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Geldpolitik

Rekordgewinn: Die Nationalbank wetzt ihre tiefe Bilanzscharte aus

Ein Jahresergebnis von 80 Milliarden Franken macht das Schweizer Noteninstitut wieder ausschüttungsfähig. Doch der Gewinn ist auch das Resultat glücklicher Umstände. Bund und Kantone sind gut beraten bei der Budgetplanung vorsichtig zu bleiben.
Nationalbank-Chef Martin Schlegel verteilt drei Milliarden Franken an die öffentliche Hand.
Bild: Peter Schneider/Keystone

Die Schweizerische Nationalbank hat im vergangenen Jahr nach eigener «provisorischer» Berechnung einen Gewinn von 80 Milliarden Franken eingefahren. Das Rekordergebnis kommt nicht überraschend, nachdem der Überschuss schon in den ersten neun Monaten 2024 über 60 Milliarden Franken erreicht hatte.

Der Bilanzverlust 2023 in Höhe von 53 Milliarden Franken, der noch vom Rekordverlust des Jahres 2022 von 133 Milliarden Franken herrührte, ist somit vollständig getilgt und hat sich in einen Bilanzgewinn von 16 Milliarden Franken verwandelt. Dieser übersteigt nicht nur die Untergrenze von 2 Milliarden Franken, die für eine Mindestausschüttung an Bund und Kantone in gleicher Höhe erforderlich sind. Der Bilanzgewinn hat auch die nächsthöhere Marke von 10 Milliarden Franken geknackt.

Willkommener Zustupf für den Bundeshaushalt

Deshalb zahlt die SNB heuer, basierend auf der Gewinnausschüttungsvereinbarung 2021 mit dem Bund zwei Milliarden an die Kantone und eine Milliarde Franken an den Bund aus. Die Ausschüttungsvereinbarung sieht vor, dass die Gewinnabführung beim Erreichen jeder weiteren Zehnmilliarden-Marke um eine weitere Milliarde steigt, bis bei einem Bilanzgewinn von 40 Milliarden Franken das Ausschüttungsmaximum von 6 Milliarden Franken erreicht ist.

In den vergangen zwei Jahren waren die öffentlichen Haushalte leer ausgegangen. Der aktuelle finanzielle Zustupf kommt vor allem dem Bund entgegen. Finanzministerin Karin Keller-Sutter müht sich derzeit damit ab, neue Milliardenausgaben, unter anderem für das Militär, durch Sparmassnahmen zu kompensieren, um den Auflagen der Schuldenbremse gerecht zu werden.

Doch die Säckelmeister sind gut beraten in der weiteren Budgetplanung nicht allzu sehr auf zusätzliche Notenbankausschüttungen abzustellen. Das vorliegende SNB-Ergebnis ist nämlich unter ungewohnt vorteilhaften Bedingungen zustande gekommen.

Glückliche Umstände

So resultierten 2024 sowohl aus dem starken Anstieg des Goldpreises (+35 Prozent) wie auch aus der Aufwertung des Dollars zum Franken (+6 Prozent) ein kumulierter Gewinnbeitrag von schätzungsweise 45 Milliarden Franken. Erfahrungsgemäss gingen ein starker Dollar und höhere Zinsen in den USA mit einem Rückgang des Goldpreises einher, schreibt die UBS in einer Analyse. Dass es 2024 anders war, sei mitunter den umfangreichen Goldeinkäufen vieler Zentralbanken in den Schwellenländern zu verdanken gewesen, analysiert UBS.

Die Bankanalysten verweisen zudem auf die «starke Überbewertung» des Dollars, dessen Abwertungspotenzial durch die – wohl nicht zuletzt politisch bedingte – Aufwertung des «Greenback» im vergangenen Jahr weiter gestiegen sei. Die Entwicklung der Wechselkurse ist für das SNB-Ergebnis deshalb so wichtig, weil von den in der Bilanz gehorteten Devisenanlagen von 744 Milliarden Franken (Stand Ende November) je rund 38 Prozent in Dollar, beziehungsweise in Euro denominiert sind.

Einen Viertel der Devisenanlagen hat die SNB in Aktien ausländischer Firmen investiert. Auch hier profitierte das Noteninstitut in hohem Mass von dem hervorragenden internationalen Börsenklima, das sich 2024 unter anderem in einem Anstieg des MSCI-Weltaktienindex in Franken gerechnet um rund 25 Prozent manifestierte.

Die SNB verfolgt nach eigenen Angaben eine indexnahe Anlagepolitik mit den Aktien. Somit dürfte sie auch im grossen Stil bei den sieben amerikanischen Überflieger-Aktien Apple, Microsoft, Nvidia, Amazon, Meta (Facebook) und Alphabet (Google) exponiert sein. Die «Aktien der Glorreichen Sieben» repräsentieren rund 30 Prozent des Gesamtwertes aller US-Aktien und sie steuerten 2024 rund 70 Prozent zur Performance des amerikanischen S&P-500-Index bei.

Die Nationalbank wandelt somit auf einem schmalen Grat, was ihre weitere Gewinnentwicklung anbelangt, zumal auch der globale Trend zu tieferen Zinsen den Bilanzwert ihres riesigen Anleihenportefeuilles tendenziell schmälert. Aber die SNB generiert auf ihren ausländischen Aktien- und Anleihenbeständen auch jährliche Dividenden- und Zinserträge in Höhe von 13 Milliarden Franken (2023), die in der Kombination mit den Einnahmen auf Frankenlagen ein durchschnittliches Gewinnpotenzial von rund 15 Milliarden Franken pro Jahr ergeben. Die Schwankungen um den Mittelwert sind allerdings sehr gross, wie auch das vorliegende Ergebnis wieder eindrücklich zeigt.