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Bildung

Frühkindlicher Bildung droht "ein Flickwerk"

Die schweizerische Unesco-Kommission fordert mehr Angebote für die frühe Kindheit in den Bereichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Zudem sei eine bessere Vernetzung unter den Akteuren nötig. Sonst blieben die bisherigen Massnahmen "ein Flickwerk mit wenig Wirkung".
"Grosser Handlungsbedarf": Die schweizerische Unesco-Kommission fordert mehr Angebote in der frühkindlichen Bildung. (Archivbild)
Bild: Keystone

Die Kommission stellte ihre Forderungen am Dienstag in einem fünfzigseitigen Bericht vor. Zwar hätten Bund, Kantone, Gemeinden und Private in den vergangenen Jahren damit begonnen, die Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von Kindern zu verbessern - "doch der Handlungsbedarf bleibt gross". Wenn es nicht gelinge, eine kohärente Politik auf den verschiedenen staatlichen Ebenen zu etablieren, blieben die bisherigen Massnahmen "ein Flickwerk mit wenig Wirkung".

Die Unesco-Kommission fordert deshalb die Kantone und Gemeinden auf, Angebote für Kinder im Vorschulalter und deren Familien zur Verfügung zu stellen. Diese müssten angemessene Tarife haben und auch von sozial benachteiligten Familien genutzt werden. Weil für die verschiedenen Angebote zahlreiche Akteure zuständig sind, fordert die Kommission eine gute Koordination auf kommunaler, kantonaler und nationaler Ebene.

Später gesünder und erfolgreicher

Im Weiteren empfiehlt die Kommission eine gute Qualifikation des Personals, um eine hohe Qualität der Angebote zu sichern. Von den Gemeinden und Kantonen verlangt sie, mehr finanzielle Mittel bereitzustellen. Angebote im frühkindlichen Bereich seien zwar mit beträchtlichen Investitionen verbunden - sie hätten aber auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen.

Zahlreiche Studien hätten gezeigt, dass Investitionen in die frühkindliche Bildung rentabel seien. "Denn Kinder, die in den ersten Jahren gut gebildet, betreut und erzogen werden, sind später gesünder, zufriedener und erfolgreicher."

Die schweizerische Unesco-Kommission unterstützt die globalen Bildungsziele der Uno in der "Agenda 2030". Darin wird unter anderem festgehalten, dass allen Mädchen und Knaben der Zugang zu hochwertiger frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung zu sichern sei, die ihnen einen erfolgreichen Übergang in die Schule ermöglichen. "Auch die Schweiz ist aufgefordert, dieses Ziel auf nationaler Ebene umzusetzen", schreibt die Kommission. Eine Politik der frühen Kindheit sei wichtig, damit alle Kinder in der Schweiz die gleichen Chancen haben.

Impulsprogramm verlängert

Das Parlament hat im vergangenen September das Impulsprogramm für die Schaffung von Betreuungsplätzen ein drittes Mal verlängert. Das Bundesgesetz über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung trat am 1. Februar 2003 in Kraft und wäre ohne Verlängerung Ende Januar 2019 ausgelaufen. Mit dem Impulsprogramm unterstützte der Bund seit 2003 die Schaffung von rund 57'400 neuen Betreuungsplätzen.

Die Kosten beliefen sich bisher auf gut 350 Millionen Franken. Jeder neue Platz in einer Kindertagesstätte wird während zweier Jahre mit 5000 Franken unterstützt. Bei Einrichtungen für die schulergänzende Betreuung sind es 3000 Franken während dreier Jahre. Unterstützt werden auch Strukturen für die Koordination der Betreuung in Tagesfamilien.

Ein Vorstoss, der die Chancengleichheit bereits vor dem Kindergartenalter fördern will, hat hingegen einen schweren Stand. Die Bildungskommission des Nationalrats beantragte ihrem Rat erst vor wenigen Tagen, eine bereits angenommene parlamentarische Initiative von Matthias Aebischer abzuschreiben. Der Berner Nationalrat will damit erreichen, dass Kinder künftig bereits ab Geburt zur Zielgruppe des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes gehören. Bisher richtet es sich nur an Kinder ab dem Kindergartenalter. (sda)