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Reisebranche

Konkurrenten springen ab: Chancen der Migros für Kuoni-Kauf steigen

Tui und Thomas Cook verabschieden sich aus dem Rennen um das Kuoni-Reisegeschäft. Migros hätte weiterhin grosses Interesse. Falls die Übernahme zu Stande käme, würden wohl keine Reisebüros geschlossen, sagt CEO Herbert Bolliger.

Mitte Januar hat Kuoni bekannt gegeben, das klassische Reisegeschäft verkaufen zu wollen. Seither spekulieren 1300 Kuoni-Mitarbeiter in der Schweiz darüber, wer ihr neuer Arbeitgeber werden könnte. Je nachdem, wer das Rennen macht, wird es zu mehr oder weniger Entlassungen kommen. Auch mit den 80 Kuoni-Reisebüros in der Schweiz haben nicht alle potenziellen Käufer dasselbe vor.

Nun verabschieden sich namhafte Kandidaten aus dem Bieterrennen, die in den letzten Wochen immer wieder als mögliche Käufer genannt wurden: Der britische Tourismuskonzern Thomas Cook und der deutsche Reisegigant Tui wollen nichts wissen von den zum Verkauf stehenden Kuoni-Einheiten.

Ein Thomas-Cook-Sprecher sagt auf Anfrage der «Nordwestschweiz»: «Wir haben uns in der Schweiz bewusst auf einen kleinen Betrieb beschränkt. Deshalb haben wir auch kein Interesse an weiteren Geschäftsfeldern.» Thomas Cook wurde nicht zuletzt deshalb als möglicher Kuoni-Käufer genannt, weil CEO Peter Fankhauser Schweizer ist und früher bei Kuoni gearbeitet hat.

Auch Tui lässt keinen Raum für Spekulationen: «Die Tui Group hat kein Interesse an einem Investment in Kuoni oder einer ihrer Tochtergesellschaften», sagt ein Sprecher. Das unmissverständliche Statement von Tui überrascht. Ende Januar hatte Tui-Suisse-Chef Martin Wittwer im Branchenmagazin «Travel Inside» noch Interesse angemeldet: «Wir werden uns mit der Thematik Kuoni auseinandersetzen, diese analysieren und dann entscheiden, ob wir Gespräche aufnehmen», sagte Wittwer damals.

Die Migros ist kaufbereit

Der Rückzug der beiden internationalen Reisegiganten dürfte vor allem die Migros und deren Tochter Hotelplan freuen. Sowohl Hotelplan-CEO Thomas Stirnimann als auch Migros-Chef Herbert Bolliger betonten seit Mitte Januar mehrere Male, dass sie grosses Interesse haben an einem Kauf von Kuoni Schweiz.

Am Dienstag, am Rande der Jahresmedienkonferenz der Migros-Gruppe, liess Bolliger im Gespräch mit der «Nordwestschweiz» erneut keinen Zweifel aufkommen, dass die Migros grundsätzlich bereit sei für einen Kauf – sofern der Preis stimme.

Doch was würde das für die Kuoni-Mitarbeiter in der Schweiz bedeuten? Wäre eine Entlassungswelle nicht vorprogrammiert? Schliesslich hat Hotelplan hierzulande bereits 123 Reisebüros (inklusive den Marken Travelhouse und Globus Reisen). Wäre ein grosser Teil der 80 zusätzlichen Kuoni-Reisebüros nicht überflüssig?

Bolliger versucht zu beruhigen: «Die Marken Kuoni und Hotelplan würden sich gut ergänzen. Ich bin überzeugt davon, dass wir das Reisebüro-Netz unverändert beibehalten könnten.» Bolliger will die Marke Kuoni aufrechterhalten. Weniger gut tönt es für die Kuoni-Leute, die nicht an der Front arbeiten: «In der Produktion würde es sicher weniger Stellen brauchen. Wir bräuchten beispielsweise für Ferien auf Kreta nicht plötzlich doppelt so viele Spezialisten.» Und auch in der IT gäbe es sicherlich Synergien.

Weiteren Konkurrenten bleiben

Im Moment sind die Überlegungen des Migros-Chefs noch Gedankenspiele. Denn das Bieterrennen um Kuoni Schweiz ist längst nicht entschieden. Auch nach dem Ausscheiden von Thomas Cook und Kuoni hat der orange Riese noch zahlreiche Konkurrenten:

  • Coop: Der grosse Migros-Rivale im Detailhandel könnte mit dem Kauf der Kuoni-Schweiz-Aktivitäten auf einen Schlag auch in der Reisebranche richtig Fuss fassen. Bis jetzt ist Coop auf diesem Markt nur mit der Marke ITS Coop Travel präsent – und damit ein kleiner Fisch. ITS Coop Travel gehört nicht Coop allein: Das Unternehmen ist zur Hälfte im Besitz des deutschen Handelskonzerns Rewe. Bezüglich eines möglichen Kuoni-Kaufs lassen sich weder Coop noch Rewe in die Karten schauen: «Kein Kommentar», heisst es auf Anfrage.
  • FTI Group: Beim deutschen Reiseunternehmen mit Sitz in München ist der ägyptische Unternehmer Samih Sawiris im letzten Frühling als Grossaktionär eingestiegen. Sawiris bekundete Anfang März in der «Zentralschweiz am Sonntag» sein Interesse an Kuoni: «Wir beobachten dies mit Neugierde. Wir wissen aber erst Ende März, welches die Bedingungen sein werden.» Im Prinzip habe Kuoni aber einige Elemente, die sehr gut zur FTI-Gruppe passen würden. Zum aktuellen Stand der Dinge schweigt FTI: «Wir geben dazu keine Stellungnahme ab.» FTI erhielte mit dem Kauf von Kuoni Schweiz auf einen Schlag ein flächendeckendes Reisebüro-Netz und viel Know-how. Dem Unternehmen werden zudem Wachstumsambitionen nachgesagt.
  • Diethelm Keller: Zur international tätigen Schweizer Unternehmensgruppe gehört Diethelm Travel in Bangkok, STA Travel und zu 50 Prozent die Globetrotter-Gruppe. CEO Angelo van Tol sagte Ende Februar in der «Finanz & Wirtschaft», dass man sich mit Kuoni «professionell auseinandersetzen» werde. Einen Monat später will Tol auf Anfrage «keinerlei Auskünfte» zu dem Thema geben.
  • Dubai National Travel Agency (Dnata): Die Tochtergesellschaft von Emirates hat gemäss einem Artikel der britischen Zeitung «The Telegraph» Interesse am Reiseveranstaltergeschäft von Kuoni. Dnata hat das jedoch weder bestätigt noch dementiert. Experten gehen davon aus, dass sich Dnata nur für den britischen Teil des Kuoni-Reiseveranstaltergeschäfts interessiert – wenn überhaupt.
  • Private-Equity-Gesellschaft: Neben den genannten Kandidaten könnten sich auch Private-Equity-Gesellschaften für Kuoni interessieren. Diese Beteiligungsgesellschaften sind bekannt dafür, Firmen auf mehr Rendite zu trimmen – um sie dann gewinnbringend zu verkaufen. Sicherlich nicht die bevorzugte Lösung der Kuoni-Mitarbeiter.