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Sonntagspresse

Ganzjährig geöffnete Gotthard-Passstrasse, verschiedene Szenarien zur Zukunft der UBS und mehr Engagement gegen Antisemitismus

Parlamentarier wollen die Gotthard-Passstrasse ganzjährig befahrbar machen, der Wegzug der UBS käme ihr teuer zu stehe, oder droht doch eher die Übernahme durch eine andere gross Bank und Jungpolitiker fordert mehr Engagement gegen Antisemitismus– die News der Sonntagspresse.

Brisanter Plan gegen den Stau am Gotthard

Das ganze Jahr über den Gotthardpass? Dies fordern einige Parlamentarier.
Bild: Alessandro Crinari / Keystone

Ostern naht. Für viele Automobilisten heisst das: stundenlang vor dem Gotthardtunnel stehen. Die Staustunden am Alpenpass haben sich seit 2012 verdreifacht. Doch künftig soll es wieder ­anders werden. Eine neue ­Motion im Bundesparlament verlangt, die Gotthard-Passstrasse ganzjährig offen zu halten. Das berichtet die SonntagsZeitung.

Bislang wird die Wintersperre in der ­Regel erst lange nach Ostern aufgehoben. Für den Ganzjahresbetrieb ­müssten Lawinenverbauungen, Teilüberdachungen der Strasse sowie Anschlüsse gebaut werden. Kostenpunkt: rund 300 Millionen Franken.

Den Vorstoss eingereicht hat SVP-Nationalrat und Transportunternehmer Benjamin Giezendanner. 60 Parlamentarierinnen und Parlamentarier ­haben ihn mitunterzeichnet, darunter auch ein Sozialdemokrat. Der Plan ist allerdings umstritten: Der Verein Alpen­initiative, der sich heute Pro Alps nennt, läuft bereits Sturm ­dagegen.

Martullo-Blochers Sitz im Vorstand von Economiesuisse wackelt

Economiesuisse polterte diese Woche mit markigen Worten gegen die 10-Millionen-Schweiz-Initiative der SVP. Diese sei «radikal», und sei «eine Gefahr für die Schweiz», liess der Wirtschaftsdachverband verlauten. Der SVP kamen die Angriffe in den falschen Hals: Sie beendete den Austausch mit Economiesuisse.

Dieser Bruch mit der Wirtschaft ist erstaunlich, denn eine der prominentesten Vertreterinnen der Partei sitzt im Economiesuisse-Vorstand: SVP-Vizepräsidentin und Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher. Sie vertritt dort den Verband Scienceindustries.

Ihre Rolle wird jetzt aber infrage gestellt. Martullo-Blocher sei «nicht die beste Besetzung für den Einsitz von Scienceindustries im Vorstand von Economiesuisse», sagt FDP-Nationalrat und Ypsomed-Chef Simon Michel in der SonntagsZeitung. Er betont, für die Chemie- und Pharmabranche sei die Fortsetzung des bilateralen Weges «elementar». Martullo-Blocher gefährde mit ihrer Partei aber die Beziehungen zur EU. «Vielleicht sollte Science­industries Frau Martullo-Blochers Vertretung im Vorstand von Economiesuisse überdenken», so Michel.

Kriminelle Energie bei CS führt zu einem Verlust von 22 Milliarden

Der Untergang der Credit Suisse ist geprägt durch Skandale, die aufgrund krimineller Energie und schwacher Kontrollen entstanden ist. Verantwortlich dafür ist nicht nur die ehemalige Risikochefin Lara Warner, sondern insbesondere auch der Verwaltungsratspräsident Urs Rohner und Rechtschef Romeo Cerutti. Die beiden haben die Kultur der Bank während 17 Jahren wesentlich geprägt. Die CS hat es versäumt, aus früheren Skandalen wie dem Chiasso-Skandal zu lernen.

Interne Kontrollen versagten laut SonntagsZeitung mehrmals, so auch bei den Moçambique-Krediten. Trotz klarer Warnungen setzten Verantwortliche mehr auf Geschäfte als auf rechtliche Vorgaben. Führungspersönlichkeiten bestritten fortlaufend Verantwortung und vernachlässigten Sorgfaltsvereinbarungen.

