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Frankreich

Macron landet einen Theatercoup – und: ehemalige Starministerin Rachida Dati wieder in der Regierung

Die neue französische Regierung steht. Die Überraschung ist Rachida Dati, ihren Landsleuten aus der Sarkozy-Ära bekannt. Weniger bekannt ist ein anderer, sehr vertraulicher Umstand.
Frankreichs neuer Aussenminister Stéphane Séjourné und Kulturministerin Rachida Dati beim Verlassen ihrer ersten Regierungssitzung am Freitag in Paris.
Bild: Bild: Keystone

Ihr früherer Ministerposten ist schon fast vergessen, doch der Glamour-Faktor bleibt intakt: Rachida Dati ist der Star der neuen Regierung Frankreichs. Von 2007 bis 2009 hatte sie das Justizressort für den konservativen Präsidenten Nicolas Sarkozy betreut. Danach musste sie sich damit abfinden, den bürgerlich schicken 7. Stadtbezirk von Paris zu leiten. Jetzt kehrt die 58-jährige Ökonomin von medialem Blitzlichtgewitter begleitet in die Regierung zurück.

Zuständig ist Dati für die Kultur, von der sie selber nicht viel versteht, wie sie am Freitag einräumte. Ihre politische Gegnerin im Pariser Stadtrat, die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo, wünschte den Kulturschaffenden «viel Glück». Das war ziemlich sarkastisch gemeint.

Um Kultur geht es allerdings nur am Rand. Datis Berufung ist wie sie selbst: sehr politisch. Emmanuel Macron holt sich die «Kriegsbeute», wie sie die Pariser Medien despektierlich nennen, einmal mehr aus dem Kreis der konservativen Republikaner. Deren Vorsitzender, Eric Ciotti schloss Dati umgehend aus der Partei aus.

Die aus einfachen Verhältnissen stammende, mit einer Korruptionsklage belastete Neoministerin kann damit leben. Wie alle anderen «Républicains», die Macron mit Ministerposten in sein Mitte-Lager gelockt hat – Finanzminister Bruno Le Marie, Innenminister Gérald Darmanin oder Verteidigungsminister Sébastien Lecornu. Sie alle bilden seit langem das Rückgrat der neuen Regierung des schon am Montag ernannten Premierministers Gabriel Attal.

Dazu übernimmt die frühere Republikanerin Catherine Vautrin ein Superministerium der Arbeit, Solidarität und der Gesundheit. Die 63-jährige Bürgerliche aus der Königsstadt Reims ist für die Linken ein rotes Tuch, seit sie 2013 an einer Demo gegen die Homo-Ehe teilgenommen hat.

Catherine Vautrin, Ministerin für Arbeit, Solidarität und Gesundheit.
Bild: Bild: Teresa Suarez / EPA

Dies entbehrt nicht einer gewissen Ironie, wird Vautrin nun doch unter einem Premier arbeiten, der sich als homosexuell geoutet hat und mit seinem Lebenspartner zwar nicht verheiratet, aber in einem Zivilstandspakt (Pacs) verbunden war.

Premier und Aussenminister waren bis vor kurzem ein Paar

Dieser Partner Attals ist niemand anderer als der neue Aussenminister Stéphane Séjourné. Die Beziehung der beiden Mitdreissiger ging offenbar 2022 zu Ende, wie Pariser Klatschmedien vereinzelt berichten. Die Tageszeitungen bringen meist keine Zeile über den Umstand, dass der Premier seinen ehemaligen Lebenspartner zu seinem Minister gemacht hat. Das Privatleben ist in Frankreich heilig.

Séjournés Kompetenz steht indessen ausser Frage. Früher wie Attal Mitglied der Sozialistischen Partei, wechselte er früh ins Macron-Lager. Heute leitet er dessen Partei Renaissance und im Strassburger Europaparlament die Fraktion Renew. Ausserhalb der EU kennt sich Séjourné mit dem Ukraine-Dossier besser aus als mit dem Thema Nahost.

Mit dem Zuzug von Rachida Dati und Catherine Vautrin stammen nun acht der vierzehn Ministerinnen und Minister der neuen französischen Regierung von der konservativen Seite. Die Ex-Sozialisten Attal und Séjourné vermögen diese Rechtslastigkeit nicht auszugleichen.

Macrons Strategie, die bekanntesten Republikaner abzuwerben, ist nicht neu, aber zunehmend riskant. Seit seiner zweiten Wahl im Frühjahr 2022 hat der Staatschef keine Mehrheit in der Nationalversammlung mehr.

Wie die jüngste Parlamentsdebatte über das verschärfte Ausländergesetz zeigte, sind die Macronisten auf die Stimmen der Republikaner angewiesen, wenn sie sich nicht mit den Rechtspopulisten von Marine Le Pen kompromittieren wollen. Viele Républicains warten aber nur darauf, es Macron und den «Verrätern» aus den eigenen Reihen heimzuzahlen.

Damit stellt sich die Frage, ob sich Macrons neue Regierung mit diesem Balancespiel bis zu den Präsidentschaftswahlen von 2027 halten kann. Die Politologin Céline Pena erklärte am Freitag, mittelfristig würden «Neuwahlen unvermeidbar».