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Porträt

Jill Kelley – das ist die Frau, die zwei Generäle stürzte

Affären, Hochstapelei, Kreditkartenschulden: Jill Kelley löste die Untersuchung gegen CIA-Direktor Petraeus aus.

Jill Kelley wirkte kein bisschen gehetzt, als sie am Montagnachmittag in Pfennigabsätzen von ihrer Villa in Tampa zu ihrer Luxuslimousine stöckelte. Man hatte im Gegenteil den Eindruck, als geniesse sie die Aufmerksamkeit der wartenden Paparazzi, denen sie sich mit wippendem Schritt und in einem engen, grellgelben Kostüm darbot.

Seit Beginn dieser Woche sind alle Augen auf Kelley gerichtet. Die 37-jährige Frau eines renommierten Chirurgen steht im Zentrum des grössten Washingtoner Sex-Skandals seit Monica Lewinsky. Die mysteriöse Femme fatale hat das Schicksal zweier der ranghöchsten Militärs des Landes in der Hand.

Kelley arbeitete hart daran, enge Verbindungen zu den höchsten Kreisen der Macht aufzubauen. Auf Kelleys Visitenkarte steht «Gesellschafts-Liaison» des Luftwaffenstützpunkts Mac Gill in Tampa, dem Sitz des Oberkommandos des US-Militärs. Inhalt des unbezahlten Jobs, den sie für sich selbst erfunden hatte, war es, für die Generäle und Diplomaten in Tampa extravagante Partys zu schmeissen.

Extravagante Partys

Bei diesen Anlässen lernte Kelley David Petraeus, den damaligen Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte, kennen sowie seinen Nachfolger in Afghanistan, John Allen. Wie gut sie die beiden Soldaten kannte und wie genau ihre Beziehung zu den beiden Männern beschaffen war, ist nun zu einer Frage der nationalen Sicherheit geworden.

Bekannt ist, dass Kelley die FBI-Untersuchung auslöste, die zum Sturz von Petraeus führte. Kelley hatte einem FBI-Angestellten, der ebenfalls in der Gesellschaft von Tampa verkehrte, von E-Mails berichtet, in denen sie bedroht wurde. Die darauf folgende FBI-Untersuchung deckte die Sexaffäre von Paula Broadwell und Petraeus auf.

Die Meldungen der letzten 48 Stunden legen jedoch eine noch viel verworrenere Geschichte in den Kreisen rund um das US-Oberkommando nahe, als nur ein Eifersuchtsdrama zwischen zwei Mätressen. Warum die Beziehung zwischen Kelley und Petraeus Broadwell genau erzürnte, weiss man noch nicht. Dafür weiss man inzwischen, dass der FBI-Angestellte, mit dem Kelley korrespondierte, ihr anzügliche Fotos hatte zukommen lassen. Die wirkliche Bombe platzte jedoch, als das Verteidigungsministerium eine Untersuchung gegen Allen einleitete, der Tausende vertrauliche E-Mails mit Kelley ausgetauscht haben soll, möglicherweise mit geheimen Militärdokumenten.

Hang zur Hochstapelei

Nun fragt sich die gesamte Nation bis hin ins Weisse Haus, welches Spiel Jill Kelley denn tatsächlich trieb? Wie hatte sich die Gesellschaftsdame das Vertrauen der mächtigen Männer erworben und was führte sie im Schilde? Die Untersuchung der Allen-Affäre wird das Bild in den nächsten Wochen sicherlich schärfen, doch was bereits bekannt ist, ist dubios genug. Kelley ist eine Frau mit starkem Hang zur Hochstapelei sowie massiven finanziellen Problemen. Die Tochter eines libanesischen Einwanderers und ihr Mann Scott wurden in den letzten zehn Jahren neun Mal verklagt, laut der «Tampa Bay Times» stets im Zusammenhang mit Hypotheken- und Kreditkartenschulden in Millionenhöhe. Ihr ausschweifender Lebensstil ging offenkundig weit über ihre Verhältnisse. Dazu passte, dass Kelley sich als «Konsulin für Südkorea» bezeichnete und sich ein entsprechendes Nummernschild für ihren Mercedes fertigen liess, obwohl sie niemals offiziell im Staatsdienst war.

Einen Hinweis auf ihre Motive wollte die «Tampa Bay Times» im Verhalten von Kelleys Zwillingsschwester Natalie Khawam sehen. Khawam, die ebenfalls Millionenschulden hat, ist in Tampa dafür bekannt zu versuchen, sich mit erpresserischen Klagen gegen frühere Arbeitgeber und Kollegen zu refinanzieren. Wie Kelley geplant hatte, aus ihrem Beziehungsgeflecht in den höchsten Militärkreisen Kapital zu schlagen, wird vermutlich klarer, sobald der Inhalt der E-Mails zwischen ihr und Allen bekannt wird.