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Schweiz

Nach Flugzeugabstürzen wird Kritik an fehlender Ausrüstung laut

Kollisionswarngeräte können bei der Untersuchung wichtige Aufschlüsse liefern. Im Fall Hergiswil ist der Zugriff möglich, die Ju-52 verfügt hingegen über kein System. Das sorgt für Unverständnis.
Undatierte Aufnahme eines JU-52-Flugzeugs der JU-AIR in der Luft. Eine JU-52 der JU-AIR ist am vergangenen Samstagnachmittag beim Piz Segnas oberhalb von Flims abgestürzt. (Bild: PD)

Balz Bruder

Die beiden Flugzeugunglücke vom vergangenen Samstag beschäftigen die Aviatiker weiter – vor allem mit Blick auf die Ursachenforschung. Die Sicherheits-untersuchungsstelle (Sust) ist mit Hochdruck an den Abklärungen, wie es zu den tragischen Ereignissen am Piz Segnas in Flims und am Lopper in Hergiswil kommen konnte, die insgesamt 24 Menschenleben forderten.

Eine wichtige Rolle bei den Untersuchungen kommen im Fall Hergiswil den Kollisionswarngeräten (Flarm) zu. Die SD-Karten, die als Speichermedien dienten, verbrannten zwar, doch die Wahrscheinlichkeit, dass das Flarm mit Kollisionswarngeräten in anderen Flugzeugen kommuniziert hat, ist gross. Sust-Untersuchungsleiter Florian Reitz bestätigt gegenüber dieser Zeitung denn auch, es habe sich tatsächlich ein anderes Flugzeug in der Nähe befunden, über dessen Daten seine Stelle verfüge. «Sie geben wichtige Aufschlüsse über den genauen Flugweg in den letzten Sekunden», sagt Reitz.

Keine Geräte an Bord, die Daten aufzeichnen

Was in Hergiswil möglich ist, kommt in Flims aus einem einfachen Grund nicht in Frage: Die Flugzeuge der Ju-Air sind nicht mit Kollisionswarngeräten ausgerüstet, wie Urs Holderegger, Sprecher des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl), auf Anfrage bestätigt. Daniel W. Knecht, Leiter Aviatik bei der Sust, ergänzt: «Die HB-HOT hat keine Geräte eingebaut, die Daten aufzeichnen.» Demnach kann es auf diesem Weg auch keinen Datenaustausch mit anderen Flugzeugen gegeben haben – auch nicht mit Segelflugzeugen im Absturzgebiet beispielsweise.

Dass die Ju-52 über kein Flarm verfügt – auch wenn es vom Bazl nicht vorgeschrieben ist –, kann der Zentralpräsident des Aero-Clubs der Schweiz (AeCS), Matthias Samuel Jauslin, nicht verstehen. Der Aargauer FDP-Nationalrat, der selber aktiver Segelflugpilot ist, hat schon vor einem halben Jahr in der Verbandszeitschrift «Aero Revue» sein Unverständnis über die fehlende Kollisionswarngeräte in den Maschinen zum Ausdruck gebracht. Wörtlich schrieb er damals: «Dass neben der sorgfältigen Luftraumüberwachung Geräte wie Flarm wertvolle Dienste leisteten, ist in der Leichtfliegerei längst angekommen.»

Ju-Air befand Nachrüstung bisher als unnötig

Jauslins Kritik bezog sich dabei auf eine Aussage von Ju-Air-Chef Kurt Waldmeier, der seinerseits am 4. Februar 2018 in der «Sonntags-Zeitung» gesagt hatte, es sei «unnötig», die drei Ju-52 mit einem Flarm-System nachzurüsten. Die Flieger verfügten über einen Transponder – ein Gerät, das Funksignale empfängt und automatisch beantwortet – und seien dadurch für die Fluglotsen sichtbar. Feststellungen, die Jauslin umso weniger verstehen konnte, als die Sust selber vor gut zwei Jahren, als eine Ju-52 in der Innerschweiz beinahe mit einem Delta-Segler kollidiert war, kein Verständnis dafür aufbrachte, dass das Flugzeug nicht mit einem Flarm-System ausgerüstet ist. Ebenso wenig konnte Jauslin schon damals das Gebaren der ­Ju-Air-Führung nachvollziehen. Und übte geharnischte Kritik an CEO Waldmeier.

Auf Nachfrage betonte AeCS-Zentralpräsident Jauslin gestern, seine Gedanken seien nach den Unglücksfällen insbesondere bei den Angehörigen. Klar bleibt für ihn gleichzeitig, dass im Fall Flims ein Flarm-System den Unfall zwar nicht hätte verhindern können. Die Kollisionswarngeräte hätten aber wohl einen Beitrag zur Rekonstruktion des Unfallherganges leisten können.