Diese Vorfälle führten zu Immensen Verlusten und letztlich zum Niedergang der Bank. Die Finma bemängelte sowohl die Überoptimierung regulatorischer Vorgaben als auch unzureichende Sanktionen. Rückblickend bewerten Experten der PUK aber die Autorität der Finma kritisch. Die Finma selber verweigert weitere Kommentare.

Spuhler kritisiert Trump: «Die amerikanischen Massnahmen sind irrational»

Der Unternehmer Peter Spuhler äussert in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» scharfe Kritik an der Wirtschaftspolitik der neuen US-Regierung, insbesondere wegen des Zollstreits: «Die amerikanischen Massnahmen sind irrational», so der Patron von Stadler Rail. Die Trump-Regierung übersehe die Schwächen der eigenen Industrie: «Das Handelsbilanzdefizit resultiert hauptsächlich aus der Vernachlässigung traditioneller Branchen in den USA.» Obwohl das Land zum Beispiel bei der Entwicklung der Eisenbahn eine Führungsrolle hatte, gebe es heute keine amerikanischen Zugbauer mehr.

Auch Hersteller von Textilmaschinen wie etwa Rieter fehlten. Die Kritik Spuhlers ist bemerkenswert, sind doch mehrere Unternehmen, an denen er beteiligt ist, in den Vereinigten Staaten stark exponiert: Stadler Rail hat eine Fabrik in Salt Lake City, Autozulieferer Autoneum unterhält in den USA gleich mehrere Standorte, und der Fahrzeughersteller Aebi Schmidt steht kurz vor einem Börsengang in New York.

Des Weiteren kritisierte Spuhler, der bei sich zu Hause eine ukrainische Flüchtlingsfamilie beherbergt, auch die Position der Schweiz im Ukraine-Krieg: «Angesichts des Leids durch die russische Invasion finde ich es falsch, wenn die Schweiz abseitssteht und sich neutral gibt.» In diesem Punkt vertrete er eine andere Haltung als viele in seiner Partei, der SVP.

Giftige Kehrtwende: Der Bundesrat lockert den Gewässerschutz wieder

Erst vor zwei Jahren hat der Bundesrat strengere Regeln für Pestizide eingeführt. Damals lobte die Landesregierung die Verschärfung: «Damit werden Trinkwasser und Oberflächengewässer besser vor Pestiziden geschützt», so die damalige Mitteilung des Bundesrats.

Nun vollzieht er unter der Federführung von Umweltminister Albert Rösti eine Kehrtwende. Er will die neuen Regeln schon wieder lockern. Das geht aus einer Antwort auf den Vorstoss von Mitte-Nationalrat Leo Müller hervor. Darin betont der Bundesrat die Sorgen der Bauern. Weil viele Pflanzenschutzmittel die Zulassung verloren hätten, gebe es beim Pflanzenschutz immer grössere Lücken. «Vor diesem Hintergrund sind Massnahmen notwendig», so der Bundesrat.

Fachleute und Experten kritisieren die Pläne scharf. Wie Recherchen der «NZZ am Sonntag» zeigen, ist die Abschwächung kein Zufall: Im Parlament arbeitet hinter den Kulissen eine neue Gruppe bäuerlicher Parlamentarier an der Abschwächung des Gewässerschutzes. Diese informelle Gruppe unter Führung des SVP-Nationalrats Hans Jörg Rüegsegger trifft und koordiniert sich regelmässig.

Diese Woche haben die Mitglieder Johanna Gapany (FDP) und Katja Riem (SVP) parallel in beiden Räten gleichlautende Vorstösse eingereicht. Sie fordern, dass die Pestizidbelastung neu nach EU-Regeln gemessen wird. Auch das wäre eine starke Abschwächung des Gewässerschutzes.

Wegzug würde UBS 10 Milliarden für Steuern kosten

Ein Wegzug der UBS aus der Schweiz käme die Bank wohl teuer zu stehen.
Bild: Pascal Mora / Bloomberg

Der Kampf um die künftige Regulierung der letzten verbliebenen Schweizer Grossbank geht in die entscheidende Phase. Die UBS wehrt sich gegen die von den Behörden geforderten Verschärfungen beim Eigenkapital. Lobbyisten mahnen, die Bank könnte deshalb ihren Hauptsitz ins Ausland verlagern.

