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Ist das die echte Viola Amherd? Bundesrat kämpft im Twitter-Chaos um seine Verifizierungs-Haken

Was haben Beyoncé, der Papst und der Bundesrat gemeinsam? Sie alle haben vor einer Woche ihre Verifizierung auf Twitter verloren. Für Regierungsmitglieder ist es theoretisch einfach, die Verifizierung zurückzuholen. Theoretisch.

Bundespräsident Alain Berset hat einen, Bundesrätin Viola Amherd hingegen nicht: Der graue Haken wäre eigentlich leicht zu beantragen. Doch Twitter-intern herrscht Chaos.
Bild: Bild: Keystone/Twitter

Es gab eine Zeit, da stand der blaue Haken auf Twitter für etwas. Das weisse Gutzeichen auf blauem Grund, der «blue check», war so etwas wie ein Gütesiegel. Er war wichtigen Leuten und Organisationen vorbehalten und bedeutete: Dieser Account ist vertrauenswürdig, und er gehört der Politikerin, dem Künstler, der Sportlerin, dem Journalisten oder der NGO, die er vorgibt zu sein.

Seit dem 21. April bedeutet der blaue Haken nur noch: Dieser Account bezahlt dafür. Und zwar acht Dollar pro Monat, umgerechnet etwa sieben Franken.

Twitter, das soziale Medium, das Menschen weltweit als verlässliche Informationsquelle genutzt hatten – Polizeiticker, Staumeldungen und Zeitungsberichte sind nur drei Beispiele von vielen –, hat seine Verlässlichkeit verloren. Und das auf Geheiss des neuen Chefs Elon Musk höchstpersönlich, der Twitter im vergangenen Oktober gekauft hatte.

Fake-Profile behaupten, sie seien der Papst

Schon kurz nach dem Kauf kündigte Musk an, aus dem blauen Haken einen Bezahldienst zu machen. Nach mehreren gescheiterten Versuchen gilt es seit dieser Woche ernst. Die rund 300’000 verifizierten Accounts haben fast alle ihren blauen Haken verloren, darunter Beyoncé, Papst Franziskus oder Donald Trump.

Einige wenige Accounts, darunter jener des Basketballstars LeBron James oder des Thrillerautors Stephen King, behielten ihre blauen Haken, obwohl sie den Bezahldienst zuvor kritisiert hatten. Elon Musk gab daraufhin bekannt, dass er für einige Accounts die 8-Dollar-Gebühr aus eigener Tasche bezahle.

Das Chaos war vorprogrammiert. Denn jetzt, wo Prominente, Organisationen oder Regierungen ihre Identität nicht mehr verifizieren können, tauchen haufenweise Accounts auf, die sich als jemand anderes ausgeben. So passiert etwa bei der Stadtregierung New Yorks, von der ein falsches Profil auftauchte , das die Authentizität des eigentlichen, echten Accounts infrage stellte. Die Diskussion nahm komische Züge an, als sich ein falscher Papst Franziskus einschaltete, der das falsche Profil als das richtige deklarierte. Die Tweets sind mittlerweile nicht mehr auffindbar.

Blau, grau und golden: Was bedeuten die neuen Haken?

Den blauen Haken können sich inzwischen alle Twitter-User für acht Dollar pro Monat kaufen. Umgerechnet sind das etwa 7 Franken. Ursprünglich wurde der blaue Haken kostenlos vergeben, wenn Twitter einen Account verifiziert hatte. Mit dem neuen System verliert die Verifizierung ihre Bedeutung.
Der goldene Haken ist für Unternehmen und Organisationen vorgesehen. Er kostet bis zu 1000 Dollar monatlich. Unternehmensprofile erhalten nebst dem Haken quadratische Profilbilder. Die der anderen Twitter-Nutzer sind rund.
Die grauen Haken sollen in erster Linie die Accounts von Regierungsorganisationen und von Behörden kennzeichnen. Sie sind kostenlos.

Graue Haken für die Bundesräte, aber nicht für alle

Dass solche Fake-Profile auch in der Schweiz schnell erstellt und täuschend echt sein können, zeigte das falsche Instagram-Profil von Bundesrätin Viola Amherd, das Anfang Jahr auftauchte und sogar ihre Amtskollegen in die Irre führte .

Auf Twitter sind zwar seit letztem Freitag noch keine Fake-Profile von Regierungsmitgliedern aufgetaucht. Trotzdem hat der Bund mit Twitter und den neuen Regeln seines Chefs zu kämpfen.

Für Behörden gibt es nun graue Haken. Sie sind kostenlos und jenen Accounts vorbehalten, die zu einer Regierung gehören. Bundesrätinnen, Parlamentarier, Mediensprecherinnen oder Departemente müssen sich mit ID oder E-Mail-Adresse bewerben, um diesen grauen Haken zu erhalten. So weit, so einleuchtend – nur, dass das nicht stimmt.

Nun, eine Woche nachdem Elon Musk das ganze «Blue check»-System auf den Kopf stellte, haben Beyoncé und der Papst ihre Haken erhalten, ebenso die Bundesräte Alain Berset und Ignazio Cassis und Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Viola Amherd, Guy Parmelin und auch der Bundesratssprecher André Simonazzi gehen aber bisher leer aus.

Wie es aussieht, herrscht Twitter-intern ein ziemliches Chaos. Die Bundeskanzlei schreibt auf Anfrage, einige Accounts in der Bundesverwaltung hätten einen grauen Haken bekommen, ohne ihn zu beantragen. Andere hätten ihn auf Antrag bekommen, und wieder anderen habe Twitter den grauen Haken verwehrt, «obwohl sie die Anforderungen eindeutig erfüllen».

Die Bundeskanzlei ist nun bemüht, für alle institutionellen Accounts der Bundesverwaltung einen grauen Haken zu bekommen. Sie suche den Kontakt mit Twitter, schreibt sie, «bisher leider ohne Erfolg».