Eine der ersten Ankündigungen Barack Obamas nach seiner Wahl zum Präsidenten war, das umstrittene Gefängnis Guantanamo auf Kuba zu schliessen. Jene Häftlinge, denen nichts vorgeworfen wurde, sollten in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden.
Dabei wollten sich die US-Diplomaten vortasten, was die Rückführ-Länder zu ihren Guantanamo-Inhaftierten meinten. Die jetzt in «Le Monde» veröffentlichten Depeschen zeigen höchst fragwürdige Ansichten von Politikern und Diplomaten aus dem Maghreb und dem Nahen Osten.
Da ist etwa der Innenminister Kuwaits, Scheich Jaber Al-Khalid Al-Sabah: «Lasst sie sterben», war sein Rat an die US-Diplomatie. Und weiter: «Wir sollten sie loswerden. Ihr (USA) habt sie in Afghanistan gefangen, schickt sie wieder dorthin, direkt in die Kriegszone.»
«Ihr hättet sie ertrinken lassen sollen»
Als die amerikanische Marine im Golf sieben schiffbrüchige Iraner aufgriff, die offenbar Haschisch schmuggelten, hatte der Minister ein Lachen auf dem Gesicht: «Gott wollte sie strafen und ihr (USA) habt sie gerettet. Jetzt sind sie euer Problem. Ihr hättet sie ertrinken lassen sollen.»
Der saudische König Abdallah hatte eine ganz spezielle Idee, wie er die Rückgeführten im Auge behalten könnte. Dem Antiterrorismus-Berater Obamas schlug er vor, den Rückgeführten einen Chip einzupflanzen, um sie dann via Bluetooth-Funktechnik zu überwachen.
Bei Pferden und Falken hats auch geklappt
Der König meinte, das sei ein probates Mittel, denn schliesslich würden er und seine Hofschranzen diese Chips schon seit längerem erfolgreich an Pferden und Falken einsetzen. Obamas Berater meinte darauf, das sei natürlich eine Idee, aber die Pferde verfügten wohl über keine guten Anwälte.
Als die USA zwölf Tunesier in Guantanamo nicht in ihr Heimatland abschieben wollte, war Tunis empört. Die Diplomaten kontaktierten Deutschland, Italien und Spanien und bat die Länder «höflich», dem Wunsch der USA nicht zu entsprechen, den Guantanamo-Tunesiern Asyl zu gewähren.
Keine Folter in Tunesien? So ein Quatsch!
Wenige Tage später lud der Chef der amerikanischen Mission in Tunis Vertreter von Deutschland, Italien, Spanien und zusätzlich Frankreich, England, Kanada ein. Er wollte von den Diplomaten wissen, was sie über die Anwendung von Folter in Tunesien wissen.
Die von Tunesien eingeseiften Länder Italien und Spanien wollten sich nicht äussern oder sahen kein Problem. Kanada und England aber nahmen kein Blatt vor den Mund: Die ständige Verneinung von tunesischer Seite, wenn die Behörden auf Folterpraktiken angesprochen werden, sei «Quatsch». Deutschland meinte: Wer in Tunesien wegen Terrorverdachts im Gefägnis sitzt, riskiert die Folter.