Beat Rechsteiner, Tobias Gafafer
Hans-Rudolf Merz schwebt auf Wolke sieben. Stolz hat der Finanzminister vor einigen Tagen die Rechnung für das vergangene Jahr präsentiert – mit 2,7 Milliarden Franken Überschuss. Und nun gefällt er sich sichtlich in der Rolle des grossen Sparers, der den Kollegen im Gremium Haushaltdisziplin eingeimpft hat. Der Bundesrat habe die Sparpläne verabschiedet, «als sei es das Selbstverständlichste der Welt», sagte er gestern in aufgeräumter Stimmung vor den Medien in Bern.
Seine gute Laune allerdings könnte ihm bald vergehen. Denn hinter vorgehaltener Hand werden Merz’ Sparpläne von Vertretern anderer Departemente bereits stark relativiert: Sie vertrauen darauf, dass das Parlament der Vorlage die Zähne zieht. Dem Spardruck zum Trotz geben sie sich gelassen und hoffen, dass am Ende in ihren Bereichen nicht allzu viel zusammengestrichen wird.
«Aufstand der Lobbyisten»
«Die Wahlen rücken näher», sagt etwa ein Mitarbeiter des Innendepartements von Didier Burkhalter, «da werden die Parlamentarier Rücksicht nehmen müssen und kaum bereit sein, das Programm in seiner ganzen Härte durchzuziehen.» Er prophezeit einen «Aufstand der Lobbyisten», die Merz’ Paket zerpflücken werden. Ähnlich tönt es in Moritz Leuenbergers Verkehrsdepartement.
Swissinfo vor dem Aus
Der Bundesrat will der Internetplattform Swissinfo trotz steigender Beliebtheit den Geldhahn zudrehen. Stimmt das Parlament der Streichung des Bundesbeitrags von 13,4 Millionen Franken pro Jahr zu, dürfte dies das Ende des Informationsportals für Auslandschweizer sein. Heute teilen sich der Bund und die SRG die Kosten von jährlich gut 26 Millionen Franken. Ohne das Geld des Bundes könne Swissinfo in der heutigen Form sicher nicht mehr weiterbetrieben werden, sagte SRG-Sprecher Daniel Steiner auf Anfrage. Steiner erinnerte zudem daran, dass die SRG selbst bei Swissinfo 7 Millionen Franken einsparen will. (sda)
Die Erfahrung zeigt, dass sich solche Voraussagen wohl bald bewahrheiten werden. So gibt SVP-Ständerat Christoffel Brändli zu bedenken, dass das Parlament bei der letzten Sparübung vor fünf Jahren die Pläne des Bundesrats «massivst korrigiert» habe. Tatsächlich musste die Landesregierung beim letzten Entlastungsprogramm auf Druck der Politiker nochmals über die Bücher. Und laut dem erfahrenen SP-Nationalrat Andrea Hämmerle wird sich das Parlament auch dieses Mal mit «Klauen und Zähnen» wehren. Widerstand ist zudem noch von dritter Seite zu erwarten. Bereits gestern kritisierte eine breite Allianz von Kantonen, Städten und Verbänden die Pläne des Bundesrats im Verkehrsbereich heftig (siehe Artikel unten).
Altes Projekt endlich umsetzen
Die Sparvorhaben sind denn auch ambitiös. Insgesamt hat sich der Bundesrat auf 80 Massnahmen geeinigt (siehe Beispiele rechts). Ab 2011 sollen dank einem Konsolidierungsprogramm jährlich 1,5 Milliarden Franken eingespart werden, ab 2015 gar 2,7 Milliarden. Dann sollen auch die mittel- und langfristigen Projekte der so genannten Aufgabenüberprüfung zum Tragen kommen, mit der jedes Departement nach Einsparpotenzial durchleuchtet wird. Der Bundesrat will so endlich das Vorhaben des Finanzministers umsetzen, das bisher jahrelang vor sich hindarbte. Merz glaubt, dass die Zeit dafür nun reif sei, «weil die Bereitschaft zum Sparen gewachsen ist».
«Unlogisch, aber nötig»
Zumindest die politische Linke dürfte dies freilich ganz anders sehen, schliesslich schreibt der Bund trotz schlechter Wirtschaftslage schwarze Zahlen. Merz gestand gestern ein, dass es auf den ersten Blick unlogisch sei, in einem solchen Moment ein Sparpogramm durchzupauken, es sei aber schlicht nötig. Der Bundesrat sieht zum einen noch Nachwirkungen der Krise auf sich zukommen. Und er will die beschlossenen Steuersenkungen abfedern, die ihm Einnahmenausfälle bescheren.