Doch ein Wegzug wäre für die Bank mit hohen Kosten verbunden. «Die Verlagerung der Muttergesellschaft ins Ausland hätte zur Folge, dass die Verrechnungssteuer auf den Gewinnreserven fällig wird», sagt der St. Galler Steuerrechtsprofessor Peter Hongler gegenüber der NZZ am Sonntag. Angesichts ihrer Gewinnreserven von 29 Milliarden Franken könnte der UBS eine Steuerrechnung von 10 Milliarden Franken ausgestellt werden. Hongler betont, dass die genauen steuerlichen Folgen davon abhängig seien, welcher Sitz und welche Aktivitäten verlegt würden.

Ungewiss ist auch, wie die Kunden reagieren würden. Die UBS hat ihr ganzes Geschäftsmodell auf die Reichen und Superreichen ausgerichtet. Diese wüssten sehr genau, warum sie ihr Geld einer Schweizer Bank anvertrauten, sagt ein Banker. Ein Wechsel der UBS in eine andere Jurisdiktion könnte die Kunden zum Abzug ihrer Gelder bewegen.

Kampf gegen Regulierung: UBS-Spitze befürchtet Szenario der Übernahme durch US-Konkurrenz

Letzte Woche hat das Finanzportal Bloomberg mit einer Meldung eine Diskussion aufgewärmt: Die UBS drohe mit einem Wegzug aus der Schweiz, sollte das regulatorische Korsett zu eng werden. Doch geistert in der Chefetage an der Zürcher Bahnhofstrasse ein ganz anderes Szenario herum, wie der SonntagsBlick schreibt. Heisses Eisen ist nicht der Wegzug, sondern die Übernahme durch eine ausländische Bank.

Diese Variante wird von den Strategen ernsthaft ins Auge gefasst und auch bei der Lobbyarbeit thematisiert. Die Überlegung: Mit 50 Prozent höheren Eigenkapitalvorschriften, wie teils gefordert, könnte der Aktienkurs der UBS um schätzungsweise ein Viertel einbrechen. Gleichzeitig zum gedrückten Börsenwert wäre das Unternehmen grosszügig mit unproduktivem Kapital auf Gruppenstufe versehen, vielleicht in der Höhe von 18 bis 20 Prozent an den sogenannten risikogewichteten Aktiven. Mit anderen Worten: Die weltweit grösste Vermögensverwalterin würde zum Schnäppchen. Etwa für US-Giganten wie J.P. Morgan oder Bank of America.

«Wegzug ist das kleinste Szenario», sagt ein UBS-Insider gegenüber dem SonntagsBlick; «der Worst Case heisst Take-over, und der könnte bei einer Kapitalisierung von 15 bis 20 Prozent eintreten». Ein Sprecher der Bank will sich zu den Szenarien nicht äussern. Er verweist auf eine Aussage, die CEO Sergio Ermotti Anfang Jahr am WEF machte. Dort sagte er zur Frage der Sitzverlegung, dass die Schweizer Herkunft der Bank helfe, sie sei ein «ganz entscheidendes Unterscheidungsmerkmal». Das Schweizer Geschäft sei eine der Säulen der Strategie. Zur Gefahr einer Übernahme durch eine andere Grossbank äusserte sich Ermotti bisher nicht.

Erstmals Verstoss gegen nationales Burkaverbot geahndet

Seit Anfang Jahr ist es in der Schweiz verboten, an öffentlich zugänglichen Orten das Gesicht zu verhüllen. Im März 2021 hatte die Stimmbevölkerung das in erster Linie gegen Burkaträgerinnen gerichtete Volksbegehren angenommen. In der Regel zieht ein Verstoss 100 Franken Busse nach sich.

In Zürich hat die Stadtpolizei bisher eine Sanktion ausgesprochen, weil eine Frau das Verhüllungsverbot aus religiösen Gründen missachtet hatte. Dies sagte der Sprecher der Zürcher Stadtpolizei, Michael Walker, gegenüber dem SonntagsBlick. Da die Betroffene die Busse nicht akzeptierte, erfolgte laut Walker eine Verzeigung an den Statthalter, der nun über den Fall befinden muss. Walker sagt mit Verweis auf den Persönlichkeits- und den Datenschutz zum Fall nur: «Bei der Betroffenen handelt es sich nicht um eine Touristin.»

