notifications
Notfall

Mit Ultraschall schneller zum Gips - oder nach Hause

Hat das Kind den Arm gebrochen oder nicht? Diese Frage klären  Spitäler in der Schweiz neuerdings per Ultraschall. Die Methode ist im Vergleich zum Röntgen effizienter und für die Kleinen weniger schmerzhaft.

Nicht nur Röntgenbilder zeigen einen Knochenbruch, sondern auch die Diagnostik mittels Ultraschall.  
Bild: Getty

Es sind gute Neuigkeiten für kleine Patientinnen und Patienten: Anstatt sofort zu röntgen, wenn Verdacht auf eine Fraktur besteht, können Arme und Hände zuerst per Ultraschall untersucht werden. Geröngt wird nur noch, wenn sich der Bruch bestätigt. Das Vorgehen ist am Universitäts-Kinderspital beider Basel (UKBB) für Handgelenksverletzungen neu Standard. Vorangegangen war eine Studie mit 400 Kindern zwischen 1 und 18 Jahren, die belegte, dass Notfallärztinnen und -ärzte Brüche am Arm oder an der Hand per Ultraschall genauso zuverlässig feststellen konnten wie mit einer Röntgenaufnahme.

Das Spital schreibt in einer Medienmitteilung von einem «Paradigmenwechsel». Die Änderung kann in der Praxis denn auch einiges vereinfachen: Die Kinder können direkt im Notfall am Bett untersucht werden, sie müssen den Arm nicht speziell hinlegen wie fürs Röntgen und haben entsprechend weniger Schmerzen. Zudem dauert die Untersuchung per Ultraschallgerät im Schnitt weniger lange. «Im Rahmen der Studie dauerte die Erstellung der Röntgenbilder im Durchschnitt 16 Minuten, während Ultraschalluntersuchungen im Mittel bloss knapp 4 Minuten beanspruchten», sagt David Troxler, Studienleiter und Oberarzt auf der Notfallstation des UKBB. Zeit werde auch gespart, da die Kinder nicht zum Röntgenraum und wieder zurück gebracht werden müssen.

Kein Radiologe nötig

Aber macht der Ultraschall dasselbe sichtbar, wie die Röntgenaufnahme? Troxler sagt: «Wir sehen die Brüche am Arm oder der Hand mit dem Ultraschall genauso zuverlässig wie mit dem Röntgen. Für die konkrete Behandlung eines Bruchs benötigen wir aber immer noch das detaillierte Röntgenbild.» Auch Grünholzbrüche, bei welchen die Knochenhaut teils noch intakt ist, würden beim Ultraschall zuverlässig entdeckt. «Auf der einen Seite ist die Knochenhaut auch beim Grünholzbruch verletzt, das erkennt man beim Ultraschall, mit dem man ja den Arm von allen Seiten anschaut.» Auch könne man zum Beispiel Blutungen sehen, die auf eine Fraktur hindeuten.

Wie die Studie gezeigt hat, ist eine Notfallbehandlung ohne Radiologen möglich ist und damit primär eine vereinfachte, schnellere Diagnose. In der Praxis stellt sich durchschnittlich bei jedem zweiten Patienten heraus, dass er keinen Bruch hat und wieder nach Hause darf. Entsprechend fallen unnötige Röntgenaufnahmen und damit unnötige Bestrahlungen von Kindern weg. Allerdings sei die Bestrahlung extrem gering, betont Troxler. «Beim Röntgen eines Kinderarms nimmt das Kind einen Hundertstel der jährlichen Strahlendosis auf, die es normalerweise in der Natur aufnehmen würde. Dies entspricht in etwa einem Flug von Basel nach Mallorca.»

Kostenneutrale Lösung

Neben dem UKBB haben auch das Inselspital Bern, die Kantonsspitäler Freiburg und Luzern, das Universitätsspital Genf und die Clinique de la Tour in Genf die Ultraschall-Untersuchung bei Verletzungen am Handgelenk eingeführt, parallel dazu läuft eine Umsetzungsstudie. Mit dieser wolle man aufzeigen, dass unkomplizierte Brüche auch allein mit Ultraschall - also ganz ohne Röntgenbild - diagnostiziert werden können. Längerfristig schätzt David Troxler, dass Ultraschall bis zu 80 Prozent der heutigen Röntgenaufnahmen infolge eines Knochenbruchverdachts ersetzen kann. Die Kosten für das veränderte Verfahren sind etwa gleich hoch, wie für die traditionellen Röntgenaufnahmen.