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Sonntagspresse

Heiratsstrafe trifft primär junge Familien ++ Oerlikon-Kanonen in Kiew

Das schreiben die Sonntagszeitungen am Sonntag, 7. Mai 2023.

Energiemangel: Wirtschaft macht Druck für neue Handelsplattform

Die Situation an den Energiemärkten hat sich zwar beruhigt. «Doch das kann sich sehr schnell ändern», sagt Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor des Industrieverbandes Swissmem, der « NZZ am Sonntag ». Laut Economiesuisse-Geschäftsleitungsmitglied Alexander Keberle wird das Thema Energieversorgungssicherheit die Schweiz sogar noch «die nächsten fünf bis zehn Jahre» begleiten.

Alexander Keberle, Economiesuisse.
Bild: zvg

Die Wirtschaft entwickelt darum unter mangellage.ch eine Plattform, über die sich Firmen im Krisenfall gegenseitig aushelfen können. Doch es harzt. «Uns läuft die Zeit davon. Wenn die Vorgaben des Bundes und der Energiebranche bis Ende Juni nicht vorliegen, dann können wir die Handelsplattform nicht in Betrieb nehmen», sagt René Baggenstos von Enerprice, dem Beratungsunternehmen, das für die technische Umsetzung der Plattform sorgt.

Besorgt zeigt sich auch Alexander Keberle von Economiesuisse. «Der Bund hat angekündigt, er wolle den Handel mit Kontingenten im kommenden Winter ermöglichen», sagt er. «Doch wir machen uns Sorgen». Der Bund müsse endlich klar sagen, wie sein Umsetzungsplan aussieht. Ein Sprecher der Wirtschaftlichen Landesversorgung (WL) entgegnet, es sei bereits im vergangenen Winter ein Vorschlag ausgearbeitet worden, wie der Kontingentenhandel «unter Einhaltung von gewissen Vorgaben» umgesetzt werden kann.

Für den nächsten Winter laufen bereits Arbeiten, diesen Handel weiter zu erleichtern, wie der Sprecher versichert. Lukas Küng, der Leiter der Krisenorganisation Ostral, sagt, die Plattform geniesse bei seiner Organisation «höchste Priorität». Ihre Umsetzung liege nicht nur im Interesse der Wirtschaft, sondern auch in jenem der Strombranche.

Heiratsstrafe: Junge Familien mit Kindern leiden am meisten

Die sogenannte Heiratsstrafe, die steuerliche Benachteiligung verheirateter Paare, trifft nicht alle gleich. Eine Forschungsarbeit der Universität St. Gallen zeigt: Am stärksten zur Kasse gebeten werden nicht kinderlose Doppelverdiener, sondern Paare mit Kindern. Der Grund liege darin, dass die Heiratsstrafe nicht alle Paare gleichermassen vor einer Eheschliessung abhalte, sagt Studienautorin Nadia Myohl in der « NZZ am Sonntag ».

Am stärksten zur Kasse gebeten werden nicht kinderlose Doppelverdiener, sondern Paare mit Kindern.
Bild: Pd / PD

Dieser Abschreckungseffekt wirke vor allem bei Paaren ohne Kinder, die sich aus Spargründen für ein Konkubinat entscheiden. Kommt jedoch Nachwuchs ins Spiel, ändern sich die Präferenzen. «Eltern sind stärker auf das Sicherheitsnetz der Ehe angewiesen. Deshalb nehmen sie die höheren Steuern, die durch eine Heirat entstehen, eher in Kauf», sagt Myohl.

Die Unterschiede sind frappant. Laut Studie erreicht die Heiratsstrafe im Durchschnitt bei allen Paaren 868 Franken, bei Eltern mit Kindern dagegen beträgt sie mehr als doppelt so viel: 2128 Franken.

Betreuer in Bundesasylzentren missbrauchen Asylbewerberinnen

Es geschah in einer Nacht nach einer Grillparty: Im Oktober 2021 trafen sich drei Mitarbeiter eines Bundesasylzentrums mit drei Asylbewerberinnen zu einem Abend mit Essen, Bier und Wein. Danach hatte ein Mitarbeiter mit einer der Frauen Geschlechtsverkehr. Sie habe sich nicht wehren können, sagte sie später der Polizei. Er hingegen sagte, alles sei einvernehmlich gewesen. Das zeigen Dokumente, die der « NZZ am Sonntag » vorliegen.

