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Kirche und Medien

Man begegnet den Machern von swiss-cath.ch eher am «Marsch für s’Läbe» als an der Pride: Traditionelle Katholiken erhalten ein neues publizistisches Sprachrohr 

Das Internetportal versteht sich als Alternative zu kath.ch: Am Montag nimmt swiss-cath.ch seinen Betrieb auf. Die Verantwortlichen der neuen Plattform vertreten in gesellschaftspolitischen Fragen konservative Positionen. 

Religiöses Symbol: Ein Gipfelkreuz auf dem Brisen im katholischen Kanton Nidwalden. 
Bild: Bild: pd

Man wolle möglichst viele Leserinnen und Leser erreichen, schiele aber nicht auf Klickzahlen und mache keinen Klamauk, sagt Niklaus Herzog. Der 71-jährige Theologe und Jurist ist Redaktionsleiter von swiss-cath.ch. Das neue katholische Internetportal mit Sitz in Zug nimmt am Montag seinen Betrieb auf. «Wir wollen unaufgeregt, unvoreingenommen und transparent über das kirchliche Leben in der Schweiz und in der Welt berichten», sagt Herzog.

Als Redaktorin steht ihm Theologin und Journalistin Rosmarie Schärer zur Seite. Sie schrieb vorher für die Schweizerische Kirchenzeitung und wirkte bis im September als Mentorin im Bistum Chur. Zudem werden sieben freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmässig Beiträge verfassen. CH Media hat bereits einen kurzen Einblick erhalten. In einem Artikel gibt es praktische Tipps, wie man die Bibellektüre mit Meditation verbinden kann.

Gegner der «Ehe für alle»

Herzog ist in Kirchenkreisen bekannt. Früher war er Richter beim Interdiözesanen Schweizerischen Kirchlichen Gericht, eine Art Bundesgericht der Schweizer Bistümer. Politisch engagierte er sich zuletzt gegen die automatische Organspende und die «Ehe für alle». Der Geschäftsführer von swiss-cath.ch, Anian Liebrand, ehemaliger Präsident der Jungen SVP Schweiz, war Koordinator des Nein-Komitees. In gesellschaftspolitischen Fragen atmet die neue katholische Publikation einen konservativen Geist. Herzog sagt:

«Wir orientieren uns an der Tradition der katholischen Kirche.»

Das bedeutet zum Beispiel Schutz des Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod oder dass die Ehe eine Verbindung von Mann und Frau ist. Etwas plakativ formuliert: Man begegnet Verantwortlichen von swiss-cath.ch vermutlich eher am «Marsch für s’Läbe» der Abtreibungsgegner als an der Pride.

Swiss-cath.ch ist auch eine Art Gegenprojekt zum katholischen Medienzentrum kath.ch, das im Auftrag Schweizer Bischofskonferenz und der Römisch-katholischen Zentralkonferenz, dem Dachverband der Landeskirchen, betrieben wird. Kath.ch vertritt in gesellschaftspolitischen Fragen einen progressiven Kurs. Das Portal räumt zum Beispiel LGBTQ-Themen viel Platz ein.

Die Bischöfe entschuldigten sich wegen kath.ch

Kath.ch hat sich in den letzten Jahren von einem braven Portal zu einer Plattform entwickelt, in der es immer mal wieder knallt. Das hat viel mit Raphael Rauch zu tun, der seit Frühling 2020 als Redaktionsleiter wirkt. Der Journalist, der zuvor unter anderem als freier Mitarbeiter bei der Rundschau von SRF tätig war, stellte «Religionsgeschichten mit Sprengstoff» in Aussicht. Das Versprechen löste er ein. Ein Beispiel dafür waren Artikel über ein Penis-Foto eines Priesters. Angriffig und konfrontativ berichtete das Portal über die Konzernverantwortungsinitiative. Reich griff zu einem Holocaustvergleich: «Hätte es damals ein Gesetz zur Konzernverantwortung gegeben, wäre es den Schweizer Banken deutlich schwerer gefallen, Hitlers mörderische Maschinerie zu finanzieren.» Der Vergleich sorgte für Empörung.

Die Schweizer Bischöfe und die Römisch-katholische Zentralkonferenz distanzierten sich in einer gemeinsamen Erklärung öffentlich von dieser Äusserung und baten um Entschuldigung. Gleichzeitig garantierten sie die redaktionelle Unabhängigkeit. Diese finde aber dort ihre Grenzen, wo die Werte, für die die Kirche eintrete, durch die Kommunikationsarbeit selbst verletzt würden.

Finanzierung von swiss-cath.ch ist gesichert

Der Vorstand des Vereins katholisches Medienzentrum Zürich konterte, die gemeinsame Erklärung lasse sich von einer eingeschränkten und einseitigen Perspektive leiten, und verteidigte Rauch. Er sei der Auffassung, die von Rauch geäusserte historische Einschätzung sei richtig. Andererseits halte es der Vorstand für unglücklich, dass der Redaktionsleiter in der überhitzten Abstimmungsdebatte diesen historischen Rückgriff gewählt habe. Mittlerweile haben sich die Spannungen zwischen den Kirchenverantwortlichen und kath.ch reduziert.

Niklaus Herzog glaubt derweil, dass sich ein relevanter Teil der gläubigen Katholiken durch kath.ch nicht mehr vertreten fühle. Sie sollen jetzt mit swiss-cath.ch eine Stimme erhalten. Das Portal ist unabhängig von den Bischöfen und der Landeskirche. Dank privaten Spenden ist die Finanzierung für die nächsten vier bis fünf Jahre gesichert.