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Berlusconi

Hausarrest oder doch Toilettenputzen? Die Richter werden entscheiden

Ein Mailänder Gericht berät darüber, wie Ex-Premier Silvio Berlusconi seine Strafe wegen Steuerbetrugsverbüssen muss. Dieser befürchtet, dass ihn die Justiz zuletzt «doch noch in den Kerker werfen lässt.»

Die Liste der Delinquenten, über deren Strafvollzug das Gericht gestern verhandelte, umfasste 58 Namen. Die Akte «Berlusconi Silvio» stand erst gegen Abend auf dem Tagesprogramm. Im Wesentlichen geht es darum, wie der Straftäter Berlusconi, der im vergangenen August wegen Steuerbetrugs in letzter Instanz zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt worden war, am besten resozialisiert, das heisst: wieder zu einem nützlichen Mitglied der Gesellschaft gemacht werden kann.

Berlusconi hat die Strafverbüssung in Form von Sozialdienst beantragt: Er würde sich gerne in einem Heim für körperlich und psychisch behinderte Menschen um die Patienten kümmern. Berlusconi glaube, argumentierten seine Anwälte, die Behinderten durch seine optimistische Art motivieren zu können, nicht zu resignieren.

«Am Ende verhaften sie mich»

Alternativ käme auch der Dienst in einem Altersheim in der Nähe von Berlusconis Wohnort Arcore infrage. Oder eine Beschäftigung im Mailänder «Verein für die Opfer von Justizirrtümern», wie der «Corriere della Sera» bissig schrieb.

Der Staatsanwalt hat sich gestern mit der Lösung Sozialdienst einverstanden erklärt. Damit ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass Berlusconi seine Strafe in dieser milden Form wird «absitzen» können. Sein Arbeitseinsatz wäre wohl auf einen Halbtag pro Woche beschränkt. Das Gericht wird nun frühestens in fünf und spätestens in fünfzehn Tagen über die Vollzugsform entscheiden.

Weil drei Jahre von Berlusconis Strafe von einem allgemeinen Straferlass abgedeckt sind, wird er so oder so nur noch ein Jahr verbüssen müssen

Dem Entscheid blickt der Ex-Premier seit Wochen mit einer Mischung aus ohnmächtiger Wut und lähmender Angst entgegen. «Ihr werdet sehen: Am Ende lassen sie mich verhaften und werfen mich in den Kerker», hatte er gegenüber seinen fünf Kindern und politischen Vertrauten gesagt. Oder er müsse bei der Caritas vor laufenden Kameras WCs putzen gehen. Tatsächlich ist der Strafantritt für den einst «besten Ministerpräsidenten der letzten 150 Jahre» (Eigendefinition) eine Demütigung sondergleichen.

Schadenersatz genügt offenbar

Objektiv gesehen war Berlusconis Angst vor dem Kerker von Anfang an unbegründet: Straftäter, die das 75. Altersjahr überschritten haben, müssen in Italien nicht mehr ins Gefängnis. Zwar wäre eine wichtige Voraussetzung für die Bewilligung von Sozialdienst die Einsicht in das begangene Unrecht – was bei Berlusconi nicht gegeben ist.

Er bezeichnet seine Verurteilung als Steuerbetrüger nach wie vor als ungeheuerlichen Skandal. Der Staatsanwalt hat sich aber offenbar damit begnügt, dass Berlusconi den vom Gericht im August verhängten Schadenersatz von zehn Millionen Euro an den Staat inzwischen bezahlt hat und er bisher nicht vorbestraft war.

Mit der Gewährung des Sozialdienstes wäre Berlusconis «politische Bewegungsfreiheit» nur unwesentlich beeinträchtigt: Der Ex-Premier könnte als Chef der nach wie vor grössten Rechtspartei Italiens, der Forza Italia, am Europa-Wahlkampf teilnehmen. Wenn auch wegen des ihm auferlegten Amtsverbots nicht als Kandidat.

Berlusconi hätte als Sozialdienst Leistender lediglich einige Auflagen zu erfüllen: Er müsste zwischen 23 und 6 Uhr zu Hause in Arcore sein, er dürfte seine Wohnregion Lombardei nicht verlassen, und er dürfte keinen Umgang mit Vorbestraften und Drogenabhängigen pflegen. Zusätzlich hätte er sich, weil er im Juni 2013 in erster Instanz wegen Bezahlsex mit einer minderjährigen Marokkanerin verurteilt worden ist, von Mädchen unter 18 Jahren fernzuhalten.