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Krise

Mehr Geld für Rentner und höhere Beiträge an die Prämienverbilligung: So will der Nationalrat die Kaufkraft stärken

Einen bunten Strauss an Forderungen hatten die Politiker eingereicht, um die Teuerung abzufedern. Je ein Vorstoss von der Mitte und der SP fanden an der ausserordentlichen Session eine Mehrheit.

Bundesrat Ueli Maurer wehrte sich im Nationalrat gegen die Begehrlichkeiten aus dem Parlament. 
Bild: Keystone

Die Kaufkraft muss erhalten werden. Darin ist sich das Parlament einig. Ohne Kaufkraft kommt die Wirtschaft noch mehr ins Stottern und am Ende bleibt jedem Bürger und jeder Bürgerin weniger im Portemonnaie. Schwindende Kaufkraft heisst auch mehr Armut. Aber da Kaufkraft irgendwie sexier klingt, pflügte sich der Nationalrat am Mittwoch unter diesem Titel durch eine ausserordentliche Session und stritt über Konzepte, die ebendiese Kraft erhalten sollen.

Naturgemäss sind die Rezepte aus den verschiedenen politischen Küchen unterschiedlich. Mitte und SP forderten höhere Renten und mehr Geld für die Prämienverbilligung, Die SVP wollte den Hebel dagegen mehrheitlich bei geringeren Abgaben ansetzen. Die Volkspartei versuchte die Gelegenheit auch zu nutzen, um etwa den Eigenmietwert für Rentner abzuschaffen oder die Mineralölsteuer aufzuheben.

Von Brandstifter und Feuerwehrmännern

Teilweise driftete der Ton ins Gehässige. Alfred Heer (SVP/ZH) warf der links-grünen Seite vor, schuld an den steigenden Preisen zu sein. Sie seien «Brandstifter, die sich nun als Feuerwehr aufspielen», so Heer. Jacqueline Badran (SP/ZH) gab gelassen und doch pointiert zurück, dass es der SVP gar nicht um die Geringverdiener gehe. Bei gewissen Vorschlägen von der rechten Seite würde hauptsächlich gut verdienende Personen profitieren – aber auch nur in der Höhe von einem «Viertel von einem Gucci-Täschli», so Badran.

Mitte-Präsident Gerhard Pfister (ZG) forderte das Parlament angesichts der krawalligen Debatte auf, die Krise «tatkräftig und nicht nur wortkräftig» zu bekämpfen. Er warf auch dem Bundesrat Untätigkeit vor: Die Regierung lehne alle die Vorstösse ab, präsentiere aber keine eigenen Lösungen, so Pfister. «Tun sie etwas. Dafür wurden sie gewählt», so Pfister. Regine Sauter (FDP/ZH) erteilte allen Forderungen eine liberale Absage. Die eingereichten Vorstösse seien gar keine echten Lösungen, sondern es gehe einzig darum «Zeichen zu setzen». Derzeit seien Eingriffe in den Markt unnötig, dieser funktioniere weiterhin, so Sauter.

Ans Wahljahr denken

Bundesrat Ueli Maurer unterstellte den Politikerinnen und Politiker, dass sie mehr an das kommende Wahljahr als an die tatsächlichen Sorgen der Bevölkerung denken. Er wehrte sich gegen den Vorwurf der Untätigkeit, die Schweiz stehe im europäischen Vergleich bei der Teuerung noch gut da. «Sollen wir schon bei den ersten Anzeichen unser ganzes Pulver verschiessen?», fragte Maurer rhetorisch. Es könnten sich auch noch zahlreiche Dinge in den nächsten Monaten ändern, derzeit sei noch kein Handlungsbedarf gegeben.

Das sah die grosse Kammer mehrheitlich anders: Die Motionen der Mitte- und der SP-Fraktionen wurden jeweils mit knapper Mehrheit (99 zu 92, bzw: 97 zu 95 Stimmen) angenommen. Die Mitte will, dass bei den AHV-Renten ein vollständiger Teuerungsausgleich gemacht wird, die SP möchte für das kommenden Jahr den Beitrag des Bundes an die Prämienverbilligung um 30 Prozent erhöhen. Chancenlos blieben die Vorschläge der SVP. Als Nächstes debattiert der Ständerat am Montag über die Vorstösse.