Das Bundesgesetz betrifft auch Hooligans und Demonstrierende, die ihr Gesicht verbergen. Das galt allerdings auch schon früher, denn wie andere Kantone kennt Zürich schon länger ein Vermummungsverbot. Laut dem Polizeisprecher gab es letztes Jahr 98 Verzeigungen wegen «Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot».

Diese betrafen beispielsweise Demonstrierende, die am 1. Mai das Gesicht verbargen, oder Fussballfans, die sich bei Ausschreitungen nicht zu erkennen gaben. Wegen religiöser Verhüllungen sprach die Kantonspolizei Bern nach eigenen Angaben bisher keine Bussen aus. Die Kantonspolizei Basel-Stadt führt keine aufgeschlüsselte Bussen-Statistik.

Anklagen in Bern und Zürich: Juso zerrt Mass-Voll!-Anführer Rimoldi vor Gericht

Gleich zweimal muss Mass-Voll!-Chef Nicolas Rimoldi in den nächsten Monaten vor Gericht antraben. Die Berner Staatsanwaltschaft klagt ihn wegen Drohung und Nötigung an, die Zürcher Staatsanwaltschaft wegen Verleumdung, wie der SonntagsBlick schreibt, dem die Anklageschriften vorliegen. Demnach haben Politikerinnen und Politiker der Juso in beiden Kantonen den Corona-Skeptiker angezeigt.

Charlotte Günther, Co-Präsidentin der Juso Stadt Bern, ging juristisch gegen Rimoldi vor, nachdem dieser den Jungsozialisten im Hinblick auf eine Anti-Mass-Voll!-Demo der Juso drohte: «Sollten sie Grenzen überschreiten, landen sie in der Notaufnahme.»

Auch in Zürich kommt es zu einem Prozess gegen Rimoldi. Der ehemalige Juso-Präsident und SP-Kantonsrat Nicola Siegrist hat ihn wegen Verleumdung angezeigt. Dies, nachdem der Mass-Voll!-Anführer ihn auf der Plattform X als Faschisten, Terroristen, Verfassungsfeind und Nationalsozialisten bezeichnet hatte.

Jungpolitiker fordern obligatorische KZ-Besuche für Schweizer Schüler

Die Junge Mitte will ein stärkeres Engagement gegen Antisemitismus. So sollen Beispielsweise alle in der Schule eine KZ-Gedänkstätte besuchen.
Bild:  Imago/Alexander Franz

Der dramatische Anstieg an antisemitischen Vorfällen in der Schweiz schreckt die Junge Mitte auf. Sie fordert ein entschlosseneres Vorgehen gegen Judenfeindlichkeit. «Es reicht nicht, Antisemitismus zu verurteilen – wir müssen ihn bekämpfen», sagt Marc Rüdisüli, Präsident der Jungen Mitte Schweiz, zum SonntagsBlick.

Die Jungpartei formuliert in einem Forderungskatalog Massnahmen – und nimmt vor allem den Bildungsbereich in den Blick: Jede Schülerin und jeder Schüler müsse im Rahmen des Unterrichts mindestens einmal eine Holocaust-Gedenkstätte besuchen. Auch angehende Lehrpersonen der Sekundarstufe sollen verpflichtet werden, während ihres Studiums ein Konzentrationslager zu besuchen. Rüdisüli: «Solche Erfahrungen fördern Empathie und ein tiefes Geschichtsverständnis.»

Darüber hinaus fordern die Jungpolitiker der Mitte, dass Bildungsprojekte gegen Antisemitismus gestärkt werden, dass mehr gegen die Hetze in sozialen Medien unternommen wird und dass Nazi-Symbole verboten werden, wie es auch der Bundesrat vorgeschlagen hat. «Es ist absurd, dass in der Schweiz Werbematerial mit Tabakwerbung illegal ist, während Hakenkreuz-Symbole geduldet werden.»