Das Luzerner Theater ist eine Institution in der Zentralschweiz. Seit über 170 Jahren gibt es die Bühne für Musik, Schauspiel und Tanz. Doch den Darstellern drohte, vom Publikum nicht mehr gehört zu werden. Der Grund: Das Luzerner Theater besass ältere Drahtlosmikrofone mit Frequenzen, die ab 2013 nicht mehr betrieben werden dürfen.
Dann nämlich soll über diese Frequenzen mit dem Handy telefoniert werden. Die Drahtlosmikros müssen dem neuen Mobilfunknetz LTE weichen, das rund 3000-mal stärker sendet als die Veranstaltungssysteme und so zum veritablen Störsender wird. Mit der Konsequenz, dass sich das Luzerner Theater im letzten Jahr gezwungenermassen neue Drahtlosmikrofone kaufen musste.
«Das alte System hätte es sicher noch ein paar Jahre getan, aber wir mussten wegen der Frequenzverdrängung handeln», sagt Peter Klemm, technischer Direktor des Luzerner Theaters. Mit über 100000 Franken schlug die neue Funkstrecke zu Buche. Ein happiger Sonderposten bei einem jährlichen «künstlerischen und technischen Sachaufwand» von 1,1 Millionen Franken.
Das Luzerner Theater ist kein Einzelfall. Adrian Balmer, Präsident des Schweizerischen Bühnenverbandes, vertritt die 30 wichtigsten Berufstheater der Schweiz. Der Wegfall der bestehenden Funkfrequenzen bereitet ihm Sorge: «Viele unserer Mitglieder beschallen ihre Bühnen noch mit älteren Mikrofonsystemen, die sich schlicht nicht mehr aufrüsten lassen.» Balmer rechnet deshalb für seine Bühnen mit Umstellungskosten von mehreren Millionen Franken.
Ahnungslose Veranstalter
Während bei den hiesigen Theatern das Problembewusstsein vorhanden ist, trifft die baldige Funkstörung andere Veranstalter völlig unvermittelt. Beim Schweizerischen Sigristenverband, der für die Beschallung der Gotteshäuser im Land zuständig ist, zeigt man sich ahnungslos, will der Sache aber nachgehen.
Auch der Musicalveranstalter Freddy Burger Management will sich zunächst einmal «informieren und erkundigen, was das für unsere Theater bedeutet.» Und der Branchenverband hotelleriesuisse lässt ausrichten, man plane eine verbandsinterne Umfrage, um die «tatsächliche Betroffenheit» abzuschätzen.
Die Ahnungslosigkeit überrascht einen Veranstaltungstechniker, der ungenannt bleiben will, nicht. Denn die Mehrheit der im Betrieb befindlichen Drahtlosmikrofone seien gar nicht lizenziert. Gemäss Bundesamt für Kommunikation, Bakom, sind derzeit rund 680 Lizenznehmer mit ihren Mikros registriert, deren Sendeleistung über einem gewissen Grenzwert liegt. Die vom Frequenzwegfall betroffenen Benutzer wurden bereits vor geraumer Zeit von den Behörden schriftlich informiert.
Die Mehrheit der Benutzer aber werde von der Funkstille überrascht werden, ist der Technikexperte überzeugt. Er geht davon aus, dass in der Schweiz über 30000 Drahtlosmikrofon-Strecken im Einsatz sind. Solche, die aufgrund tiefer Sendeleistung keine Lizenz benötigen und solche, die illegal betrieben werden. «Das Bakom hat gar nicht die Mittel, um den Funkbetrieb flächendeckend zu überwachen.» Geht man nun davon aus, dass die bestehenden 30000 Drahtlos-Strecken entweder ausgetauscht oder aufgerüstet werden müssen, kommt man auf eine Summe zwischen 25 und 75 Millionen Franken – je nachdem, wie hoch der Anteil an neuen Funkstrecken ist.
Wer also bezahlt die Kosten für den Frequenzwechsel? «Wir suchen gemeinsam mit dem Bakom nach einer Lösung», sagt Adrian Balmer vom Schweizerischen Bühnenverband. Im Februar stand bei Gesprächen nun erstmals die Entschädigungsfrage zur Diskussion. Wie es weitergeht, ist offen. Auf Anfrage erklärt das Bundesamt für Kommunikation knapp, dass für den Frequenzwechsel «keine Subventionen» vorgesehen seien. Schliesslich handle es sich um Lizenzen, die auf jährliche Basis vergeben würden.