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Lausanne

«Es hätte Tote geben können»: Auto fährt an Pro-Palästinademo in Menschenmenge

In Lausanne erleben Teilnehmer einer Pro-Palästina-Demonstration einen Schockmoment. Ein BMW-Fahrer rast auf die Menge. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Gefährdung des Lebens.
Ein BMW-Fahrer bahnte sich einen Weg durch die Menschenmenge.
Bild: Screenshot RTS

Ein Automobilist beschleunigt, überholt zwei Busse, ignoriert Polizisten, die ihn zum Anhalten auffordern, bremst doch noch ab, aber stoppt nicht und bahnt sich im Zickzackkurs den Weg durch eine panische Menschenmenge. Die Leute schreien, rennen davon; einige versuchen, den Mann zu stoppen und treten mit Füssen gegen das Fahrzeug.

Die Szenen erinnern an islamistisch motivierte Terrorattacken, bei denen Attentäter in Menschenmengen rasten. Ereignet haben sie sich am Samstag gegen 18 Uhr in Lausanne bei der Chauderon-Brücke. Dokumentiert ist die Wahnsinnstat auf diversen Videos, die in sozialen Medien zirkulieren. Die Polizei nahm den BMW-Fahrer darauf ennet der Brücke fest. Die Staatsanwaltschaft hat gegen den 56-jährigen Schweizer eine Untersuchung wegen Gefährdung des Lebens eröffnet, wie die Stadtpolizei Lausanne am Samstagabend mitteilte.

Die Amokfahrt passierte während einer unbewilligten Pro-Palästina-Kundgebung, an der insgesamt etwa 1500 bis 2000 Personen teilnahmen. Die Demonstrierenden sassen auf der Strasse und machten eine Pause, als der Mann sein Gefährt auf sie lossteuerte. Zwei Personen erlitten leichte Verletzungen, mussten aber nicht vor Ort medizinisch versorgt werden. Viele Teilnehmende standen unter Schock.

Empörung über die Polizei

Laut Augenzeugen beschleunigte der Mann absichtlich in Richtung der Demonstration. Eine Zeugin sagte gegenüber der Zeitung «24 heures»: «Die Windschutzscheibe seines Autos war zersprungen. Das hinderte ihn aber nicht daran, wie ein Verrückter weiter über die Brücke zu fahren.» Die Leute seien friedlich auf dem Boden gesessen, und viele Kinder seien da gewesen. Die Zeugin sagte: «Es hätte Tote geben können.»

Über das Motiv des Amokfahrers gibt es bis jetzt keine Angaben. Demonstrierende zeigten sich empört über die Polizei und bezichtigten sie der Komplizenschaft. Sie fanden, die Ordnungshüter würden den BMW-Fahrer mit Samthandschuhen anfassen. Videos auf sozialen Medien zeigen, wie Polizisten dem Mann bei der Verhaftung die Hand schütteln und ruhig mit ihm reden.

Die Empörung über die Lausanner Polizei kommt zu einem Zeitpunkt, in dem deren Ruf angeschlagen ist. Vor Kurzem suspendierte der Stadtrat acht Beamte, weil sie in zwei Whatsapp-Chats rassistische Texte, Bilder und Videos austauschten. In Kritik geraten ist die Polizei auch, weil Marvin, ein 17-jähriger Scooterfahrer mit kongolesischen Wurzeln, nach einer Verfolgungsjagd tödlich verunfallte. Die Polizei hielt Marvin für einen Räuber, weil sich der Jugendliche an einem frühen Sonntagmorgen in der Nähe eines Ortes befand, an dem drei Täter zwei Personen überfielen.

Marvin trug einen Helm und brauste beim Anblick der Patrouille mit dem gestohlenen Roller davon. Die Polizei konnte nicht erkennen, dass es sich um eine Person mit schwarzer Hautfarbe handelte. Nach dem tragischen Unglück kam es in Lausanne zu zwei Krawallnächten in Folge. Aufgebrachte Jugendliche lieferten sich mit der Polizei Strassenschlachten und warfen ihr Rassismus vor. Der Hintergrund: In den letzten Jahren starben mehrere Personen mit schwarzer Hautfarbe nach Polizeieinsätzen. Marvins Freunde und Familie distanzierten sich von den Krawallanten.

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