In der Woche vor der Fusion war Fasnacht. Das hatte den Vorteil, dass die Stadt vor allem mit sich selber beschäftigt war. Doch Walter von Wartburg, der damalige Informationschef von Ciba-Geigy, hatte ein Problem: Er war aktiver Trommler in einer grossen Stammclique – in derselben wie der Schreibende übrigens – und hätte eigentlich keine Zeit für Fasnacht gehabt. Um nicht durch Abwesenheit aufzufallen, liess er sich hie und da bei der Clique blicken.
Tatsächlich hat niemand etwas in der Clique gemerkt. «Als ich unter der Larve all diese Leute sah, dachte ich: Wenn ihr wüsstet, was wir da kommende Woche verkünden werden ...», sagt von Wartburg heute. Ein eigenartiges Gefühl. Dass die Fusion für die Region eine der wirtschaftlich wichtigsten Weichenstellungen für die Zukunft sein würde, stand ausser Frage.
Kein Pizza-Kurier erwünscht
In das Fusionsprojekt Sandoz-Ciba-Geigy, dem Projekt – Deckname «Rio Grande» – waren aus börsentechnischen Gründen nur eine Handvoll Leute eingeweiht. Walter von Wartburg war einer davon. Er war dafür verantwortlich, dass nichts nach aussen drang. Dies, um die Börsengesetze zu erfüllen bzw. um Insidergeschäfte zu verhindern. Alles war generalstabsmässig geplant. Bei den zahlreichen Nachtschichten, die das Team einlegte, war selbst das Pizzabestellen verboten – man wollte keinen Verdacht aufkommen lassen.
Ein Kunstname gesucht
Der Name «Novartis», hergeleitet aus «Novae Artes», «Neue Künste» verwies auf die Wichtigkeit der Innovation und auf die Tatsache, dass sich beide Firmen in eine neue Gesellschaft einbracht haben. «Wir hatten eine US-Agentur damit beauftragt, verschiedene Namen zu evaluieren.» Der Name wurde am 1. März 1996 vom damals noch unbekannten Zürcher Wirtschaftsanwalt Rolf Watter beim Handelsregisteramt deponiert, Zweck: Kunsthandel. Schon nach wenigen Tagen meldete sich bei Watter dem Vernehmen nach ein Kunsthändler, der ihm einen Picasso andrehen wollte.
«Wir machten eine Kampagne alleine, um den Namen möglichst flächendeckend bekannt zu machen. Sie kostete rund 12 Millionen Franken», so von Wartburg heute. Das war damals eine Riesengeschichte. Im Vergleich zu heutigen Namenswechseln wie etwa von Orange zu Salt komme das jedoch schon fast günstig vor.
Die Medienkonferenz – ein Fake
Die Räumlichkeiten für die Medienkonferenz auf dem Flughafen Basel-Mülhausen wurden unter dem Namen «International Congress for Ciba Specialty Chemicals» angemietet. «So war das auf dem Flughafen auch ausgeschildert», sagt von Wartburg. «Wir mussten die Schilder sofort entfernen, denn wenig später wurde Sandoz-Chef Marc Moret erwartet. Er wäre sicherlich wütend geworden.»
Die Mitteilung an die Finanzmedien war acht Seiten lang und war auf Deutsch, Französisch und Englisch abgefasst. Sie musste um vier Uhr früh «auf den Ticker» (E-Mail gab es noch nicht). Doch es habe rasch Zweifel an der Echtheit der Meldung gegeben, so von Wartburg: «Ich erhielt vom Morgenredaktor des Radio Basilisk einen Anruf, das sei jetzt ein ganz schlechter Fasnachtsscherz. Und würden wir uns nochmals einen derart miesen Scherz erlauben, liesse er ihn ungefiltert in den Äther.»
Die erste Medienkonferenz wurde um 10 Uhr in Basel abgehalten. Um 12 Uhr stieg die neue und alte Führungsriege in einen Privatjet und flog nach London. Dank der Zeitverschiebung habe man eine Stunde gewonnen. Danach bestiegen alle die Concorde und flogen nach New York. Dank dem Überschallflug und Zeitverschiebung konnten die Uhren zurückgestellt werden. Die Medienkonferenz fand dort noch am späten Nachmittag statt.
Immer sei peinlich genau darauf geachtet worden, dass beide Firmen «gerecht» zum Zug gekommen sind: So kam der Novartis-Präsident von Ciba-Geigy (Alex Krauer), der CEO von Sandoz (Daniel Vasella). Das erste grosse gemeinsame Management-Meeting war im Hotel Schauenburg, Frenkendorf BL. «Das war deswegen heikel, weil dieses im Besitz von Ciba-Geigy war.