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Analyse

Boxer Macron fordert Judoka Putin heraus – ein Faux-Pas im Propagandakrieg zwischen Moskau und Paris?

Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich beim Boxen fotografieren lassen. Jeder Bezug zu seinen forschen Äusserungen rund um den Ukraine-Krieg wäre rein zufällig.
Ein Bild macht Schlagzeilen, viele zweifeln die Echtheit von Macrons mächtigem Bizeps an.
Bild: Bild: Soazig De La Moissonnière / Présidence De La République

Emmanuel Macron ist nicht der schlechteste Staatschef, den Frankreich jemals hatte. 2017, mit weniger als 40 Jahren ins Elysée gewählt, hat er seinem Land manche der unerlässlichen Reformen beschert. Im Ukraine-Krieg verfolgt er seit Beginn eine klare Linie. Seine jüngsten Äusserungen waren nur konsequent: Wenn es für Europa undenkbar ist, dass Putins Russland seinen Aggressionskrieg gewinnt, dann müssen wir auch etwas dafür tun.

Macron wäre aber nicht Macron, wenn er diesen an sich positiven Eindruck nicht selber zunichtemachen würde. Seine fundierte Kritik an der Nato desavouierte er 2019, indem er den Nordatlantikpakt als «hirntot» bezeichnete. Jetzt überlagerte er seine an sich vernünftigen Worte durch eine flapsige Ansage über die mögliche Entsendung von «Bodentruppen».

Frühere unüberlegte Sprüche machten bereits offenkundig, wie sehr dem Präsidenten seine eigene, sehr narzisstisch-allmächtige Persönlichkeit immer wieder in die Quere kommt und einen Streich spielt.

Davon zeugen nun auch neue Bilder, die einen ungeheuer muskulösen, zähnefletschenden Präsidenten beim ... Boxen zeigen. Erstellt wurden sie von seiner «offiziellen» Fotografin Soazig de la Moissonnière. Man kann also davon ausgehen, dass sie mit Billigung, ja auf Wunsch des Präsidenten veröffentlicht – und offenbar nicht einmal retuschiert – wurden.

Das Problem ist, dass sie vor dem aktuellen Kriegshintergrund doch sehr deplatziert wirken. Die Reaktionen reichen von betretenem Staunen bis zu offener Kritik an einem «neopopulistischen Virilismus». Gravierend ist, dass Macron seiner rechten Rivalin Marie Le Pen einmal mehr Angriffsfläche bietet.

Die russlandfreundliche Präsidentschaftskandidatin hatte schon zu Beginn der Woche erklärt, Macron sei «nicht seriös», wenn er – wie die Zeitung «Le Monde» berichtete – an einer Soiree um drei Uhr morgens und mit dem Whiskyglas und in Ausführung seiner Bodentruppen-Ansage erkläre, er werde wohl noch «Kerle» nach Odessa schicken müssen.

So steht Macron wieder einmal als ein Präsident da, der nicht zwischen Geopolitik und seinem Ego unterscheiden kann. Und die demagogische Putinistin Le Pen kann sich als die Stimme der Vernunft geben - sie lässt sich ja nicht beim Eindreschen auf den Sandsack ablichten. Propagandistisch ist Macrons Coup deshalb kaum gelungen: Er beflügelt nur die Behauptung des Kremls, Macron sei in dem Ukraine-Konflikt der eigentliche Aggressor. Das ist zwar wie üblich eine üble Tatsachenverdrehung, aber in dem russischen Desinformations-Feldzug gegen Frankreich fällt das kaum mehr auf.