Hamburg ist unter anderem berühmt für seinen Hafen, das Ratshaus, St. Pauli mit der Reeperbahn sowie das 2017 eröffnete Konzerthaus Elbphilharmonie.
Nun soll ein weiteres Wahrzeichen zum Stadtbild hinzukommen: ein neues Opernhaus, und zwar eines von «Weltrang». Die Kosten für den Neubau übernimmt dabei ein in der Schweiz bekanntes Gesicht: der Multimilliardär und Wahlschweizer Klaus-Michael Kühne.
Das Projekt sorgt bei der Stadt Hamburg für grosse Vorfreude, es gibt allerdings auch Kritik.
Wer ist Klaus-Michael Kühne?
Gemäss «Bilanz» ist Klaus-Michael Kühne die drittreichste Person in der Schweiz, das Schweizer Magazin schätzt sein Vermögen auf rund 27,5 Milliarden Franken.
Der deutsche Unternehmer besitzt 54 Prozent des weltweit tätigen Logistik- und Gütertransportunternehmen Kühne+Nagel, zudem ist er an der Reederei Hapag Lloyd sowie der Lufthansa beteiligt. Seine Steuern bezahlt der Wahlschweizer in Schindellegi.
Mit seiner «Kühne-Stiftung» ist der 87-Jährige auch philanthropisch tätig, die Stiftung engagiert sich in verschiedenen Bereichen wie Logistik, Medizin, Klima und Kultur.
Warum schenkt Kühne Hamburg eine Oper?
Zwar ist Kühne schon länger in der Schweiz wohnhaft und tätig, seiner Heimatstadt Hamburg, wo er vor 87 Jahren geboren wurde, ist er allerdings noch immer verbunden.
Seine Absicht, Hamburg ein Opernhaus zu schenken, ist schon länger bekannt. Am letzten Freitag wurde es dann konkret, die Verträge offiziell unterschrieben.
Kühne selber sagt, dass «Hamburg als weltoffene, internationale, bedeutende und kulturell führende Stadt ohne ein Opernhaus von hohem internationalen Rang nicht komplett wäre.»
Die neue Oper soll auf dem Baakenhöft, einem Hafenbecken im östlichen Teil der Hafencity, entstehen und gemäss Kühne «ein Ort mit hervorragender Aufenthaltsqualität für alle Hamburgerinnen und Hamburger werden».
Die Verantwortlichen sprechen denn auch von einer Oper von «Weltrang».
Wer bezahlt die Kosten für die neue Oper?
Gemäss Vertrag wird die Kühne-Stiftung die Planung sowie den Bau der Oper finanzieren. Mindestens 330 Millionen Euro wird das Projekt kosten, wahrscheinlich mehr.
Die Stadt selber stellt dabei das Baugrundstück zur Verfügung und leistet zudem aufgrund der standortspezifischen Mehrkosten (herausfordernde Gründungsverhältnisse, Flutschutz durch Warftgeschoss) einen Finanzierungsbeitrag in der Höhe von 147,5 Millionen Euro. Dieser Beitrag ist vertraglich gedeckelt. Alle weitergehenden Risiken und Mehrkosten trägt die Stiftung, heisst es im Vertrag.
Die Projektgesellschaft wird zunächst Eigentümerin des Neubaus. Nach der Fertigstellung gehen die Anteile der «Kühne-Stiftung» als Schenkung an die Stadt. Diese wird dann alleinige Eigentürmerin des Opernhauses.
Als nächsten Schritt wird es ein architektonisches Qualifizierungsverfahren geben, bei dem Architekturbüros ihre Vorschläge einreichen können.
Gibt es auch Kritik am Projekt?
Die gibt es. Zum einen gibt es bereits eine Oper in Hamburg, die Hamburgische Staatsoper. Mit dieser ist Kühne allerdings seit Jahren unzufrieden, sie habe zu wenig «Strahlkraft». Für das denkmalgeschützte Gebäude soll gemäss der Stadt nach dem Neubau eine andere kulturelle Nutzung gefunden werden.
Und falls der Neubau doch nicht wie geplant umgesetzt werde, «ist eine umfangreiche Sanierung und Modernisierung des Bestandsgebäudes der Staatsoper erforderlich.»
Kritiker monieren, dass sich Kühne mit der neuen Oper selber ein riesiges Denkmal bauen will. Die deutsche Zeitung «taz» schreibt , auch in Bezug auf die noch immer ungeklärte Nazi-Vergangenheit des Unternehmens Kühne+Nagel:
«Ist es eigentlich okay, Geld von einem zur Steuervermeidung in die Schweiz gezogenen Milliardär anzunehmen, dessen Reichtum auf der Arisierung in der NS-Zeit beruht? Von einem, der sich überdies hartnäckig einer unabhängigen, geschichtswissenschaftlichen Untersuchung verweigert?»
Ebenfalls unzufrieden mit den Plänen ist Die Linke. In einer Medienmitteilung schreibt die Partei:
«Das Mäzenatentum wurde schon bei der Elbphilharmonie beschworen und nicht gehalten. Für den Neubau braucht es eine Einbindung in die koloniale Geschichte am Baakenhafen. Ausserdem braucht es klare Aussagen, was mit dem bisherigen Standort passiert. Die Innenstadt kann eine weitere wichtige Verlagerung in die Hafencity nicht vertragen.
Die Äusserung, dass die Sanierung für eine Theaternutzung so viel günstiger sei als die Sanierung für eine Oper, ist fragwürdig. Unklar ist auch, wie viel Kühne bei der neuen Oper mitbestimmen darf. Bei allem bleiben viele Fragezeichen, die Zusage der Stadt zum Opernbau erscheint vor allem als Wahlkampfmanöver.» Norbert Hackbusch, kulturpolitischer Sprecher der Linksfraktion
Auch der Ort, an dem die neue Oper entstehen soll, ist umstritten: Baakenhöft war während der deutschen Kolonialzeit in Namibia eine logistische Drehscheibe, von dort aus wurden deutsche Soldaten nach Namibia verschifft. Der Ort spielt deshalb eine zentrale Rolle im deutschen Genozid an den Bevölkerungsgruppen der Herero und Nama zwischen 1904 und 1908. Darum werden auch Stimmen laut, man solle dort lieber ein Dokumentationszentrum errichten.
Das letzte Wort ist allerdings noch nicht gesprochen, die Hamburger Bürgerschaft muss den Vereinbarungen des Vertrags zwischen der Stadt und der «Kühne-Stiftung» erst noch zustimmen.