Daniel Winter
Herr Müller, hat die Dietiker SVP schon angerufen und gefragt, ob Sie beitreten wollen?
Martin Müller: Nein.
Warten Sie darauf?
Müller: Nein, ich halte nichts von Konvertiten. Das sollte man aus dem letzten Stadtratswahlkampf vor vier Jahren wissen.
Das bedeutet, dass Sie nach dem Austritt aus der FDP keiner anderen Partei beitreten?
Müller: Das ist richtig. Ich kandidiere als Parteiloser. Ich bin jetzt die Partei los.
Was ist das Problem der FDP?
Müller: Diese Frage müssten Sie der FDP stellen. Da keine Aussprache mit mir stattgefunden hat und ich meine Sichtweise auch nicht darlegen konnte, bin ich auf Vermutungen angewiesen. Diese würden auf dem beruhen, was die Parteiführung mir in einem Abschlussgespräch gesagt hat. Ich will aber nicht mutmassen.
Und welches Problem haben Sie mit der FDP?
Müller: Bis zu diesem besagten Tag vor rund drei Wochen, als man mir eröffnete, dass ich nicht mehr als Gemeinderat kandidieren könne, habe ich mit der FDP kein wirkliches Problem gehabt. Wir haben uns über Sachgeschäfte ausgetauscht. Manchmal etwas heftiger, manchmal etwas weniger heftig. Das war aber offenbar für einige zu viel.
Was hat Ihnen die Parteiführung genau gesagt?
Müller: Man wolle nicht, dass ich wieder kandidiere. Punkt.
Ein solcher Entscheid kommt kaum von einem Tag auf den andern zustande. Haben Sie sich in den letzten Jahren auseinander gelebt?
Müller: Das kann man so nicht sagen. Ich hatte den Eindruck, die Partei hat sich vom Wahlerfolg 2006 mit der Übernahme des Stadtpräsidiums und dem Ausbau des Wähleranteils von 9,5 auf knapp 13 Prozent nicht mehr erholt. Als ich parteiintern erklärte, jetzt sei die wohl verdiente Erholungszeit nach dem harten Wahlkampf vorbei, jetzt gehe es darum, die Wahlversprechen in die Tat umzusetzen, begann es da und dort zu hapern.
Und wie steht es mit Differenzen im zwischenmenschlichen Bereich?
Müller: Ich werde auf keinen Fall in der Öffentlichkeit dreckige Wäsche waschen.
Sie haben sich für die FDP auf Bezirksebene und in der Stadt Dietikon als Parteipräsident enorm ins Zeug gelegt, sind gleichzeitig aber, vor allem auch innerhalb der FDP, immer wieder angeeckt. Waren Sie zu ehrgeizig, zu provokant, zu wenig diplomatisch?
Müller: Ich bin eine Person, die gerade heraus sagt, was sie denkt. Das war aber schon während meiner ganzen Präsidialzeit so. Selbstverständlich gab es hin und wieder, in der Regel über mehrere Ecken, Rückmeldungen von Mitgliedern nach dem Motto: Ja, der Stil sei halt schon nicht ganz genau so, wie man es sich wünsche, aber solange die Partei Erfolg habe, liesse sich nichts dagegen sagen. Und die Stilfrage ist meiner Meinung nach auch wirklich müssig, solange man Wahlen und Abstimmungen gewinnt. Allerdings habe ich auch nicht den Eindruck, dass ich in irgendeiner Form flegelhaft aufgetreten wäre.
Gab es zwischen Ihnen und dem Rest der Fraktion schwerwiegende Differenzen in Sachfragen?
Müller: Es gab nur in sehr wenigen Sachfragen wirkliche Differenzen. Am meisten hat mich gestört, dass man das nicht ausdiskutiert hat. Man wollte es nicht zulassen, eine Sachfrage an den liberalen Grundprinzipien zu messen.
Ich habe trotz allem den Eindruck, dass es in der FDP widerstrebende Kräfte gegeben hat. Von aussen gesehen, war es ein ziemlicher «Chnorz», bis Sie es in den Gemeinderat geschafft hatten. . .
Müller: . . . ja.
Das heisst, es gab Leute in der FDP, die Ihnen nicht unbedingt zu einem öffentlichen Amt verhelfen wollten?
Müller: Das sind Mutmassungen. Ich kann nichts ausschliessen, habe aber keine Ausbildung als Wahrsager.
Haben Sie die Politik zu ernst genommen?
Müller: Gegenfrage: Kann man das?
Macht Ihnen die Politik noch Spass?
Müller: Ja. Zumindest ist die neue Situation spannend.
Was bedeutet es für Sie persönlich?
Müller: Ich habe als Gemeinderat einen Wählerauftrag. Und den möchte ich in der nächsten Legislatur gerne wieder bekommen.
Sie haben vor vier Jahren als FDP-Präsident einen erfolgreichen Wahlkampf zugunsten von Otto Müller geführt. Jetzt treten Sie frontal gegen ihn ums Stadtpräsidium an. Wie ist das?
Müller: Von aussen gesehen, mag das unangenehm sein. Aber: Die Partei hat entschieden. Und der Stadtpräsident gehört in dieser Partei zum Personal, das mitentschieden hat. Deshalb habe ich absolut keine Skrupel hinzustehen und zu sagen: Ich stelle mich zur Wahl. Ich greife nicht eine bestimmte Person an, sondern ziehe die Konsequenzen aus einem Entscheid, den die Parteileitung gefällt hat.