Dennoch kam die Staatsanwaltschaft zum Schluss, der Tatbestand der Vergewaltigung sei nicht erfüllt. Die zuständige Betreuungsorganisation AOZ reagierte trotzdem und stellte zwei Personen frei. Denn: Mitarbeitenden sind private Kontakte mit Asylsuchenden grundsätzlich untersagt.

Wie die «NZZ am Sonntag» schreibt, ist es nicht das einzige Mal, dass es in Bundesasylzentren zu solchen Überschreitungen gekommen ist: In mindestens vier Fällen wurden Betreuer gemäss der nationalen Kommission zur Verhütung von Folter in den letzten zwei Jahren der sexualisierten Gewalt gegen Asylsuchende verdächtigt. In drei Fällen wurde das Arbeitsverhältnis suspendiert, in einem wurde ein Strafverfahren eingeleitet.

Alicia Giraudel von Amnesty International sagt in der «NZZ am Sonntag»: «Das Problem ist das grosse Abhängigkeitsverhältnis. Einzelne Betreuer nutzen ihre Machtposition gegenüber Asylsuchenden aus.» Das Staatssekretariat für Migration hält fest, dass es «Gewalt in jeder Form» nicht toleriere – weder durch Asylsuchende noch das Personal.

Versteckte Boni bei der Credit Suisse

In Bern hat der Nationalrat ein Boniverbot für die neue, fusionierte UBS beschlossen. Bei der Credit Suisse in Zürich ist die Belegschaft in Aufruhr, weil sie einen Teil der versprochenen Boni nicht erhält. Jetzt wird bekannt, dass sich ehemalige Mitglieder der Geschäftsleitung und einige Spitzenmanager des Asset-Managements der Credit Suisse (CSAM) über Jahre hinweg riesige Lohnsummen und Gewinnbeteiligungen auszahlten, die meist nicht im Geschäftsbericht vermerkt wurden.

Begünstigt von den Zahlungen wurde vor allem eine Gruppe Amerikaner im CSAM. Die versteckten Gewinnbeteiligungen gehen auf den früheren CS-CEO Brady Dougan zurück, der 2015 die Bank verliess. Er gab Robert Shafir, dem ehemaligen Chef der CSAM, und einigen seiner Getreuen 2008 eine direkte Gewinnbeteiligung an risikoreichen Anlagefonds.

Credit Suisse: Mit Geld kennt man sich aus.
Bild: Ennio Leanza / AP

Gültig war diese Gewinnbeteiligung für 15 Jahre. Ausgewiesen wurde sie im Fall Shafirs erst vier Jahre später. Diese diskreten Sonderboni führten in den Folgejahren zu Sonderzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe, allein im Jahr 2019 kam es zweimal zu Auszahlungen von 50 Millionen Franken. Dies gab Shafirs Nachfolger Eric Varvel an einem Personalanlass bekannt.

Ebenfalls bekannt wird jetzt, dass der Chef des Geschäfts mit strukturierten Anlagen, das für einen sehr tiefen Preis an den amerikanischen Hedgefonds Apollo verkauft wurde, sich angeblich schon vor dem Deal an Apollo beteiligte. Das schrieb er in einem internen Schreiben an die Mitarbeiter.

Oerlikon-Kanonen schützen Kiew vor russischen Drohnen

Das Flugabwehrsystem Skynex von Rheinmetall Air Defence mit Sitz in Zürich wurde in der Schweiz entwickelt und gehört zu den modernsten Waffen zur Abwehr von Drohnen und Marschflugkörpern. Recherchen der SonntagsZeitung zeigen nun, dass die Kanonen demnächst der Ukraine im Einsatz stehen. Dies gab der ukrainische Premierminister Denis Shmihal vor wenigen Tagen auf seinem Telegram-Kanal bekannt.

Bilder zeigen Shmihal, wie er die Werkshallen von Rheinmetall bei Rom besucht. Auf Anfrage bestätigt Rheinmetall-Sprecher Oliver Hoffmann gegenüber der SonntagsZeitung, dass das Unternehmen bis Ende Jahr zwei Skynex-Systeme in die Ukraine liefern werde. «Die Systeme stammen aus der Fertigung des italienischen Standorts in Rom und werden von dort geliefert», so Hoffmann.

