«Österreich ist ein Land, das seine vielen Skandale stets brav aufarbeitet – und dann passiert nichts.» Dieses geflügelte Wort erfuhr am Wahlabend seine eindrückliche Bestätigung: Fünf Jahre nach der markerschütternden Ibiza-Affäre schaffte die FPÖ einen historischen Wahlsieg und verwies alle anderen Parteien auf die Plätze.
Fünf Jahre nach der Schlagzeile der «Kronen-Zeitung» «FPÖ am Ende» und dem Rücktritt des damaligen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache greift dessen Komplize Herbert Kickl nach der Macht. Kein schlechter Karrieresprung für den damaligen Innenminister, der im Zuge von «Ibiza» mit Schimpf und Schande aus dem Amt gejagt wurde – als erster Minister der Zweiten Republik überhaupt.
Nach Verkündung der ersten Hochrechnungen blieb zunächst unklar, ob der Bundespräsident tatsächlich Kickl und der FPÖ den Auftrag zur Regierungsbildung geben würde. Mathematisch möglich und politisch denkbar waren am Sonntag vier verschiedene Koalitionsvarianten; drei davon ohne FPÖ.
Doch nach Einschätzung aller Kommentatoren bedeutete der Volksentscheid die klare Abwahl der regierenden ÖVP und des Grünen-Koalitionspartners. Eine Mehrheit der österreichischen Wählerinnen und Wähler gab den Rechtspopulisten ihre Stimme, weil sie mit der bisherigen Regierungsarbeit unzufrieden war.
Falls Bundespräsident Alexander Van der Bellen angesichts dieses Ergebnisses konsequent ist, wird er Kickl zumindest einmal mit dem Regierungsauftrag mandatieren. Dann wäre dem Volk auch klar: Jede Wahl, auch eine Protestwahl, hat Folgen.