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Frankreich

Kim Kardashians Albtraumnacht: Gefesselt, begrapscht und ausgeraubt – jetzt beginnt in Paris der Prozess

In Paris steht ab heute die Bande vor Gericht, die den Reality-Star Kim Kardashian in einem Luxushotel ausgeraubt hatte. Das weltberühmte Opfer will selber an die Seine jetten, um auszusagen.
Erlebte vor rund neun Jahren in Paris eine wahre Horrornacht: Unternehmerin und Reality-Star Kim Kardashian.
Bild: Jordan Strauss/AP

Es war für Frankreich der bisher grösste Raub, dem eine Privatperson zum Opfer fiel – und nicht eine beliebige: Bestohlen wurde an jenem Oktobertag des Jahres 2016 Kim Kardashian, Ikone der sozialen Medien und Starstylistin mit über 350 Millionen Followern auf Instagram. Am Montag hat in Paris der Prozess gegen zehn Angeklagte begonnen, darunter eine Frau. Sie hatten vor achteinhalb Jahren eine Beute von neun Millionen Euro davongetragen, bevor sie – ohne das Raubgut – gefasst wurden.

Die Amerikanerin nahm im Herbst 2016 an der Fashion Week in Paris teil und logierte in einer Luxusresidenz der Rue Tronchet, wo viele Schauspiel- oder Fussballstars absteigen. Nach zwei Uhr in der Früh, als Kardashian im Nachthemd war und gerade zu Bett gehen wollte, klopfte es wie wild an der Tür. Die damals 36-Jährige öffnete, als «Polizei»-Rufe erschallten. Drei Männer in Polizeiuniformen drangen daraufhin in die Suite ein – es waren Einbrecher.

Einer band der Frau mit Plastikbändern die Hände hinter dem Rücken zusammen. Er habe sie dabei ungehörig berührt, gab die Influencerin später zu Protokoll. Ein anderer schrie «la Ring, la ring». Kardashian verstand erst, als der mitgeschleppte Türpförtner übersetzte: «Madame, ich glaube, die wollen Ihren Ring.»

Jetzt verstand Kardashian. Sie wies auf den Nachttisch, wo ein fingernagelgrosser Diamantring von 18,8 Karat lag – ein Geschenk ihres Mannes, des Rappers Kanye West, im Wert von 3,5 Millionen Euro. Nun platzierten die Einbrecher die Stylistin gefesselt und geknebelt in der Badewanne, um binnen weniger Minuten weitere Wertgegenstände wie etwa eine Rolex-Uhr einzupacken – so viele, dass sich die mitgebrachte Tasche nicht mehr schliessen liess.

Dann suchte die Bande mit Fahrrädern und zu Fuss das Weite. Die Tasche mit dem Diebesgut wog allerdings so schwer, dass der Fahrer zu Boden stürzte. Er musste zahllose Schmuckstücke auf dem Pflaster zusammensuchen. Ein diamantbesetztes Kreuz blieb im Rinnstein liegen. Eine Passantin fand es erst am nächsten Morgen und lieferte es auf der Wache ab.

Kardashian gelang es bald, sich zu befreien und die Polizei zu rufen. Wenige Stunden später soll sie nach New York abgereist sein. Später erzählte sie in einer amerikanischen Talkshow, sie habe beim Blick in eine Pistolenmündung gedacht: «Okay, das war es wohl.» Sie habe damit gerechnet, vergewaltigt oder umgebracht zu werden.

Die französische Polizei kam den Einbrechern schon nach wenigen Tagen auf die Spur. Nach einer intensiven Abhöraktion wurden ein Dutzend Täter und Komplizen festgenommen. Einige versuchten im belgischen Antwerpen, die Diamanten zu verhökern. Die Pariser Presse nennt sie wegen ihres meist fortgeschrittenen Alters – die Mehrheit nähert sich heute den Siebzigern – die «papy braqueurs», auf Deutsch: die Opa-Gangster.

«Der Blauäugige», «der Dicke» oder «die Raspelnase», wie sie im Milieu hiessen, hatten einiges auf dem Kerbholz. Sehr professionell gingen sie allerdings nicht zu Werke, wie eine Pariser Journalistin in einem Buch zu dem Fall nachgezeichnet hat. Trotz doppelter Plastikhandschuhe hinterliessen sie am Tatort DNA-Spuren, die zu ihrer Festnahme führten.

Einer der Beschuldigten: Yunice Abbas soll am Überfall auf Kim Kardashian beteiligt gewesen sein.
Bild:  AP

Das Raubgut, für das Kardashian versichert war, bleibt bis heute verschollen. Den Goldschmuck sollen die Gangster eingeschmolzen haben. Einer der Täter, Yunice Abbas, heute 67 Jahre alt, schrieb in der Untersuchungshaft selber ein Buch namens «Ich nahm Kim Kardashian als Geisel». Aber auch er verschweigt das Schicksal der Beutestücke.

Bis zum Prozess auf freien Fuss gesetzt, tritt Abbas sogar in TV-Shows auf. Der vom Sozialgeld lebende Grossvater erzählte, der Kardashians Chauffeur an der Modewoche habe seinem Bruder den heissen Tipp gegeben: Die «Frau des Rappers» – gemeint war Kanye West, während ihnen Kim Kardashians Name nichts sagte – wohne eine Woche lang allein in Paris. «Es hätte unser letzter Coup werden sollen», erklärte Abbas. «Es wurde ein Coup zu viel.»

Der Prozess dauert bis am 23. Mai. Kim Kardashian reiste zum Auftakt nicht nach Paris, will aber Mitte Mai vor Gericht persönlich aussagen. Zehn von ursprünglich zwölf Angeklagten – einer ist seither verstorben, ein anderer wegen Alzheimer abwesend – drohen Haftstrafen von bis zu 20 Jahren.