern und Zürich eingesetzt und waren trotz dieser Strategie in der Westschweiz erfolgreich». Bei dieser Gelegenheit gewährt Simonet der az Einblick in die Wahlschatulle der Partei. «Wir haben gegen 60000 Franken in den Wahlkampf investiert». Der Löwenanteil dieses Geldes stamme von den Mitgliedern, die übrigen 10000 Franken von der Firma DataCell AG.

Trotz der Euphorie über die bescheidenen Resultate in Basel und der Westschweiz Trotzdem weiss selbst Simonet: «Protest und Wikileaks reichen nicht aus, um in den Nationalrat einzuziehen». Tatsächlich bewegte sich die Piratenpartei und insbesondere dessen Präsident Denis Simonet lieber im Windschatten von «Wikileaks»-Gründer Julian Assange anstatt den Fokus auf die nationalen Schwerpunkte Migration, Sozialwerke, die Euro-Krise oder die Fertigstellung des Parteiprogramms zu legen. Allerdings verteidigt Simonet die Kooperation mit Assange bis heute. «Es war nicht so, dass wir mit Wikileaks Wahlpropaganda betrieben haben. Vielmehr war es so, dass wir es richtig finden, wenn Ungerechtigkeiten und Missstände an die Öffentlichkeit gelangen».

Simonet räumt seinen Sessel

Derweil bleibt die Wahlniederlage der Piratenpartei nicht ohne Folgen. Im Gespräch mit der az kündigt Präsident Simonet seinen Rücktritt an - um diesen sogleich wieder zu relativieren. «Ich trete zwar nicht wegen den Wahlen zurück, werde aber nächsten März an der ordentlichen Versammlung nicht mehr als Präsident kandidieren».

Simonet verspricht jedoch, der Partei weiter erhalten zu bleiben. Er wird sich laut eigenen Angaben um die Kontakte nach aussen kümmern und an der Medienarbeit beteiligen. «Somit ist es kein Rücktritt, sondern ein ‹jetzt darf auch mal ein anderer ran›». Weitere personelle Veränderungen seien nicht in Sicht. «Es war unser erster nationaler Wahlkampf. Abgesehen davon sind wir gerade einmal zwei Jahre jung».

Digitalpolitik hat Priorität

Vielmehr benötige die Partei neue Mitglieder - auch die Vervollständigung des Parteibuches voranzutreiben. Bereits heute arbeitet die neue politische Kraft laut Simonet an dieser Mission. Dabei soll die Digitalpolitik zum Steckenpferd der Partei werden.