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Zukunftstag

Kriegsjournalist Kurt Pelda: «Wir diskutieren nicht mehr über Fakten, sondern über Gefühle. Das ist brandgefährlich»

Der CH-Media-Kriegsreporter im Gespräch mit Schülern: Kurt Pelda über den Kampf um die Glaubwürdigkeit der Medien im Gaza-Konflikt.
Kriegsreporter Kurt Pelda spricht am Zukunftstag im Newsroom von CH Media in Aarau über die Gefahren des Drohnenkrieges. Dieser Artikel basiert auf einem früheren Schülerinterview mit ihm.
Bild: Alex Spichale

Kurt Pelda, 60, gilt als einer der bekanntesten Schweizer Kriegsreporter. Seit Jahrzehnten berichtet er aus Krisenregionen – von Afghanistan bis Gaza. Im Gespräch mit uns erklärt er, warum unabhängige Berichterstattung heute schwieriger ist als je zuvor und wie Fake News unsere Wahrnehmung verändern.

«In Gaza ist eine unabhängige Berichterstattung faktisch unmöglich», sagt Pelda gleich zu Beginn. «Wer dort arbeitet, steht unter Kontrolle der Hamas.» Viele westliche Medien übernähmen Bilder und Zahlen ohne Überprüfung – aus Angst, keinen Zugang mehr zu bekommen. «Das sogenannte Gesundheitsministerium von Gaza ist Teil der Hamas. Trotzdem zitieren es viele Redaktionen, als wäre es eine neutrale Quelle.»

Pelda beschreibt, wie gezielte Propaganda Bilder prägt: hungernde Kinder, zerstörte Häuser, emotionale Interviews. «Das ist kein Zufall. Diese Inszenierungen sollen Mitleid erzeugen und den Eindruck wecken, Israel sei der alleinige Aggressor.» Gleichzeitig, so Pelda, behindere auch Israel durch seine militärische Abschottung unabhängige Recherchen. «Dadurch entsteht ein Vakuum, das mit Propaganda gefüllt wird.»

Auch westliche Medien tragen laut Pelda Verantwortung: «Viele Korrespondenten sind gar nicht vor Ort. Sie übernehmen Meldungen von Agenturen oder posten Tweets, ohne die Herkunft der Bilder zu prüfen.» Das Resultat: eine Flut von Falschmeldungen, die sich über Soziale Medien rasend verbreiten. «Fake News sind heute professionell produziert. Wer sie nur flüchtig liest, merkt kaum noch den Unterschied.»

Die Details sind entscheidend

Wie kann man erkennen, was echt ist? «Man muss skeptisch sein – und sich Zeit nehmen», sagt Pelda. Er selbst überprüft Bilder mit der sogenannten Reverse-Image-Suche und achtet auf Details: Schriftzüge, Wetter, Kleidung. «Wenn auf einem angeblichen Gaza-Bild ‹Aleppo 2016› auf einer Wand steht, weiss ich: Das ist Syrien, nicht Gaza.»

Kriegsreporter Kurt Pelda im Einsatz im ukrainischen Tschasiv. Zwischen seinen zahlreichen Reisen in die Ukaine weilte Pelda auch mehrfach während des Gaza-Kriegs in Israel.
Bild: CH Media

Ein weiteres Problem sei die Emotionalisierung in sozialen Netzwerken. «Hashtags wie #FreePalestine oder #StandWithIsrael teilen den Konflikt in Lager, statt ihn zu verstehen. Wer beide Seiten kritisch sieht, wird oft sofort angegriffen oder gecancelt.» Das gefährde die Debattenkultur – auch in Europa. «Wir diskutieren nicht mehr über Fakten, sondern über Gefühle. Das ist brandgefährlich.»

Trotzdem glaubt Pelda an den Wert unabhängiger Medien. «Journalismus ist kein Aktivismus. Unsere Aufgabe ist hinzuschauen, zu zweifeln und zu prüfen – nicht, Propaganda weiterzutragen.» Was er sich von den Leserinnen und Lesern wünscht? «Misstrauen Sie Bildern, die zu perfekt sind. Und teilen Sie nichts, nur weil es in Ihr Weltbild passt.»

* Dieser Artikel basiert auf einem Interview mit Kriegsreporter Kurt Pelda, das die beiden Baselbieter Berufsschüler noch vor Abschluss des Waffenstillstands im Gaza-Krieg geführt haben und jetzt anlässlich des Zukunftstags bei CH Media publiziert wird.

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