Beim Erfinden neuer Steuern beweist der griechische Premier Alexis Tsipras erstaunliche Fantasie: Eine Sondersteuer auf Pay-TV, Festnetztelefonate und Internetsurfen, eine Kaffeesteuer, spezielle Abgaben auf Tablets, Smartphones und Laptops – bei jeder Gelegenheit greift der Fiskus den Griechen in die Tasche. Jetzt will Tsipras auch die Touristen schröpfen. Sie sollen ab 1. Januar eine «Schlafsteuer» von bis zu vier Euro pro Nacht bezahlen. Die griechische Reisebranche fürchtet Einbussen in dreistelliger Millionenhöhe und den Verlust Tausender Arbeitsplätze.
Premier Tsipras hat strikte Vorgaben: Auf Geheiss der Gläubiger soll Griechenland im nächsten Jahr im Haushalt einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts erwirtschaften. Wie die Regierung dieses Ziel erreicht, ist ihre Sache. Ausgabenkürzungen scheut Tsipras, denn die würden seine Kernklientel treffen, die Staatsbediensteten. Sie verdienen in Griechenland im Schnitt fast 40 Prozent mehr als Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft. Statt die üppigen Gehälter im Staatsdienst zu stutzen, erhebt der Linkspopulist Tsipras lieber neue Steuern. 26 Steuererhöhungen und neue Abgaben hat seine Regierung seit ihrem Amtsantritt Anfang 2015 den Bürgern und Unternehmen bereits aufgebürdet. So stieg die Mehrwertsteuer von 23 auf 24 Prozent. Den Spitzensatz in der Einkommenssteuer erhöhte die Regierung von 42 auf 45 Prozent, der Soli-Zuschlag stieg von 2,8 auf bis zu 10 Prozent. Unternehmensgewinne werden mit 29 statt 26 Prozent besteuert.
Ein Ergebnis ist: Immer mehr Griechen können ihre Steuern nicht bezahlen. Die Einkommen sind im Verlauf der Krise um durchschnittlich fast 40 Prozent gefallen. Allein in diesem August blieben die Steuerzahler dem Fiskus rund eine Milliarde Euro fälliger Abgaben schuldig.
Weil die Zahlungskraft vieler Griechen erschöpft ist, will die Regierung die ausländischen Touristen zur Kasse bitten. Ab 2018 müssen sie pro Tag zusätzlich zur Mehrwertsteuer eine Übernachtungsabgabe zahlen. Wer in einem Drei-Sterne-Hotel übernachtet, zahlt 1.50 Euro pro Ferientag. Für Vier- und Fünf-Sterne-Hotels beträgt die Steuer 3 beziehungsweise 4 Euro. Damit hofft Finanzminister Euklid Tsakalotos, im nächsten Jahr 84 Millionen Euro zu kassieren.
«Zerstörerische» Steuer
Unter dem Strich dürfte die neue Steuer dem Fiskus aber nicht mehr, sondern weniger Einnahmen bescheren. Eine Studie des Wirtschaftsberatungsunternehmens Grant Thornton im Auftrag der griechischen Hotelkammer kommt zu dem Ergebnis, dass die neue Abgabe der griechischen Tourismuswirtschaft Einbussen von 436 Millionen Euro pro Jahr und den Verlust von über 6000 Arbeitsplätzen verursachen wird, weil Gäste wegen höherer Preise in andere Länder ausweichen. Ohnehin zahlen die griechischen Hoteliers bereits jetzt höhere Mehrwertsteuern als ihre Konkurrenten in anderen Mittelmeerländern. Giorgos Tsakiris, Präsident der hellenischen Hotelkammer, bezeichnet die neue Abgabe als «zerstörerisch». Die Regierung will dennoch an der Übernachtungssteuer festhalten.