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Italien

Premierministerin Meloni trauert um erschossene Freundin – der Täter lebte ohne Strom und Wasseranschluss

Die italienische Regierungschefin hat einen Verlust im eigenen Freundeskreis zu beklagen. Bei einem Angriff auf eine Versammlung wurde eine ihrer Freundinnen getötet.

In Trauer: Italiens Premierminsterin Giorgia Meloni.
Bild: Andreea Alexandru / AP

Noch am Sonntagabend postete Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni ein Selfie auf ihrer Facebook-Seite, das sie mit der 51-jährigen Nicoletta G. zeigt. Beide strahlen. Jetzt lebt diese nicht mehr.

«Nicoletta war meine Freundin. Sie hinterlässt ihren Mann Giovanni und ein tolles Kind im Alter von 10 Jahren, Lorenzo», schrieb Meloni zum Bild. Das gepostete Foto stammt von der Geburtstagsfeier des Opfers vor einigen Wochen: Nicoletta sei glücklich und sehr schön gewesen in ihrem neuen, roten Kleid.

Genau so werde sie ihre Freundin in Erinnerung behalten. Sie hoffe, dass die Justiz nun so schnell wie möglich ihren Lauf nehme – wobei «Gerechtigkeit» hier nicht das richtige Wort sei. «Denn es ist ungerecht, so sterben zu müssen», schrieb Meloni weiter.

Die Freundin war in einer Bar im Römer Aussenquartier Fidene zusammen mit zwei weiteren Frauen während der Eigentümerversammlung einer Ferienhaussiedlung in den Sabiner Bergen nordöstlich von Rom erschossen worden; vier weitere Personen wurden verletzt, eine davon schwer.

Vom Schicksal vielfach gebeutelter Täter

Beim Täter handelt es sich um einen 57-jährigen Mann, der in der Siedlung ebenfalls ein Ferienhaus besitzt und der mit den anderen Mitgliedern des Ferienhaus-Konsortiums seit Jahren im Streit liegt; unter anderem deshalb, weil er mit der Bezahlung der Beiträge im Rückstand ist.

Am Tag der Tat hatte der Täter in einem Schiessstand in Rom eine Pistole entwendet; ein Waffenschein war ihm wegen der ewigen Streitereien mit seinen Miteigentümern von den Behörden verwehrt worden. Noch während der Schiesserei konnte er von einem Gast der Bar überwältigt und der Polizei übergeben werden. Ein politischer oder gar terroristischer Hintergrund konnte von Anfang an ausgeschlossen werden.

Der Täter, ein ehemaliger Geschäftsmann und Versicherungsvertreter, der laut Medienberichten früher auch für diverse Botschaften in Rom tätig gewesen war, hatte in den letzten Jahren mehrere Niederlagen und Schicksalsschläge erlitten: Zuerst verliess ihn seine Frau, dann kam sein 14-jähriger Sohn bei einem tragischen Schlitten-Unfall ums Leben, schliesslich verlor er, psychisch angeschlagen, auch seine Arbeitsstelle. Der verbitterte Mann lebte, als einziger der Miteigentümer, ganzjährig in seinem nie fertiggestellten Ferienhaus in der Siedlung, ohne Wasser und ohne regulären Stromanschluss.

Entsetzen im ganzen Land

Das Tötungsdelikt von Fidene hat in Italien Entsetzen und Betroffenheit ausgelöst. Und natürlich ist es ungewöhnlich, dass die Regierungschefin ein Opfer persönlich kannte und damit von der Bluttat auf ihre Weise ebenfalls betroffen ist.

Carabineri sperrten am Sonntag den Tatort ab.
Bild: Gregorio Borgia / AP

Dass die 45-jährige Meloni ihre private Trauer öffentlich und mit einem Selfie mit der Ermordeten in den sozialen Medien ausdrückte, ist wohl ein Zeichen der Zeit. Noch vor wenigen Jahren wäre ein solcher präsidialer Facebook-Eintrag als wenig staatsmännisch empfunden worden, und ihr 74-jähriger Vorgänger Mario Draghi hätte mit Sicherheit die Finger davon gelassen.

Bei Giorgia Meloni, die ohne Vater im Römer Arbeiterquartier Garbatella aufgewachsen ist und die auch als Ministerpräsidentin bisher wenig Wert auf Etikette gelegt hat, wirkt es aber immerhin authentisch.