Albert Rösti hat ein Herz für die Kartoffel. Normalerweise verbietet der gute Geschmack Kalauer mit den Namen von Bundesräten. Doch beim Umweltminister ist dies Teil seines eigenen Charmes, man könnte auch sagen: seiner Inszenierung. Schon 2013 sagte er in einem Porträt der «Schweizer Illustrierten: «Einen solchen Namen muss man ausnützen.» Das Bild zeigt ihn hinter einem dampfenden Teller mit Rösti.
Als jüngsten Streich liess er es sich nicht nehmen, für einen Test der neuen Aromat-Chips den Kartoffelexperten zu mimen. Albert Rösti, volksnah und gewöhnlich wie ein Härdöpfel. Es ist keine schlechte Metapher für einen SVP-Magistraten.
Selbst in offizieller Mission bemüht Rösti das Bild. Vor Kurzem erklärte Rösti an einer Presskonferenz, dass er auf Grenzwerte für drei potenziell gefährliche Pflanzenschutzmittel verzichten wolle. Es war eine Abkehr von einem Versprechen rund um die sogenannten Trinkwasser-Initiativen, welche das Volk 2021 versenkte.
Unter den Wirkstoffen, für die Rösti keine Grenzwerte will, ist Deltamethrin. Dieses sei in der Landwirtschaft unabdingbar, sagte Rösti, unter anderem zur Bekämpfung der Krautfäule bei Kartoffeln käme er zum Einsatz. Rösti stellte die Nahrungssicherheit der Schweiz auf die Waage: «Es brauchte eine Güterabwägung», sagte er.
Auf einen Artikel dieser Zeitung mit diesem Zitat meldeten sich zahlreiche Kartoffelproduzenten. Sie warfen dem studierten Agronom Rösti Fehlinformation vor: Deltamethrin sei ein Insektizid, die Krautfäule liesse sich damit nicht bekämpfen. Tatsächlich ist die Kraut- und Knollenfäule zwar eine ernsthafte Bedrohung für die Schweizer Kartoffelproduktion. Ohne Schutzmassnahmen kann sie einen ganzen Bestand innert weniger Tage vernichten. Allerdings handelt es sich bei dieser Krankheit um einen Pilz. Keiner der drei Wirkstoffe hätte den geringsten Effekt auf von Krautfäule befallene Kartoffeln.
Auf Nachfrage räumt das Generalsekretariat des Umwelt- und Verkehrsdepartements den Fehler ein. «Die Erwähnung der Pflanzenkrankheit Krautfäule war im Zusammenhang mit dem PSM-Wirkstoff Deltamethrin ein Missverständnis aus dem Dialog mit dem Journalisten», lässt das Departement verlauten.
Auch in der Debatte um neue Züchtungsmethoden führt Rösti die Kartoffel ins Feld. Der Bundesrat will neue Formen der Gentechnologie zulassen; der Widerstand dagegen ist allerdings gross. Als vergangenen Sommer der Ständerat darüber debattierte, sagte Rösti im Parlament: «Wir haben grosse Probleme bei den Pestizidzulassungen, auch aufgrund der Produkte-Rückzüge in der EU. Es gibt Bedarf, das Beispiel Krautfäule wurde genannt.» Gut möglich, dass auf dem Pult des Infrastrukturministers etwas durcheinander kam.
Immerhin: Deltamethrin wird gegen Kartoffelkäfer eingesetzt, wenn auch – so erzählen es Produzenten – aufgrund schnell resistenter Käfer nicht besonders effektiv.
