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Jurist spricht von «Allmachtsfantasien»: Kritik an Torschlusspanik des Parlaments mehrt sich 

Der Rechtsprofessor Alain Griffel wirft dem Parlament vor, beim Bau alpiner Solarkraftwerke voreilig und verfassungswidrig entschieden zu haben. Das Gesetz werde Streitfälle und Proteste hervorrufen. 

Hat das Parlament mit der Lex Grengiols den Bogen überspannt? Dieser Meinung ist zumindest der Rechtsprofessor Alain Griffel.
Bild: Keystone

«Insgesamt ist das derzeitige Verhalten des Parlaments für mich Ausdruck einer Allmachtsfantasie»: Mit diesen Worten beschreibt der Rechtsprofessor Alain Griffel am Tag nach Ende der Session in Bern die Beschlüsse des Parlaments zur Energieversorgung. Bei der sogenannten Lex Grengiols, wo es um den Bau alpiner Solarkraftwerke geht, habe das Parlament Verfassungsbruch begangen, sagt Griffel am Freitag in einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger».

In der Tat hat das Parlament in dieser Session mehrere richtungsweisende Entscheide zur Energiepolitik gefällt, neben dem Bau der Solarkraftwerke etwa auch eine Erhöhung der Grimselstaumauer und einen Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative. Doch der Aktionsmodus löste Kritik aus. Landschaftsschützer und FDP-Nationalrat Kurt Fluri beklagte, das Parlament handle «hektisch bis hysterisch» und heble den Umweltschutz aus.

Parlamentarier sehen sich in der Pflicht, zu handeln

Noch etwas dramatischer drückt es Griffel aus: «Am anderen Ende dieser Denkweise, wirklich ganz am anderen Ende, stehen Putin und Lukaschenko.» Dabei wären Verfassung und Recht dazu da, die Macht der Politik zu beschränken. Mit seinen Entscheiden riskiert das Parlament laut Griffel nun Gegenreaktionen: «Das Gesetz wird unzählige neue Verfahren und Streitfälle generieren, mit den entsprechenden Verzögerungen.» Es sei gar mit Protestcamps in den Alpen zu rechnen.

Doch nicht alle Parlamentarier sehen es gleich wie Fluri und Griffel. Mitte-Nationalrat Philipp Bregy meint gegenüber Radio SRF, die Kritik «disqualifiziere» das Parlament. «Ich erachte es als meine Pflicht, als Parlamentarier in einer solchen Krise die nötigen Entscheide zu treffen.» So sieht es auch Albert Rösti von der SVP. Als Parlamentarier fühle er sich verantwortlich, dass es dereinst genügend Strom gebe, so Rösti gegenüber SRF. (gb)