Brigit Leuenberger
«Wir hätten sehr gerne mehr gemacht», sagt Jürg Iseli von der Baudirektion mit Blick auf das Velokonzept, das er vertritt. Letztlich seien die diversen Visionen an der aktuellen Gesetzgebung des Kantons und des Bundes gescheitert.
Doch nicht nur daran: «In Grenchen fehlt eine Velolobby - der Leidensdruck ist offenbar nicht gross genug», so Jürg Iseli. Wohl sei einmal der Versuch unternommen worden, eine entsprechende Interessengemeinschaft zu gründen, dazu gekommen sei es aber nie.
«Die Uhrenstadt weist die höchste Anzahl Autos pro Einwohner im Kanton Solothurn aus. Das sagt auch etwas aus über die Bevölkerung», bemerkt der Projektleiter. Dabei sei nicht einmal sicher, ob der Grenchner an sich autovernarrt, deswegen bewegungsfaul und am Velo nicht interessiert sei. «Man muss das andersherum sehen: Die Topografie Grenchens ist für jeden Velofahrer eine wirklich grosse Herausforderung.»
Schnörkelloses Konzept
Das aktuelle Velokonzept, das eine frühere Version aus dem Jahr 1989 ablöst, ist ohne visionären Geist geschrieben worden. Schnörkellos rückt es die wichtigsten Punkte ins Licht, unterscheidet zwischen Veloteilstrecken erster und zweiter Priorität und gibt konkrete Massnahmen vor, die in absehbarer Zeit umgesetzt werden könnten.
Dazu zählen hauptsächlich zusätzliche Markierungen, etwa auf der Friedhofstrasse/Schützengasse oder auf der Kastelsstrasse. Kostenrahmen insgesamt: 100 000 Franken.
«Grundsätzlich sind im Rahmen der flankierenden Massnahmen bereits viele Verbesserungen im Bereich Velowege vorgenommen worden», stellt Jürg Iseli klar. Das Konzept sehe deswegen wohl etwas mager aus, sei es aber nicht wirklich.
«Durch den Rückbau der Bielstrasse und den Ausbau der Begegnungszone hat man das Zentrum für die Velofahrer deutlich attraktiver gestaltet», ist Jürg Iseli überzeugt. Tatsächlich zeigen Verkehrszählungen, dass der Verkehr im Zentrum seit der Eröffnung der Autobahn und der neuen Verkehrsführung um zwei Drittel zurückgegangen ist.
Horizonte aufbrechen
«Wir hätten uns gewünscht, dass das Konzept weitergehen würde, ja etwas visionärer wäre», sagt Reto Mosimann, Präsident der Bau-, Planungs- und Umweltkommission (Babluk). Reto Mosimann ist selber Velofahrer und hat dadurch eine andere Perspektive. «Man muss bei Velofahrern auch unterscheiden. Es gibt den sportlichen Velofahrer, dann jener, der einfach nur zur Arbeit fährt oder natürlich auch die Familie, die mit dem Velo unterwegs ist.»
Grundsätzlich steht für Reto Mosimann die Sicherheit im Vordergrund. «Die Bapluk stellt sich nicht gegen das Velokonzept der Baudirektion. Die Massnahmen, die darin festgehalten werden, sind gut und richtig. Wir wären aber weiter gegangen.»
Der Babluk-Präsident denkt dabei an Städte wie Biel oder Burgdorf, die seiner Meinung nach Vorbildcharakter haben, wenn es um die Umsetzung von Velokonzepten geht. «Dabei darf man sicher nicht ausser Acht lassen, dass diese beiden Städte nicht an einen Hang gebaut sind und deshalb für Velofahrer auch attraktiver sind als Grenchen», fügt er an.
Dennoch glaubt er: «Mit einem visionäreren Konzept hätte man eventuell Horizonte aufbrechen können. Vielleicht hätte man mehr Grenchner dazu bewegen können, öfters mal ihr Velo zu benutzen.»
Am kommenden Dienstag wird der Gemeinderat einen Grundsatzentscheid fällen und den konkreten Auftrag für ein ausführliches Velokonzept erteilen. Ebenfalls wird er den dafür erforderlichen Kredit sprechen müssen.