notifications
Finanzmärkte

Italiens Banken versenken Melonis Übergewinnsteuer

Mit einer milliardenschweren Übergewinnsteuer für die Banken wollte Italiens rechtsnationalistische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni Haushaltslöcher stopfen – doch die Finanzinstitute zahlen keinen Cent.
Gescheitert: Ministerpräsidentin Giorgia Meloni kann sich nicht durchsetzen.
Bild: Bild: Roberto Monaldo/AP

Giorgia Meloni hatte die neue Steuer zusammen mit Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini im stillen Kämmerlein ausgeheckt und Anfang August mit Pauken und Trompeten verkündet: Die bösen Banken, die auf Kosten der armen Häuslebauer und der Sparerinnen und Sparer in diesem Jahr Rekordgewinne schreiben, sollten mit einer neuen Abgabe kräftig zur Kasse gebeten werden.

Tatsächlich haben die italienischen Banken – im Unterschied zu ausländischen Instituten – die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank (EZB) zwar umgehend an die Kreditnehmer weitergegeben, während auf Spareinlagen weiterhin keine oder nur minimale Zinsen gutgeschrieben werden. Die Regierung rechnete dank der Übergewinnsteuer mit Einnahmen von 3 bis 7 Milliarden für die leere Staatskasse.

Die auf dem Robin-Hood-Prinzip (nimm das Geld bei den Reichen, um es dann an die Armen zu verteilen) basierende Übergewinnsteuer war natürlich sehr populär – aber Meloni hatte die Rechnung ohne die Finanzmärkte und ohne die Banken gemacht.

Weil die Massnahme im August ohne jede Vorankündigung und ohne Absprache mit der EZB verkündet worden war, erlitten die italienischen Banken am Tag darauf an der Mailänder Börse einen spektakulären Kurssturz: An einem einzigen Tag wurden im Bankensektor Börsenwerte von 9 Milliarden Euro vernichtet.

In den Parteizentralen der rechtsnationalistischen und populistischen Regierungsparteien Fratelli d’Italia, Lega und Forza Italia läuteten zum ersten Mal die Alarmglocken.

Meloni bezeichnete die Steuer zwar weiterhin als «sakrosankt», ruderte aber ein erstes Mal zurück: Schon Ende August liess die Regierung durchblicken, dass sie zwar mindestens 3 Milliarden Euro sofort brauche, aber dass diese ja in den folgenden 5 bis 10 Jahren in Form von Steuergutschriften wiedererstattet werden könnten. Aus der Steuer wurde also eine Zwangsanleihe der Banken an den Staat.

Doch auch gegen diese stark verwässerte temporäre Abgabe liefen die Finanzinstitute hinter den Kulissen Sturm. In der Folge hat Meloni in diesen Tagen eine neue, diesmal definitive Lösung aus dem Hut gezaubert: Statt die Steuer an den Staat abzuliefern, können die Banken nun mit dem zweieinhalbfachen des Betrags ihre eigenen Kapitalpuffer stärken.

Die Idee ist zweifellos sinnvoll, nur: Eine weitere Stärkung ihrer Kapitalbasis hatten die in diesem Jahr in ihren Profiten schwimmenden Banken unabhängig von der Steuer ohnehin schon beschlossen.

Das Resultat: Keine einzige italienische Bank wird auch nur einen Cent Übergewinnsteuer zahlen – nicht einmal die verstaatlichte ehemalige Pleitebank Monte dei Paschi di Siena und die Staatsbank für die Entwicklung des Südens, die Mediocredito Centrale, sind bereit, Finanzminister Giancarlo Giorgetti ein wenig unter die Arme zu greifen.

Flop zeigt die Macht der Banken

Lieber beglücken die Finanzinstitute ihre Aktionäre: Allein die beiden grössten Banken Italiens, Intesa SanPaolo und Unicredit, haben in diesen Tagen Dividendenausschüttungen zwischen 5,8 und 6,5 Milliarden Euro angekündigt. Die Mailänder Zeitung «Corriere della Sera» bezeichnete das Vorprellen und den anschliessenden Rückzieher der Rechtsregierung bei der Übergewinnsteuer gestern als «Farce».

Der Flop der Übergewinnsteuer hat immerhin die enorme, auch politische Macht der Banken in Italien aufgezeigt. Das hat vor allem mit der hohen Verschuldung des Landes zu tun, die sich auf beinahe 3 Billionen Euro beläuft.

Die einheimischen Geschäftsbanken und die EZB zählen zu den wichtigsten Kreditgebern des italienischen Staats. Sollten die Banken beim Kauf italienischer Staatsanleihen zurückhaltender werden, könnte dies für die Finanzierung des Staats sehr unangenehme Folgen zeitigen.

Das Eis, auf dem sich Finanzminister Giorgetti bewegt, ist dünn: Mit Bangen wartet Rom heute (Freitag, 17. November) auf das Urteil der Ratingagentur Moody’s. Die Agentur stuft Italiens Staatsanleihen schon bisher nur eine Stufe über Ramschniveau ein.

Und das peinliche Hin und Her bei der Übergewinnsteuer hat das Vertrauen der Finanzmärkte in Italien nicht gestärkt.