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«Das war bireweich»

Er schimpfte den Aussenminister einen Ausländer: «Nebelspalter»-Chef Markus Somm kriecht vor Cassis zu Kreuze

Erst wettert Markus Somm gegen den «eingewanderten Italiener» im Bundesrat. Jetzt entschuldigt sich der Publizist gleich auf drei Kanälen.
«Ich habe mich vergessen, das war jenseits», sagt Verleger Markus Somm.
Bild: Keystone

Markus Somm teilt gern aus. Nun gibt er sich auf einmal ganz kleinlaut. Der Chefredaktor und Verleger des rechtsbürgerlichen Onlinemagazins «Nebelspalter» hat sich öffentlich bei Aussenminister Ignazio Cassis entschuldigt. Auf mehreren Kanälen kriecht der Publizist, selbst Freisinniger, vor seinem Parteikollegen zu Kreuze.

Somm spricht von einer «Entgleisung», einer «Grenzüberschreitung», für die er sich «in aller Form» bei Cassis entschuldige. «Es tut mir leid», sagt er im «Nebelspalter»-Podcast. Auch im Podcast mit Roger Schawinski und auf Social Media entschuldigt er sich. Was er gesagt habe, sei «bireweich». «Ich habe mich vergessen, das war jenseits.»

Cassis habe «keine Ahnung von unserem Föderalismus»

Was ist geschehen? Grund für Somms Verbalangriff auf den Aussenminister war ein Bundesratsentscheid von vergangenem Frühling in Zusammenhang mit den EU-Verträgen gewesen. Ende April trat Cassis vor die Medien und verkündete, dass aus Sicht der Regierung bei der Abstimmung ein Volksmehr genügen würde . Ein Ständemehr also ist nicht nötig. Das Ganze ist nicht nur eine juristische, sondern auch eine politische Frage. Muss auch eine Mehrheit der Stände Ja zum Vertragspaket sagen, erhöht das die Hürden – weshalb insbesondere Gegner der neuen EU-Verträge darauf pochen.

Bundesrat Ignazio Cassis an der Medienkonferenz am 30. April. Er verkündete: Die Regierung hält ein einfaches Mehr bei der kommenden  Volksabstimmung über das EU-Vertragspaket für ausreichend.
Bild: Keystone

Der Entscheid versetzte Somm in Rage. «Dass ausgerechnet Cassis, ein eingewanderter Italiener, ‹Gopferdeckel›, einen solchen Entscheid fällt, ist schon ein starkes Stück», wettert der Publizist. Der Aussenminister habe «keine Ahnung von unserem Föderalismus», obwohl die Tessiner doch eine Minderheit seien, die besonders davon profitierten.

Und Somm poltert weiter

«Ich habe mich fürchterlich aufgeregt», sagt Somm rückblickend. Und das hat sich offenbar auch Ignazio Cassis, wie Somm zu wissen behauptet. Dass er Cassis als Ausländer bezeichnete, der vom politischen System in der Schweiz nichts verstehe, habe diesen «ganz massiv getroffen», sagt Somm im Gespräch mit Schawinski. Tatsache ist: Cassis war lange schweizerisch-italienischer Doppelbürger und hat den italienischen Pass im Zuge des Bundesratswahlkampfs 2017 abgegeben.

Kürzlich habe er den Bundesrat getroffen und sich entschuldigt, erzählt Somm. Doch Cassis habe die Entschuldigung laut ihm erst akzeptieren wollen, wenn er sie öffentlich mache. Dazu ist es nun gekommen.

Wie ernst es dem Verleger mit dem etwas gar dick aufgetragenen «Mea culpa» ist, bleibt offen. In anderer Angelegenheit bezeichnete er Cassis' Departement jüngst als «Abteilung für Landesverrat». Er warf dem Aussendepartement (EDA) vor, die Zollverhandlungen mit den USA absichtlich verzögert zu haben, um sie zu sabotieren und den EU-Verträgen Auftrieb zu geben. Beweise dafür gibt es nicht, das EDA dementierte. Mit den Verhandlungen vertraute Personen bezeichneten die auch von der SVP verbreitete These als «völligen Unsinn».