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Sonntagspresse

Die Schweiz könnte bald wieder mehr Flüchtlinge aufnehmen, die Kinderspitäler üben Druck auf Berset und jeder zweiter IV-Bezüger ist jung und psychisch krank

Karin Keller-Sutter hat die Aufnahme von Resettlement-Flüchtlinge vorübergehend ausgesetzt. Neo-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider könnte den Entscheid wieder kippen. Die Schweizer Kinderspitäler stehen stark unter Druck und bieten Alain Berset um Hilfe. Und 50 Prozent der IV-Rentenbezüger sind jung und psychisch krank – die News der Sonntagspresse.

Jedes Jahr bietet die Schweiz einigen hundert Flüchtlingen Schutz. Das sind meistens Frauen, Kinder oder Kranke, welche der Bund dem Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR vorschlägt. Die Schweiz hat sich für die Jahre 2022 und 2023 verpflichtet, 1820 dieser sogenannten Resettlement-Flüchtlinge aufzunehmen. Doch nun setzt das Justizdepartement von FDP-Bundesrätin Karin Keller-Sutter die Aufnahmen vorübergehend aus, wie die NZZ am Sonntag berichtet.

Die Flüchtlingswelle aus der Ukraine hat das Schweizer Asylsystem nochmals stark unter Druck gesetzt. 
Bild: Visar Kryeziu / AP

Der Grund des Aufnahme-Stopps: Das Asylsystem ist wegen der Flüchtlinge aus der Ukraine und der Asylsuchenden aus anderen Ländern am Anschlag. Der Entscheid fällt zu einem brisanten Zeitpunkt: Karin Keller-Sutter übergibt das Justizdepartement bald ihrer Nachfolgerin Elisabeth Baume-Schneider. Der Entscheid ihrer Vorgängerin dürfte der frisch gewählten Bundesrätin kaum gefallen.

Baume-Schneider steht schon jetzt unter Druck. Die Grünen-Fraktionschefin Aline Trede sagt: «Elisabeth Baume-Schneider muss den Entscheid so schnell wie möglich rückgängig machen.» Die reiche Schweiz habe genügend Platz für die Flüchtlinge. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi hingegen meint: «Auf gar keinen Fall darf man dieses Programm wieder aufnehmen.» Er sei froh, dass der Stopp jetzt unter Keller-Sutter erfolge. Die SVP möchte das Resettlement-Programm ganz beenden.

Scharfe Kritik an Alain Berset: Kinderspitäler rufen um Hilfe

Die Kinderspitäler gehen auf Zahnfleisch: das RS-Virus und Grippe wüten schweizweit. Die Betten sind voll, das Personal am Anschlag. Hinzu kommen massive finanzielle Probleme der Kinderspitäler. Verantwortlich dafür seien die 2014 und 2018 vorgenommenen Eingriffe von Bundesrat Alain Berset in den Ärztetarif Tarmed, sagt Manfred Manser, Präsident des Universitäts-Kinderspitals beider Basel.

Dies hätte zur Folge, dass ein Viertel der Kosten im ambulanten Bereich ist nicht gedeckt, wie der SonntagsBlick schreibt. Die sechs grossen Kinderspitäler in St. Gallen, Zürich, Basel, Bern, Lausanne und Genf machen zusammen jedes Jahr 60 Millionen Franken Defizit im ambulanten Bereich – Tendenz steigend. Die Löcher müssten von Stiftungen, Spender und Trägerkantone gestopft werden. Deshalb machen sie seit 2018 Druck in Bern.

Alain Berset manövrierte die Kinderspitäler in eine brenzlige Lage durch zwei Eingriffe in den Ärztetarif Tarmed. 
Bild: Peter Schneider / KEYSTONE

2020 segnete das Parlament eine Motion zur Finanzierung der Kinderspitäler ab, die Alain Berset auffordert, gegen das Millionenloch vorzugehen. Der Gesundheitsminister hatte bis im letzten September Zeit, die Motion umzusetzen – doch nichts geschah. Berset müsse sich jetzt an die Umsetzung der Motion machen und die Einführung des neuen Tarifsystems Tardoc vorantreiben, sagt Manser.

Tatsächlich kommt nun Bewegung in die Sache: Im Herbst wandte sich Allkids, die Allianz der Kinderspitäler St. Gallen, Zürich und Basel, mit einem Brief an Berset. Mit Erfolg. Ende Januar empfängt er die Vertreter der Kinderspitäler in Bern zum Gespräch. «Wir sind froh um dieses Treffen und hoffen sehr auf einen Kurswechsel», sagt Manser.

Jede zweite IV-Rente hat psychische Ursachen

Burn-out und Depressionen nehmen zu, die Arbeitsausfälle aufgrund psychischer Probleme sind auf ein Rekordhoch gestiegen. Wer einen Platz bei einer Psychiaterin oder einem Psychologen sucht, muss sich in Geduld üben. Wie die SonntagsZeitung berichtet, betragen die Wartezeiten bei der Psychotherapie von Erwachsenen können aktuell ein bis zwei Monate.

Die Zahl der 18- bis 24-jährigen IV-Rentner hat sich seit dem Jahr 2000 verdreifacht.
Bild: Carlo107 / E+

Die Hälfte aller IV-Renten ist heute psychisch bedingt. Ihr Anteil an den IV-Ursachen ist von 27 Prozent im Jahr 1995 kontinuierlich auf 50 Prozent 2021 gestiegen. Andere Ursachen wie Geburtsgebrechen, Unfälle, Erkrankungen der Knochen, Bewegungsorgane sowie andere Krankheiten spielen heute eine wesentlich kleinere Rolle.

Besonders jüngere Menschen, die an einer psychischen Erkrankungen leiden, bilden eine grossen Anteil der Neurenten-Bezüger. Die Zahl der 18- bis 24-jährigen IV-Rentner hat sich seit dem Jahr 2000 verdreifacht. Dieser Befund deckt sich mit den neuesten Zahlen des Bundes für 2021 zur psychischen Gesundheit der Schweizer Bevölkerung.