Hans Lüthi
Die automobilen Grenzgänger und die Samstags-Einkäuferinnen aus vielen Kantonen kennen das Problem. Am Zoll in Koblenz und bei der Rückkehr in Waldshut herrscht Stau und nochmals Stau. Während der Woche ist der Schwerverkehr überdurchschnittlich gross und verschärft das Chaos. Doch die jahrzehntealte Rheinbrücke ist viel zu schmal. Nur eine neue Brücke könnte das Nadelöhr wirklich ausweiten. Die Krux dabei: Die Deutschen wollen sie oberhalb des Dorfes, mit Anschluss zur künftigen Zollabfertigung bei der Lonza, die Koblenzer wollen sie unterhalb des Ortes. Und das passt niemals zusammen.
Kosmetik mit einem Kreisel
Kernpunkte der geplanten Variante sind laut Projektleiter Stefano Donatiello vom Departement Bau, Verkehr und Umwelt (BVU) ein Abbruch und Neubau des Zollgebäudes. Das erlaubt eine Entflechtung durch zwei Fahrspuren, das Linksabbiegen Richtung Bad Zurzach wird zudem aufgehoben. Der ganze Verkehr fliesst nach der Rheinbrücke rechts zu einem neuen Kreisel. Dieser ist trotz Verschiebung um 80 Meter nach Westen aber nur 170 Meter vom Zoll entfernt. Weil es zwei Spuren habe und die Lastwagen nicht mehr hier verzollen müssten, werde der Verkehr deutlich flüssiger, versichert Donatiello. Und weiter: «Die Kosten sind noch unbekannt, weil wir erst am Beginn der Planung stehen», sagt der Projektleiter.
«Problem wird nur verlagert»
Wenig begeistert bis total ablehnend reagieren als Hauptbetroffene die grossen Speditionsfirmen und die Zollverwaltung. «Wir haben an allen Sitzungen gesagt, das werde nicht funktionieren», betont Zollinspektor Kurt Wyss, ehemaliger Gemeindeammann von Leuggern und Grossrat der CVP-BDP-Fraktion. Auch auf der politischen Bühne hat er seine Überzeugung dargelegt und eine Verschiebung des Kreisels 500 Meter Richtung Bahnhof gefordert. Dort zweigt die Rheintalstrasse Richtung Basel ab, dort wäre ideal Platz für einen zweispurigen Grosskreisel vorhanden, argumentiert Wyss. Aber die Zollverwaltung mache keine Verkehrspolitik, selber werde er nicht mehr aktiv, nachdem seine Interpellation wenig bewirkt hat. Im St. Galler Rheintal habe man einen Kreisel ähnlich nahe beim Zoll gebaut und später verlegen müssen. «Das Problem wird nur verlagert», ist Kurt Wyss felsenfest überzeugt, ein Lastwagen mit Anhänger sei ja inklusiv Abstand 20 bis 25 Meter lang.
Koblenzer gegen die Umwege
Von einem Grosskreisel wollen die Koblenzer absolut nichts wissen. Gemeindeammann Heidi Wanner befürwortet den Standort des Kantons, und bezeichnet den zusätzlichen Umweg als puren Unsinn. Denn die meisten Koblenzer müssten bei der Einreise aus Waldshut zwei mal rund 700 Meter Umweg fahren. Wenn das Projekt steht, können die Koblenzer Stimmberechtigten darüber befinden.
Zwei Fahrstreifen bis Waldshut
Mit zwei Massnahmen will Deutschland die Situation spürbar verbessern: Die Bundesstrasse 34 soll vom Kreisel bis zum Zoll zwei Fahrstreifen erhalten, ebenso auf der Strecke nach Waldshut. Der Baubeginn ist in einem Jahr vorgesehen. Das Verzollungszentrum für Lastwagen wird ins Lonza-Areal verlegt, der Bau beginnt Mitte 2011, die Bauzeit beträgt rund zwei Jahre. Auch beim deutschen Brückenkopf ist eine Ausweitung geplant, mit einer neuen Einreisespur und einer Spur für schnelle Zollabwicklung mittels elektronischer Erfassung.