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Zweitwohnungen

Initiativ-Gegner kämpfen mit Josef Stalin gegen Franz Weber

Die Gegner der Initiative über den Zweitwohnungsbau sind spät erwacht – jetzt ziehen sie im letzten Moment alle Register. Bei der Initiantin Vera Weber, der Tochter von Umweltschützer Franz Weber, löst die Kampagne aber nur ein Lächeln aus.

Die Initiative von Umweltschützer Franz Weber gegen den «uferlosen Bau von Zweitwohnungen» stösst im Volk auf Sympathie. In einer SRG-Umfrage Anfang Februar sprachen sich 61 Prozent dafür aus, den Anteil der Ferienwohnungen pro Gemeinde auf 20 Prozent zu begrenzen. Ein ähnliches Resultat förderte eine nicht repräsentative Umfrage auf der Homepage der Fernsehsendung «Arena» zutage: 60 Prozent wollen dem Volksbegehren zustimmen, 40 Prozent lehnen es ab.

Kühne Behauptungen

Diese Zahlen haben die anfänglich siegessicheren Gegner aufgeschreckt. Das überparteiliche Komitee unter Federführung der Grünliberalen schaltete in den vergangenen Tagen und Wochen unaufgeregte, sachliche Inserate (Gemeinden nicht bevormunden, Zweitwohnungsinitiative stoppen). Doch der nüchterne Auftritt ist einer anonymen Gruppe von Walliser Bau- und Tourismusunternehmern zu wenig. Sie schalteten gestern in mehreren grossen Zeitungen ganzseitige Inserate. Mit einer drastischen Bildsprache und kühnen Behauptungen wird vor einem Ja zur Initiative gewarnt. Zu sehen ist ein älterer Mann mit finsterer Miene und Schnauz, der mit Hammer und Sichel auf ein Chalet eindrischt. Die Figur ist bei genauem Hinschauen als Josef Stalin, der blutrünstige Diktator der Sowjetunion, zu identifizieren.

«Damit werden uralte kommunistische Feindbilder beschworen», sagt Kampagnenspezialist Mark Balsiger auf Anfrage der az. Mit roter Farbe wird vor dem «Ruin der Berggebiete», massiver Abwanderung in die Städte und dem «Verschwinden von Ferienorten mittlerer Grösse» gewarnt. «Nein zum Tod der Freiheit und Eigenständigkeit, nein zur Planwirtschaft.»

Toll findet die Angstkampagne mit Massenmörder Stalin der Walliser SVP-Nationalrat Oskar Freysinger. «Wir müssen die Leute aufrütteln. Wenn diese Initiative durchkommt, ist das für die Berggebiete eine Katastrophe.» Auch Jean-Marie Fournier hält den schrillen Auftritt, der laut Insidern rund 100000 Franken gekostet haben soll, für richtig. «Die Initiative ist der Versuch, die Kantone zu entmündigen und einen Zentralstaat einzuführen», sagt der Besitzer von Hotels und Bergbahnen im Wallis zur az.

Beim überparteilichen Komitee «Nein zur Zweitwohnungsinitiative» ist man hingegen überrascht. «Von dieser Zweitkampagne war nie die Rede», sagt der Berner BDP-Nationalrat Lorenz Hess. Und auch der Aargauer Grünliberale Beat Flach, dessen Partei die Kampagne eigentlich führen sollte, wusste von nichts. Die Freude über die unerwartete Schützenhilfe aus dem Wallis hält sich auf jeden Fall in Grenzen: «Ein emotionaler Auftritt kann gut sein. Doch hier wird übers Ziel hinaus geschossen», sagt Flach. Die Raumplanung eigne sich schlecht für Angstkampagnen und schrille Töne.

Kampagnenspezialist Balsiger hat das Inserat für die az unter die Lupe genommen. Sein Fazit: An ähnliche Sujets habe man sich in der Schweiz gewöhnt. Doch bei diesem Inserat sei der Bildanteil deutlich zu klein und die Seite zu textlastig. So werde die Botschaft zu wenig prägnant transportiert.

Balsiger hält die Kampagne deshalb für eine von der bisherigen Propaganda losgelöste «Panikreaktion der Gegner, die kaum Erfolg bringen wird». Es sei denn, das anonyme Komitee schalte diese Inserate nun tagelang in diversen Zeitungen. Das sei aber eine äusserst kostspielige Angelegenheit.

Vera Weber bleibt gelassen

Ein Lächeln löst die Kampagne bei Initiantin Vera Weber, Tochter von Umweltschützer Franz Weber, aus: «Die Behauptung, unsere Initiative treibe die Bergregionen in den Ruin, ist lächerlich.» Das Gegenteil sei der Fall. Weniger Zweitwohnungen seien eine Chance für den Tourismus. Weber ist überzeugt, dass sich eine Mehrheit der Bevölkerung nicht manipulieren lasse und die Initiative «jetzt erst recht» unterstützen werde.