Oerlikon-Abwehrkanonen im Einsatz in der Ukraine? Möglich macht dies ein spezieller Passus in der Kriegsmaterialverordnung, wie es beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) heisst. Dort regelt Artikel 7 die Übertragung von Kriegsmaterial-Know-How aus der Schweiz an andere Länder. Auf der Liste sind die meisten europäischen Länder aufgeführt, darunter auch Italien. «Die Übertragung von Know-How aus der Schweiz nach Italien kann deshalb bewilligungsfrei erfolgen», sagt Seco-Sprecher Fabian Maienfisch gegenüber der SonntagsZeitung.

Brisante Studie: Studentinnen haben wenig Interesse, Karriere zu machen

An den Universitäten ist dasselbe Phänomen zu beobachten wie in vielen Bereichen der Wirtschaft: In Führungspositionen, also unter den Professuren, sind Frauen noch immer stark untervertreten. Zwei renommierte Professorinnen, die Ökonomin Margit Osterloh und die Soziologin Katja Rost, versuchten herauszufinden, weshalb dem so ist.

Für ihre Studie, die der SonntagsZeitung exklusiv vorliegt, befragten sie fast 10’000 Studierende der Uni und ETH Zürich über ihre Karriereambitionen, ihr Familienbild, die Partnerwahl und so fort. Das Resultat überrascht: Der Grund, weshalb Frauen kaum in Führungspositionen anzutreffen sind, ist nicht etwa Benachteiligung – dafür gebe es keinerlei Hinweise –, sondern dass Frauen dies viel weniger anstrebten als Männer.

Die meisten Studentinnen wünschen sich einen Partner, der älter und erfolgreicher ist als sie. Sind Kinder da, soll er für das Haupteinkommen sorgen, sie will Teilzeit arbeiten. Für die Studienautorinnen ist deshalb klar: Die Untervertretung ist selbstgewollt, es brauche deshalb keine Quoten.

Abhörprotokolle der Mafia zeigen: Ihr Waffenhändler ist in der Schweiz

Im Rahmen einer internationalen koordinierten Aktion namens Eureka verhaftete die Polizei am Mittwochmorgen 132 Personen. Laut den Ermittlern waren dem Einsatz vier Jahren Vorbereitung vorausgegangen, in denen die Aktivitäten der `Ndrangheta-Clans aus der kalabrischen Mafia-Hochburg San Luca nachgezeichnet wurden. Die über 3000 Seiten Ermittlungsakten der italienischen Strafverfolger liegen der SonntagsZeitung vor.

Darin lässt sich nachlesen wie sich zwei `Ndrangheta-Mitglieder per Handy über die Lieferung von zehn halbautomatischen Waffen der Marke Glock von einem Schweizer Händler unterhalten. «Ich schreibe ihm und sage ihm, dass er die Anfrage an seinen Schweizer Lieferanten weiterleiten soll.» Mehrmals nutzten die Mafiosi, die im Rahmen der Aktion Eureka verhaftet wurden, die Schweiz für den Transit von Drogen und Geld. Einmal wurden sie dabei sogar vom Schweizer Zoll kontrolliert.

Die Schweiz war aber nicht an der Operation beteiligt, wie die Sprecherin des Bundesamts für Polizei (Fedpol), Imane Rekkas, gegenüber der SonntagsZeitung sagt: «Fedpol hat Kenntnis von der Operation Eureka, ist aber nicht involviert.» Das Bundesamt stehe aber bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität eng in Kontakt mit nationalen und internationalen Partnern, damit später auch in der Schweiz Ermittlungen aufgenommen werden könnten.

Verhaltensauffällige Schüler: «Schon Vierjährige rasten aus»

Das Protokoll eines Oberstufenlehrers in der SonntagsZeitung zeigt: Die ständigen Disziplinlosigkeiten im Klassenzimmer sind gravierend. Jede Woche kommt es zu demonstrativen Weigerungen, die Anweisungen von Lehrkräften zu befolgen, Frechheiten, Pöbeleien und Beleidigungen hätten «massiv zugenommen», Lernen sei zum Teil kaum mehr möglich.

Ein Drittel der Schülerinnen und Schüler in seiner Klassen könnten «kurz vor Schulabschluss nicht richtig lesen und schreiben», berichtet der Lehrer. Nicht nur auf der Oberstufe gibt es verhaltensauffällige Schülerinnen und Schüler, die den Unterricht stören. «Schon Vierjährige rasten aus», sagt Philipp Grolimund, Co-Präsident des Schulleiterverbands im Kanton Aargau.

