Das Bundesgericht vermieste den Bauern im Dezember vor drei Jahren das Weihnachtsfest: In einem Urteil konkretisierten die Lausanner Richter, was ein landwirtschaftliches Grundstück ist. Die Baulandreserven der Bauern gehören seither nicht mehr dazu.
Damit änderte das Bundesgericht die Praxis – mit weitreichenden Konsequenzen für die Landwirte. Sie verloren über Nacht ihr Steuerprivileg, wenn sie ihr Bauland verkauften oder vom Geschäfts- ins Privatvermögen überführten. «Die Bauernfamilien entrichten seither 500 Millionen Franken mehr pro Jahr an Steuern und Abgaben», sagt Markus Ritter, Präsident des Schweizerischen Bauernverbandes und Nationalrat (CVP/SG).
Denn: Seit dem Urteil müssen die Bauern den gesamten Verkaufsgewinn als Einkommen versteuern und darauf auch Sozialabgaben bezahlen. Vorher unterlag nur der Gewinn bis zum Anlagewert der Einkommenssteuer. Was darüber hinausging, wurde von der Grundstückgewinnsteuer erfasst. Weil diese aber tiefer liegt, werden die Bauern heute vom Fiskus wesentlicher stärker zur Kasse gebeten.
Bundesrat ist dagegen
Nun soll das Rad wieder zurückgedreht werden. Die Zeichen stehen gut, dass das Parlament den Entscheid des Bundesgerichtes demnächst korrigiert. Der Nationalrat hat einer entsprechenden Motion von Nationalrat Leo Müller (CVP/LU) bereits zugestimmt. Gestern sagte auch die vorberatende Kommission des Ständerates Ja – mit 11 zu 1 Stimmen. Also sehr deutlich.
Die Parlamentarier stellen sich damit gegen den Bundesrat. Dieser argumentiert, dass eine privilegierte Besteuerung von Veräusserungsgewinnen auf Bauland zu einer zusätzlichen, nicht sachgerechten Besserstellung von Landwirten gegenüber den übrigen Selbstständigerwerbenden führe. Denn die Landwirte profitieren ohnehin von einem Steuerprivileg, nämlich bei den Gewinnen auf land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken.
Wenig Freude an der geplanten Gesetzesänderung hat auch der Schweizerische Gewerbeverband. Geschäftsleitungsmitglied Rudolf Horber äussert sich kritisch: Einmal mehr sollen die Bauern steuerlich entlastet werden. Das Gewerbe sieht sich gegenüber der Landwirtschaft mit seinen Nebenerwerbstätigkeiten wie Direktverkauf, Besenbeizen oder Schlafen im Stroh ohnehin benachteilig: «Die Unterschiede werden mit der steuerlichen Entlastung der Bauern noch grösser.»
Rechtsstaatlich stossend
Wird nun also der Schreinermeister gegenüber dem Bauer weiter benachteiligt? Leo Müller wehrt sich gegen den Vorwurf. Denn die Bauern können nicht wählen, ob sie landwirtschaftlich genutztes Bauland dem Geschäfts- oder dem Privatvermögen zuschlagen.
Der Schreiner hingegen könne nichtbetriebsnotwendige Grundstücke im Privatvermögen halten – mit steuerlichen Vorteilen. «Die Bauern sind heute benachteiligt», sagt deshalb Bauernpräsident Ritter. Der Bauernverband hat die Kommissionsmitglieder des Ständerates offensichtlich mit Zahlen aus der Praxis überzeugt: «Sie sind teilweise erschrocken, wie sich das Bundesgerichtsurteil auswirkt.» Die Steuerbelastung auf den Verkaufsgewinnen liege zum Teil bei 50 bis 60 Prozent. Und künftig komme noch die Mehrwertabschöpfung von 20 Prozent hinzu.
Ständerat Roberto Zanetti (SP/SO) bestätigt, dass das Urteil des Bundesgerichts zu stossenden Fällen geführt hat. Dazu kommen staatspolitische Bedenken. Das Bundesgerichtsurteil musste sofort angewendet werden. Die Bauern hatten – im Gegensatz zu einer Gesetzesänderung – keine Vorlaufzeit, um sich vorzubereiten.
Der Ständerat wird sich in der Wintersession mit dem Geschäft befassen – und den Bauern Weihnachten in diesem Jahr ziemlich sicher versüssen.