
Kritische Stimmen gab es von Anfang an, im Sommer sahen sie sich bestätigt: Die Schweiz wird nicht, wie lange behauptet, einen Fixpreis für den neuen Kampfjet F-35 bezahlen können. Das sagte Verteidigungsminister Martin Pfister im August vor den Medien. Rohstoffe, laufende Entwicklungen und die Teuerung erhöhen den Preis für den Flieger aus der Schmiede von Lockheed Martin, macht das US-Verteidigungsministerium geltend.
Damit begann das Rätseln, welchen Ausweg aus der vertrackten Situation Pfister wählen wird: Das vom Volk genehmigte Kostendach von 6 Milliarden Franken erhöhen? Weniger als die 36 geplanten Flieger beschaffen? Oder auf teure Offset-Geschäfte verzichten?
Am Freitag hat Pfister diese Frage im Rahmen einer Medienkonferenz beantwortet: Die Schweizer Luftwaffe wird in Zukunft wohl mit einer kleineren Kampfjet-Flotte auskommen als geplant. «Aufgrund der absehbaren Mehrkosten ist es aus finanzpolitischer Sicht nicht möglich, die ursprünglich vorgesehene Anzahl von 36 F-35A zu halten», sagte Pfister. Damit werde dem Volkswillen entsprochen.
Schweiz soll Kampfjets endmontieren
Verworfen hat die Landesregierung damit unter anderem die Idee, auf das Projekt Rigi zu verzichten. Dieses sieht die Endmontage von vier Kampfflugzeugen in der Schweiz vor und macht den Löwenanteil unter den Offset-Deals aus. Das Projekt Rigi trage dazu bei, «Know-how in Zusammenhang mit dem Kampfflugzeug der 5. Generation in der Schweiz aufzubauen und die Unabhängigkeit in der Instandhaltung zu stärken», schreibt der Bundesrat dazu in einer Mitteilung.
Wie viele Kampfjets die Schweiz für das von Volk und Parlament genehmigte Geld am Ende erhalten wird, weiss der Bundesrat dagegen nicht und auch nicht, wann dies genau feststehen wird. Klar ist für Pfister aber bereits jetzt: Es braucht eine Nachbestellung. Aufgrund militärischer Überlegungen und der veränderten sicherheitspolitischen Lage nehme das Verteidigungsdepartement Arbeiten auf, um die Luftverteidigung auszubauen, kündigte Pfister an.
Pfister stützt sich dabei auf einen Bericht aus dem Jahr 2017. Eine darin skizzierte, allerdings später nicht verfolgte Option sah eine Beschaffung von 55 bis 70 moderne Kampfflugzeuge und einen Ausbau der bodengestützten Luftverteidigung vor.
Es riecht nach Knatsch im Bundesrat
Gegenüber dem geplanten Kauf von 36 Fliegern kommt dies im Maximalfall einer Verdoppelung gleich. «Diese allfällige Aufstockung der luftgestützten Mittel über die beschlossene Beschaffung der F-35A hinaus wird unabhängig vom Flugzeugtyp geprüft», schreibt dazu der Bundesrat in seiner Mitteilung.
Die Ankündigung ist aus mehreren Gründen überraschend. Zum einen gibt es dafür keinen Regierungsbeschluss. Schon um die geplante Flotte von 36 Fliegern zu erreichen, muss Pfister gemäss Medienmitteilung nochmals über die Bücher. Das Gesamtgremium hat den Verteidigungsminister per Januar beauftragt, eine «interne Priorisierung der Bedürfnisse für die Jahre 2026/27 vorzulegen». Erst «wenn diese Fragen geklärt sind», wolle der Bundesrat über die Beschaffung weiterer Kampfflugzeuge befinden. Es ist, etwas verklausuliert, der Beschrieb einer schwierigen Regierungssitzung für den neuen Verteidigungsminister.

Auch im von Pfister beschriebenen Expertenbericht erhielt die Beschaffung von insgesamt 55 bis 70 Flugzeugen wenig Unterstützung: Die Option erhielt nur zwei Stimmen, eine Mehrheit von sechs Experten sprach sich für 30 Flugzeuge aus.
Und dann war da noch Viola Amherd, Pfisters Vorgängerin im VBS, die sich an einem Abstimmungspodium der Gesellschaft der Luftwaffe höchstpersönlich gegen die Beschaffung so vieler Jets aussprach: «Da bräuchten wir wirklich rund 70 Flugzeuge, damit wir in allen Szenarien – auch in einem kriegerischen Angriffsszenario total unabhängig wären und über Monate permanent in der Luft sein könnten. Und wir richten uns in der Armee ja nicht auf ein Maximum aus. Sondern auf das wahrscheinlichste Szenario», sagte sie.
Das war 2020. Als Worte wie «Maximum» und «wahrscheinlichstes Szenario» noch eine andere Bedeutung hatten.