Philipp Grolimund: «Schon Vierjährige rasten aus.»
Bild: Chris Iseli

Oft gehe es um «Erziehungsdefizite». Das Bildungsdepartement prüfe jetzt die Schaffung von Sonderplätzen für «Schüler mit sozialen Beeinträchtigungen».

Wohnen wird teurer - für fast alle

Im Juni wird die Nationalbank den Leitzins erhöhen. Damit steigen die Hypozinsen – und bald auch die Mieten. Doch auch wer ein Eigenheim kaufen will, muss tiefer ins Portemonnaie greifen, wie die SonntagsZeitung schreibt. Die Verteuerung hat mehrere Gründe, namentlich zwei: Erstens wird der Kurzfristzinssatz Saron von der Nationalbank zur Durchsetzung ihrer Geldpolitik möglichst nahe am Leitzins gehalten.

Wohnungen in Baar. Bald steigen die Mieten. Doch das ist nicht alles.
Bild: Jan Pegoraro

Für die Saron-Hypothek rechnet die Bank eine Marge von 0,8 bis 1 Prozent dazu. Ihr Zinssatz stieg deshalb in den letzten zwölf Monaten im Gleichschritt mit dem Leitzins stark an und rückte ungewöhnlich nahe an die Zinssätze der Festhypotheken heran. Mit dem Zinsschritt im Juni werden Saron-Hypotheken nun nochmals teurer werden. Der bereits geringe Abstand zu den kurzfristigen Festhypotheken dürfte sich weiter verringern oder gar verschwinden.

Zweitens wird Mitte Juni der hypothekarische Referenzzinssatz erstmals seit seiner Einführung 2008 um einen Viertelprozentpunkt auf neu 1,5 Prozent steigen. Die Mieten dürfen dann auf den nächstmöglichen Kündigungstermin um 3 Prozent angehoben werden. Die Fachleute erwarten, dass weitere Erhöhungen folgen werden. Die UBS rechnet mit einer Erhöhung auf 1,75 Prozent im Dezember und bis 2025 mit einem weiteren Schritt auf 2 Prozent. Insgesamt könnten die Mieten bis 2025 um rund 15 Prozent ansteigen.

Verdichten wie in Paris würde in der Schweiz Zehntausende neue Wohnungen bringen

Am 12. Mai setzen sich Vertreterinnen und Vertreter der Immobilienbranche mit Bundesrat Guy Parmelin zusammen und diskutieren Lösungen gegen den Wohnungsmangel. Die Diskussion dürfte hitzig werden, denn die Lösungsvorschläge gehen teilweise weit auseinander, wie die SonntagsZeitung berichtet. So fordert der Baumeisterverband, Einsprachen zu Neubauten einzudämmen, Einsprachefristen zu verkürzen und Lärmgrenzwerte anzupassen.

Ausserdem ist er gegen Vorkaufsrechte oder Quoten für den Bau von Genossenschaftswohnungen. Das sehen der Verband Wohnbaugenossenschaften Schweiz und der Mieterinnen- und Mieterverband anders: Ein Vorkaufsrecht zugunsten des gemeinnützigen Wohnungsbaus und einen festen Anteil preisgünstiger oder gemeinnütziger Wohnungen bei Arealen «einer gewissen Grösse» fordert Wohnbaugenossenschaften Schweiz.

Paris beim Place de la Nation.
Bild: Thibault Camus / AP

Der Mieterinnen- und Mieterverband wiederum verlangt einen festen Anteil von 50 Prozent gemeinnützigen Wohnungsbaus bei Neubauten. Zudem sollen Plattformen wie Airbnb strenger reguliert werden und der Wohnungstausch ohne Mietzinserhöhung möglich sein. Ausserdem fordert er eine Begrenzung des Wohnflächenverbrauchs mit Belegungsvorgaben.

Die Immobilienberatungsfirma Iazi wiederum schlägt vor, neuen Wohnraum zu schaffen, indem vor allem in Städten so stark verdichtet wird wie in Paris. Berechnungen von Iazi zeigen: Würde man auf nur der Hälfte der Wohngebäude in der Stadt Zürich ein zusätzliches Stockwerk bauen, hätte man 28’977 neue Wohnungen geschaffen, die Platz für weitere 86’931 Personen böten – und das, ohne mehr Land zu verbrauchen.