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Medienstreich

«#miomiogate» oder wie «Bild» auf die plumpe Verarsche eines Satiremagazins reinfiel

Das deutsche Satiremagazin «Titanic» soll die «Bild» angeschmiert haben. Aber so richtig. Mithilfe von gefakten Mails und dem russischen Internet-Toll «Juri».

Vorhang auf für den jüngsten Medienstreich. Es spielen mit:

  • «Titanic», das zweitgrösste Satiremagazin Deutschlands,
  • «Bild», die auflagenstärkste Zeitung Deutschlands,
  • der russische Internet-Troll Juri
  • Juso-Chef Kevin Kühnert.

Der Streich beginnt mit einem vermeintlich streng geheimen E-Mail-Verlauf zwischen dem Juso-Chef Kevin Kühnert und einem Russen namens «Juri». Per Mail erkundigt sich Kevin Kühnert, der Kopf hinter der NoGroKo-Kampagne, nach dem Lieblingsgetränk des gemeinsamen Bekannten J. Juri schreibt darauf: «Mio Mio Mate Ginger» – die vertrauensbildende Antwort.

Kühnert erkundigt sich darauf bei Juri, was er ihm denn anbieten könne «um die NoGroKo-Kampagne zu unterstützen». Juri bietet Twitter- und Facebook-Bots. Bots, die den Hashtag #NoGroKo pushen oder direkt gegen Martin Schulz hetzen. Der Mail-Verlauf erinnert an die Vorwürfe, die auch die US-Präsidentschaftswahl von Donald Tromp dominierten: Dass russische Trolls Trump bei seinem Wahlkampf unterstützt haben.

Dieser E-Mail-Verlauf wird der deutschen «Bild» zugespielt. Anonym, versteht sich. Diese gehen auf die Geschichte ein und drucken sie am 16. Februar auf die Titelseite. Am Ende des Artikels ist zwar zu lesen, dass es «für die Echtheit der E-Mails keine Beweise gebe», für die Frontgeschichte hat's dennoch gereicht.

Fünf Tage später schaltet sich das Satiremagazin «Titanic» ein. «Die Bild-Zeitung ist einem Fake der Titanic aufgesessen», heisst es im Online-Artikel und weiter: «Eine anonyme Mail, zwei, drei Anrufe – und ‹Bild› druckt alles, was ihnen in die Agenda passt.» Die Bild soll folglich der Titanic auf den Leim gekrochen sein.

Julian Reichelt, «Bild»-Chefredaktor meldete sich am Nachmittag über Twitter zu Wort. Die «Titanic» habe versucht, «journalistische Arbeit zu diskreditieren», schreibt Reichelt und verteidigt den Autor der Geschichte.

Doch für die Bild ist es schon zu spät. Das halbe Netz lacht über den Vorfall. Selbst Juso-Chef Kevin Kühnert twitterte zum #miomiogate. Und gegenüber dem «Spiegel» sagte Kühnert: «Wir haben von Anfang an gesagt, dass das eine plumpe Fälschung ist. Jetzt ist es halt ein witziger Fake. Weniger witzig ist, dass ‹Bild› auf diese fragwürdigen Informationen eine mehrtägige Berichterstattung aufgebaut hat, die jeder Grundlage entbehrte.»

(ohe)