Woher nehmen sie nur diese Energie? Nein, nicht die Autos, die in Genf um die Wette strahlen, sondern die Menschen, die dahinter stehen. Denn die Vertreter der Autobranche haben es derzeit nicht leicht. Das Vertrauen in die Giganten wurde durch den VW-Abgasskandal nachhaltig erschüttert, man diskutiert über Verbote von Diesel- und sogar Benzinmotoren und im kalifornischen Silicon Valley forscht man fleissig, um den traditionellen Herstellern schon bald das Wasser abzugraben.
Trotzdem: Am 87. Automobil-Salon, der heute Donnerstag die Türen fürs Publikum eröffnet, ist man zuversichtlicher als in den vergangenen Jahren. Und das nicht nur, weil die Entwicklung bei den Hightech-Unternehmen wie Google und Apple in den USA etwas verlangsamt voranzugehen scheint, sondern auch, weil die traditionellen Autobauer sich ihres Weges sicherer zu sein scheinen. Man ging zögerlich an Themen wie Elektromobilität oder autonomes Fahren heran. Doch das dürfte sich nun als richtige Strategie herausstellen. Dass die Zukunft rein elektrisch und dereinst auch völlig autonom fahren wird, daran zweifelt am Salon 2017 zwar kaum jemand. Doch entscheidend ist der Weg dahin.
Die Neuheiten am Genfer Autosalon – von futuristisch bis nostalgisch:
Kompass zeigt klare Richtung
Der Salon Genf war schon immer eine Art Kompass in der Automobilwelt. Der Kompass zeigt dieses Jahr zwar in Richtung E-Mobil – aber nicht komplett. Neue Elektroautos, die man tatsächlich kaufen kann, sind selten. Stattdessen setzt man auf Plug-in-Hybride, deren Batterien sowohl über den Verbrennungsmotor als auch am Stromnetz geladen werden können. Solche Modelle sind inzwischen bei fast allen Herstellern verfügbar oder in Planung.
Sogar bei Ferrari dürfte in naher Zukunft elektrische Unterstützung zum Thema werden. Der neue Volvo XC60 und der Porsche Panamera Turbo S E-Hybrid, die vorgestellt werden, sind besonders zu erwähnen. Der Schritt hin zu Plug-in-Hybriden ist konsequent: Die Firmen wissen, dass die künftigen gesetzliche Auflagen zum CO2-Ausstoss und zum Verbrauch gar nicht anders zu erreichen sind. So werden wir in naher Zukunft noch viele weitere Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge antreffen. Mit rund 50 Kilometern rein elektrischer Reichweite und der vollen Flexibilität eines klassischen Verbrenners führen sie die Kunden schrittweise an ein rein elektrisches Fahren heran.
Gut zu wissen: Lieber mit der Bahn zum Autosalon
Der 87. Internationale Autosalon öffnet heute für das Publikum und dauert bis zum 19. März. Er ist jeweils von 10 Uhr bis 20 Uhr geöffnet, an den Wochenenden von 9 Uhr bis 19 Uhr.
Es wird dringend empfohlen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen – zumindest vom Genfer Stadtzentrum aus. Die SBB bieten ermässigte Kombi-Tickets an. Wer bereits einen Eintrittsgutschein für den Auto-Salon hat, kann ebenfalls ein ermässigtes Bahnbillett kaufen.
Eine reguläre Tageskarte für den Salon kostet 16 Franken, ermässigt 9 Franken.
Opel-Kauf durch PSA ist ein Thema
Die neue Zuversicht in der Branche dürfte daher rühren, dass man zwar nicht weiss, wann es so weit sein wird, man aber weiss, in welche Richtung der Weg geht. Und man ist bereit, diese Richtung einzuschlagen. Die Opel-Übernahme durch PSA Peugeot Citroën kann man vor diesem Hintergrund sehen: Damit kauft sich PSA viel neues Know-how ein für die Entwicklung von künftigen E-Autos. Aus dieser Optik scheint der Kaufpreis von 1,3 Milliarden Euro günstig: Mercedes-Benz will in den nächsten Jahren zehn Milliarden Euro investieren, um die Mobilität von morgen voranzutreiben. Unter dem Namen «EQ» soll die ganze Modellpalette elektrifiziert werden. Mit dem vollelektrischen «Vision EQ» und dem «Concept AMG GT» wurden in Genf heute schon zwei Beispiele dafür präsentiert. «Mercedes hat vor rund 130 Jahren das Automobil erfunden. Nun machen wir uns daran, es neu zu erfinden», meint der Projektverantwortliche bei Daimler, Axel Harries.
Auch VW setzt auf die Mobilität der Zukunft. Als markenübergreifendes Konzept zeigt der Konzern in Genf «Sedric», ein Ausblick auf das «Self Driving Car» der Zukunft.
Was in Genf aber auch klar sichtbar wird: Alternative Antriebe und neue Technologien sind zwar in aller Munde, auf der Strasse aber noch nicht dominant. Immer mehr Hersteller drängen in den aussichtsreichen Markt und lancieren laufend neue Modelle, wie etwa den Alfa Romeo Stelvio oder den DS7 Crossback. Der Grund ist klar: In diesem Segment gibt es noch gutes Geld zu verdienen. Hersteller sprechen von Rekord-Absätzen. Gut möglich, dass ihre Energie, derart beschwingt in die Zukunft zu blicken, aus diesen Zahlen herrührt.
Genfer Weltpremieren: Neun Modelle, die in den vergangenen 112 Jahren am Autosalon ihren ersten grossen Auftritt hatten: