Seit gut zwei Wochen schmort Ex-Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz in U-Haft. Und wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe sich bei der Übernahme von Firmen durch die Raiffeisen-Bank und den Zahlungsabwickler Aduno unrechtmässig bereichert.
Doch Dokumente, die der Sonntagszeitung vorliegen, zeigen: Die derzeit umstrittenen und undurchsichtigen Geheimdeals des Ex-Raiffeisen-Chefs Pierin Vincenz brachten dem Manager laut einer Meldung der "SonntagsZeitung" rund 4,7 Millionen Franken ein.
Ein gutes Geschäft für Vincenz und den ebenfalls in Untersuchungshaft sitzenden Geschäftspartner Beat Stocker war der Kauf der Firma Commtrain durch Aduno. Sie erhielten dank einer verdeckten Beteiligung 4,2 Millionen Franken, «wovon Herr Vincenz 1,7 Millionen Franken erhielt». Bei einem zweiten Deal erhielt Vincenz rund 3 Millionen Franken, angeblich als Darlehen. Die Staatsanwaltschaft spricht allerdings von «möglicherweise zu unrecht erhaltenen Vermögenswerten». Angeblich soll Vincenz in diesem Zusammenhang seinen Nachfolger, Patrik Gisel, belogen haben.
Vincenz drohte Journalisten mit Klage
Gleichzeitig schreibt der «SonntagsBlick» in derselben Angelegenheit, dass Vincenz und der ebenfalls in Untersuchungshaft sitzende Geschäftspartner Beat Stocker von Anfang an versucht hätten, die Berichterstattung über die heiklen Transaktionen zu verhindern und mit juristischen Konsequenzen gedroht hätten.
"Jegliche Publikation wird auch juristische Konsequenzen haben", drohte Vincenz am 6. April 2016 in einem SMS an Lukas Hässig, dem Inhaber und Autor von "Inside Paradeplatz". Hässig publizierte trotzdem – und wurde weiterhin unter Druck gesetzt.
Zu einer formellen Klage sei es aber zum Beispiel bei Publikationen auf «Inside Paradeplatz» - trotz zahlreicher juristischer Manöver - nicht gekommen.
Vincenz und Stocker erwirken beim Handelsgericht Zürich sofort eine superprovisorische Verfügung. Hässig muss den Artikel löschen – und ihm droht eine Schadenersatzforderung von 100'000 Franken. Daraufhin gibt es Gespräche über einen aussergerichtlichen Vergleich.
Vincenz bestritt stets, dass er illegal gehandelt habe. Ein Gutachten von Aktienrechtler Peter Forstmoser, das den Aduno-Deal rechtfertigen sollte, entpuppt sich jetzt aber als wertlos, denn der renommierte Jurist war nicht unabhängig. Wie er selber zugibt, vertrat sein Büropartner gleichzeitig Vincenz als Privatanwalt. Bezahlt hat alle Anwaltsrechnungen die Raiffeisen-Gruppe.
Rüegg-Stürm stolperte über goldenen Fallschirm
Einen wertvollen Verbündeten hatte Vincenz im abtretenden Raiffeisen-Präsidenten Johannes Rüegg-Stürm. Dieser versuchte ihm beim Abgang einen fünfjährigen Beratervertrag mit einem jährlichen Honorar von 500'000 Franken zuzuschanzen, wie die Sonntagszeitung weiter schreibt. Rüegg-Stürm kam damit zwar nicht durch – er wurde vom Verwaltungsrat gestoppt. Aber diese Episode spielte eine wesentliche Rolle bei der Frage, ob er gehen müsse. Bereits vor einem Monat kam es zu einer Revolte der Raiffeisen-Regionalpräsidenten. Sie verlangten Rüegg-Stürms Abgang. Sie bekräftigten diese Forderung, nachdem der Präsident vergangenen Sonntag angekündigt hatte, noch mindestens bis 2020 bleiben zu wollen.